Wir leben in einer Welt

Datum
20. Februar 2016
Autor*in
Sebastian Stachorra
Redaktion
politikorange
Thema
#ZukunftsTour 2016
Fotos von der Zukunftstour am 12.02.2016 in Frankfurt;
© Sebastian Stachorra / politikorange

Fotos von der Zukunftstour am 12.02.2016 in Frankfurt; © Sebastian Stachorra / politikorange

Deutsch­land ist eines der reichsten Länder dieser Welt. Doch, wie es in der Zukunfts­charta stets groß geschrieben wird, es gibt nur EINEWELT. Darum trägt Deutsch­land eine beson­dere Verant­wor­tung. Nimmt es diese auch wahr?

Fotos von der Zukunftstour am 12.02.2016 in Frankfurt;
© Sebastian Stachorra / politikorange

Bundesminister Dr. Gerd Müller beim Rundgang über die Zukunftswerkstatt.  Foto: Sebastian Stachorra

Made in Germany“ ist welt­weit ein Quali­täts­siegel – auch wenn VW mit dem Abgas­skandal und die Deut­sche Bank mit dem Wert­ver­fall ihrer Aktien jüngst anderes vermuten ließen. Deutsch­land verkauft viel in andere Länder – fast die Hälfte aller Waren, die in Deutsch­land erzeugt werden, landeten 2014 im Ausland.* Und Deutsch­land kauft auch viel im Ausland ein.

Klar, Tee und Kaffee wachsen hier einfach nicht. Klei­dung aber könnte in Deutsch­land herge­stellt werden – nur wäre das viel teurer. Wie die Bedin­gungen sind, unter denen viele der in Deutsch­land ange­bo­tenen Klamotten entstehen, weiß inzwi­schen jede*r: ziem­lich schlecht.

In der Poli­ti­k­arena bei der Zukunfts­Tour in Frank­furt ging es Bundes­mi­nister Dr. Gerd Müller darum zu zeigen, dass wir alle mit unserem tägli­chen Konsum Verant­wor­tung tragen. Dabei käme es gar nicht darauf an, teure Produkte zu kaufen. 2 Cent. 2 Cent mehr pro Tafel Scho­ko­lade würde es den Fami­lien der Kakao­bauern ermög­li­chen, ihre Kinder in die Schule zu schi­cken.

Gegen­über poli­ti­ko­range sagt der Minister:

„Jeder im Land muss verstehen, dass wir in EINER Welt leben. Unsere Produkte, die wir auf dem Tisch haben, Bananen, Obst, Kaffee, Tee, kommen im Wesentlichen aus Entwicklungsländern. Und wir zahlen häufig keinen fairen Preis. Die Menschen können vor Ort nicht leben, die Familien ihre Kinder nicht in die Schule schicken. Und so kommen sie als Flüchtlinge zu uns. Es ist ein Kreislauf geworden und wir müssen uns einer neuen Verantwortung stellen." Dr. Gerd Müller, Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

In der Poli­ti­k­arena hat der Minister fair gehan­delte Scho­ko­lade mitge­bracht. Das soll wohl zeigen, dass es sie gibt, die rich­tigen Produkte. Und dass sie nicht schlechter sind als andere Produkte – im Falle der Scho­ko­lade bedeutet das: sie schmeckt genauso gut, wie jede andere auch.

Also: Wenn es so einfach ist, wieso ändern wir nicht unseren Konsum?

Das fragen auch Sandra und Carlotta. In der Poli­ti­k­arena dürfen sie nach der Rede des Minis­ters Fragen stellen. Sandra ist Unicef-Botschaf­terin, Carlotta war mit dem welt­wärts-Programm ein Jahr in Nica­ragua. Sie betonen, dass die persön­liche Verant­wor­tung beim Einkauf sie über­for­dert. Sie fragen, warum nicht auch auf anderer Ebene etwas getan wird. Warum nicht bei der Wirt­schaft oder bei der Politik selbst ange­fangen wird.

Fotos von der Zukunftstour am 12.02.2016 in Frankfurt;
© Sebastian Stachorra / politikorange

In seiner Rede betont der Minister: Wir alle tragen Verantwortung. - Foto: Sebastian Stachorra

Dieser Einwand ist nicht unbe­rech­tigt. So hat sich Deutsch­land beispiels­weise bereits 1970 vorge­nommen, 0,7% des Brut­to­na­tio­nal­ein­kom­mens (BNE) für Entwick­lungs­zu­sam­men­ar­beit auszu­geben. Und bekennt sich in regel­mä­ßigen Abständen zu diesem Verspre­chen. Doch 2014 hat Deutsch­land nur 0,42% des Brut­to­na­tio­nal­ein­kom­mens ausge­geben – und das war ein Höchst­wert. In konkreten Zahlen heißt das: 2014 hat Deutsch­land 12,486 Milli­arden (also 12 460 000 000) € für Entwick­lungs­zu­sam­men­ar­beit ausge­geben. Hätte es sich an seine Vorgabe gehalten, wären es aber 20,81 Milli­arden (also 20 810 000 000) € gewesen – mehr als 8 Milli­arden € mehr …

Warum leistet Deutsch­land einen gerin­geren Beitrag als es eigent­lich möchte?

Minister Müller erklärt poli­ti­ko­range:

„Weil noch viel zu wenige diese Zusammenhänge verstanden haben und meinen, dass wir hier Almosen geben müssen. Es ist in unserem ureigensten Interesse, dass wir auf eine faire Partnerschaft mit den Entwicklungsländern abstellen und diese entwickeln. Ansonsten werden wir einen hohen Preis dafür im eigenen Land bezahlen." Dr. Gerd Müller, Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

Diese Aussage wieder­holt Müller auch in seiner Rede. Er bemän­gelt, dass zu wenige Politiker*innen in Berlin Entwick­lungs­zu­sam­men­ar­beit ernst nähmen. Und er gesteht sogar: Da sind andere weiter als die Union.“

Fotos von der Zukunftstour am 12.02.2016 in Frankfurt;
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Das Publikum in der Politikarena; vorne die Vertreter der Wirtschaft, weiter hinten die Schüler*innen. - Foto: Sebastian Stachorra

Es ist also sowohl in der Politik als auch beim jedem Einzelnen noch Luft nach oben. Die Politik kann noch viel mehr Geld in die Hand nehmen, um part­ner­schaft­liche Bezie­hungen zu Entwick­lungs­län­dern Wirk­lich­keit werden zu lassen. Und wir alle können beim Einkauf dafür sorgen, dass die Menschen, die für unsere Produkte arbeiten, von ihrem Lohn auch leben können. Hier und überall auf der EINEN WELT.


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