Eine rosige Zukunft?

Datum
27. Mai 2022
Autor*in
Charis Ann Gibson
Redaktion
politikorange
Themen
#LTW_SH22 #Wahlen
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Foto: Jugendpresse Deutschland / Johanna Glinski

Gaarden-Ost gilt als Kiels sozialer Brenn­punkt. Der Migra­ti­ons­an­teil und die Arbeits­lo­sen­quote im Stadt­teil sind hoch. Auch hier geht der Wahl­kampf in den Schluss­spurt. Ein Stim­mungs­bild.

Sams­tag­vor­mittag, kurz nach elf, in Kiel. Der Himmel ist grau. Mit dem Bus geht es Rich­tung Ostufer. Bekannte Orte in Gaarden-Ost sind die Hörn­brücke und der Norwe­genkai, an dem die Kreuz­fahrt­schiffe anlegen. Riesige Werft-Kräne prägen das Stadt­bild. Und dann gibt es da noch den Vineta­platz im Wahl­kreis 14.

Spie­lende Kinder schna­cken dort in verschie­densten Spra­chen. Um sie herum herrscht eine bunte Mischung aus Wochen­markt­treiben und poli­ti­schem Austausch. Inmitten des Platzes tanzt ein junges Statuen­paar aus Granit. Es bildet den Kern des Vier­tels mit rund 20.000 Einwohner*innen, das von kultu­reller Viel­falt, aber auch Armut geprägt ist.

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Kiel Gaarden-Ost gilt als verrufen. Doch wird das Vorurteil im Straßen-Wahlkampf bestätigt? Foto: Jugendpresse Deutschland / Johanna Glinski

Die Anwe­senden

Linke, CDU, Grüne und SPD präsen­tieren sich auf engem Raum. Die Sozialdemokrat*innen verteilen rote Rosen. Landes­vor­sit­zende und Direkt­kan­di­datin Serpil Midyatli erklärt, dass erst die ehema­lige Minis­ter­prä­si­dentin Heide Simonis dies zur gängigen Praxis machte. Vorher waren es Nelken. Die Tradi­tion entstand bereits im 19. Jahr­hun­dert und verweist auf den Ersten Mai als Tag der Arbeit.

Während ihrer Ausfüh­rungen nimmt Midyatli sich trotzdem Zeit für neugie­rige Passant*innen. Oft auf Türkisch erklärt sie den Menschen am Vineta­platz, dass sie morgen zur Wahl gehen sollen. Gaarden-Ost hat mit 60 Prozent den größten Migra­ti­ons­an­teil in Kiel, die meisten kommen aus der Türkei.

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Auch mit Serpil Midyatli als Direktkandidatin haben wir gesprochen. Foto: Jugendpresse Deutschland / Johanna Glinski

Weiter geht es zu den Linken, die uns ihre poli­ti­schen Ziele erklären und hoff­nungs­voll auf den Wieder­einzug in den Landtag blicken. Vor allem, um für bezahl­baren Wohn­raum zu sorgen.

Der Linke-Kandidat betont, dass Gaarden-Ost nicht als sozialer Brenn­punkt pauscha­li­siert werden dürfe. Der Stadt­teil hätte mehr zu bieten. Schräg hinter ihm sitzt eine Frau und bettelt. Gene­rell ist die wirt­schaft­liche Lage für viele hier prekär: Die Arbeits­lo­sen­quote ist mit fast 16 Prozent im Stadt­teil am höchsten in Kiel.

Wahl­kampf­helfer der Linken

Die 25-jährige Grünen-Direkt­kan­di­datin und Studentin Nelly Waldeck lockt mit Stickern und veganen Waffeln zum poli­ti­schen Austausch. Sie betont, dass sie Klima- und Sozi­al­po­litik verbinden möchte und sich so Syner­gie­ef­fekte ergeben. Während­dessen zieht der CDU-Stand bereits weiter.

Eine Symbiose?

Alle Parteien betonen, dass der Austausch hier offen erfolge und meist positiv ausfalle. Aber auch reso­lute Nichtwähler*innen seien zahl­reich und würden sich bereit­willig als solche zu erkennen geben. Ein Dialog sei dann schwie­riger, aber daran hätte man sich gewöhnt. Unab­hängig von Gaarden-Ost.

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Entspannte Stimmung, Waffeln und das Wochenmarkttreiben prägen die letzten Stunden vor der Wahl.Foto: Jugendpresse Deutschland / Johanna Glinski

Um die Wahl­stände herum machen immer wieder zwei kleine Jungs auf sich aufmerksam. Sie sind faszi­niert von der Stim­mung im Kiez und dem Duft der Waffeln. Eine Ahnung, wer die Menschen an den Ständen sind, haben sie nicht. Trotzdem verteilen sie gern die Aufkleber der Grünen, die für Klima­schutz und gegen Rechts mobi­li­sieren.

Die poli­ti­schen Wettstreiter*innen sind nur wenige Meter vonein­ander entfernt. Die Stim­mung wirkt kolle­gial. Man kennt sich!“, erzählt ein Wahl­kampf­helfer der SPD. Die Waffeln der Grünen verteilen sich von Partei zu Partei weiter. Aufge­wir­belter Puder­zu­cker fliegt durch die Straßen und auch die Sonne scheint inzwi­schen. Alle Zeichen bei den Parteien stehen auf Opti­mismus.

Gaarden hofft auf bessere Zeiten, denn verdient hätten die Menschen es. Das Ruder liegt nun in der Hand von Wahl­kreis­sie­gerin Seyran Papo und ihrer CDU, die bei einer Wahl­be­tei­li­gung von gerade einmal 48,9 Prozent im Viertel gewann. Der nächste Rosen­schauer der SPD wird zumin­dest auf sich warten lassen.


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