Will­kommen auf Deutsch?

Datum
05. Dezember 2015
Autor*in
Christina Braun
Redaktion
politikorange
Thema
#Jugendforum Stadtentwickliung 2015
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Schon wieder ein Doku-Film zum Thema Flücht­linge? Zum Auftakt des 8. Jugend­fo­rums Stadt­ent­wick­lung zeigt Almuth Tharan vom Unab­hän­gigen Institut für Umwelt­fragen den Film Will­kommen auf Deutsch“ und liefert damit gleich den Stoff für die erste hitzige Diskus­sion des Abends.

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Am ersten Abend sehen die Teilnehmer*innen den Dokumentarfilm "Willkommen auf Deutsch". (Foto: Benedikt Bungarten)

Mit Will­kommen auf Deutsch“ begleiten Carsten Rau und Hauke Wendler Anwohner*innen, Geflüch­tete und Verant­wort­liche aus dem nier­der­säch­si­schen 415-Seelen-Dorf Appel bei der gemein­samen Frage: Wo können Geflüch­tete in Zukunft wohnen? Die länd­liche Gemeinde soll 53 Flücht­linge aufnehmen. Der Land­kreis hat das so entschieden. Die Bürger*innen sind besorgt, protes­tieren, es gibt eine Bürger­initia­tive.

Die Filme­ma­cher zeigen, was in der deut­schen Provinz passiert, wenn abstrakte Fremde zu realen Nach­barn werden – oder zu werden drohen“, schreibt die ZEIT. Der Film bekommt durchweg gute Kritik, erhält das Prädikat beson­ders wert­voll.

Das Bild flim­mert, auf der Lein­wand von dem alten leer­ste­henden Pfle­ge­heim, das das neue Zuhause von 53 männ­li­chen Flücht­lingen werden soll. Davor ein Zaun voller Plakate. Schlag­worte, die zu einer Bürger*innenversammlung rufen. Der Film begleitet die Anwohner*innen bei ihrer Sorge, zeigt, wie sich die Bürger*inneninitiative von Appel gegen den geplanten Umbau zu einem Asyl­heim bildet. Und nimmt auf der anderen Seite die Verant­wort­li­chen aus dem Land­kreis in den Blick, die die Aufgabe haben, Wohn­raum zu finden und 20 Flücht­linge pro Woche unter­zu­bringen.

Mit dem Film besu­chen die Teilnehmer*innen ganz unter­schied­liche Orte

Der Film nimmt die Teilnehmer*innen mit an den Stamm­tisch, wo die Bürger­ver­samm­lung in der rappel­vollen Kneipe in Appel statt­findet. Der Verant­wort­liche des Land­kreises wirbt: Asyl­recht ist Grund­recht. Er will die 53 Flücht­linge hier unter­bringen. Protest, empörte Zwischen­rufe, lautes Klat­schen, als der Spre­cher der Bürger­initia­tive das Wort ergreift: Sie haben auch eine soziale Verant­wor­tung für die Bürger*innen in Appel“. Statt der 53 Flücht­linge will man nur zehn Flücht­linge aufnehmen. Einen Platz dafür haben die besorgten Bürger*innen auch schon gefunden: Sechs Zimmer im Gasthof Deut­sches Haus im Dorf. Mit geblümten Vorhängen, einfa­chen Betten, Kühl­schrank und Dusche im Zimmer. Alles drin. Und immer wieder heißt es: Wir wollen die Menschen aufnehmen, aber… Wir sind offen für Fremde, aber 53 sprengen einfach den Rahmen. Aber.

Der Film zeigt auch enga­gierte Bürger*innen. Inge­borg Neupert, die im Nach­bar­dorf einer geflüch­teten Familie aus Tesche­tsche­nien, einer Mutter mit sechs Kindern, unter die Arme greift. Die berichtet, wie sehr sie das Thema mitnimmt und dass sie nicht möchte, dass die Familie wieder abge­schoben wird. Die Film­per­spek­tive schwenkt auch zum Inter­na­tio­nalen Café, wo Deut­sche und mit etwa 50 Flücht­linge zusam­men­kommen. Tendenz stei­gend. Und zum Pfarrer Chris­tian, der eine paki­sta­ni­sche Flücht­lings­fa­milie begrüßt: Will­kommen!“.

Der Film endet mit der Forde­rung nach Reformen. Im Abspann dann Zahlen, Schwarz auf Weiß: Im Jahr 2014 sind welt­weit 51 Millionen Menschen auf der Flucht. In Deutsch­land gibt es 200.000 Asyl­an­träge.

Der Film als Ausgangs­punkt für die abend­liche Diskus­sion

Die Zahlen verschwinden, die Lein­wand wird schwarz. Im Raum erstmal Ruhe. Erschlagen?“, fragt Almuth Tharan. Es dauert nicht lange und die Teilnehmer*innen ergreifen das Wort. Wer sind denn jetzt eigent­lich die Guten? Könnt ihr die Posi­tion der Bürger*inneninitiative nach­voll­ziehen? Und was für eine Rolle spielt der Land­kreis?

Ich kann das über­haupt nicht verstehen“, wirft Amanda Beser ein, die neben ihrem ökolo­gi­schen Jahr gerade einmal in der Woche Asyl­recht an der Uni studiert. Was wäre, wenn morgen 53 mitte­lose Deut­sche ins Dorf ziehen würden? Wären die Bürger*innen dann genauso besorgt?“ Es fallen Begriffe wie Rassismus. “ Alles gleich als Rassismus zu bezeichnen ist auch so typisch modern deutsch“, erklärt Geor­gios Stavro­po­lous, Archi­tek­tur­stu­dent an der Uni Hannover. Es ist vom Stim­mungs­bild in der Bevöl­ke­rung die Rede. Also ein Gene­ra­tio­nen­pro­blem? Man kann den Leuten nichts aufzwingen, das fördert doch nur den Frem­den­hass. Es fehlt die Kommu­ni­ka­tion“, findet Robert Berg­mann, der Kunst in Hamburg studiert . Es müsse gefragt werden, was die Bürger*innen bereit sind zu tun. Eine Lösung kann nur im Dialog gefunden werden“.


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