Müssen wir jetzt ganz schnell und schlicht bauen?“

Datum
10. Dezember 2015
Autor*in
Dennis Beltchikov
Redaktion
politikorange
Thema
#Jugendforum Stadtentwickliung 2015
po_Jugendforum_MinisteriumBeitragsbild_(c)BenediktBungarten-1

po_Jugendforum_MinisteriumBeitragsbild_(c)BenediktBungarten-1

Am letzten Tag des 8. Jugend­fo­rums Stadt­ent­wick­lung stellten Jugend­liche dem Bundes­bau­mi­nis­te­rium ihre erar­bei­teten Ideen zur Geflüch­te­ten­po­litik vor.

po_Blog_Jugendforum_BildimText_MinisteriumBilder_(c)BenediktBungarten-1

Im Ministerium wird viel diskutiert. Niklas macht das sichtlich Spaß. (Foto: Benedikt Bungarten)

Die Teilnehmer*innen des Jugend­fo­rums Stadt­ent­wick­lung stellten am Montag ihre Ideen zum Thema Flucht und Migra­tion dem Bundes­mi­nis­te­rium für Umwelt, Natur­schutz, Bau und Reak­tor­si­cher­heit vor. Das ganze Wochen­ende über hatten sie in drei Arbeits­gruppen Konzepte zur Unter­brin­gung, zur ehren­amt­li­chen Hilfe und zur Inte­gra­tion der Geflüch­teten entwi­ckelt. Anke Brummer-Kohler, Abtei­lungs­lei­terin für Stadt­ent­wick­lung, erklärte zu Beginn der Präsen­ta­tion, warum das Minis­te­rium das Jugend­forum veran­stal­tete: Wir möchten heute Jugend­liche zu Wort kommen lassen, die Ideen für mehr bezahl­baren Wohn­raum in der Stadt haben.“ Viele Lebens­be­reiche würden sich verän­dern, ist Brummer-Kohler über­zeugt. Sie hat die Jugend­li­chen gefragt: Müssen wir jetzt einfach ganz schnell und schlicht bauen?“.

Drei Tage inten­sive Arbeit

Doch bevor die Diskus­sion begann, wurden erst einmal die Ideen der Arbeits­gruppen vorge­stellt: Niklas und Moritz aus Work­shop 1 stellten ihre Konzepte zur Unter­brin­gung vor: Sie entwi­ckelten einen Inte­gra­ti­ons­zirkel für Stadt und Land. Gerade infra­struk­tu­relle Verän­de­rungen, wie der Ausbau des öffent­li­chen Perso­nen­nah­ver­kehrs in Dörfern, seien inte­gra­tive Voraus­set­zungen, um sich ein soziales Umfeld aufzu­bauen oder bestehende Kontakte aufrecht­zu­er­halten. In der zweiten Präsen­ta­tion zum Thema Ehrenamt“ spra­chen Basti und Konstantin über die Aner­ken­nung von ehren­amt­li­chen Tätig­keiten, aber auch über Verbes­se­rungen für bestehende Geflüch­te­ten­hilfs­ak­tionen. Die Arbeits­er­geb­nisse von Work­shop 3 erklärten Joschka und Marina: Sie präsen­tierten Gelin­gens­fak­toren und Maßnahmen für eine erfolg­reiche Inte­gra­tion. Dazu gehören ein Leit­faden für Geflüch­tete, der Ausbau von Projekten, in denen sich Geflüch­tete betei­ligen können und eine Bera­tungs­in­stanz zwischen Geflüch­teten, Vereinen und Behörden.

Das ist viel­schich­tiger“

Nach etwa einer Stunde waren alle Ergeb­nisse präsen­tiert und Abtei­lungs­lei­terin Brummer-Kohler ergriff wieder das Wort: Sie lobte die tief­grei­fenden Konzepte und die Diffe­ren­zie­rung eines Teil­neh­mers, Ängste der Bevöl­ke­rung in Bezug auf den Flücht­lings­zu­strom ernst zu nehmen und nicht pauschal als rassis­tisch abzu­stem­peln: Das ist viel­schich­tiger“, sagte sie. Zum Beispiel in Orten, in denen Arbeits­mangel besteht, könnten sich daraus Ängste über den Arbeits­markt entwi­ckeln.“ Ängste würden aus vielen Faktoren entstehen und seien nicht immer Ausdruck einer poli­ti­schen Meinung.

Archi­tek­tur­stu­dent Geor­gios fragte Brummer-Kohler, warum es nicht mehr dezen­trale Flücht­lings­un­ter­brin­gungen gebe. Sie erklärte, dass Geflüch­tete in der Regel nur für Erst­auf­nah­me­zwecke und bei Fort­füh­rung ihres Asyl­an­er­ken­nungs­ver­fah­rens gemein­schaft­lich unter­ge­bracht würden. In Ausnah­me­fällen erschwerten einige Probleme eine dezen­trale Unter­brin­gung auch in anderen Fällen : Fach­kräf­te­mangel in den Behörden zum Beispiel, ebenso könnten keine Einheits­woh­nungen gebaut werden, da sowohl allein­rei­sende Geflüch­tete Zuflucht bei uns suchen, als auch große Fami­lien. Größter Gesichts­punkt sei derzeit aber fehlender Wohn­raum.

Themen­wechsel: Dr. Andreas Kapphan, aus dem Referat für Wohnungs­wirt­schaft und Wohn­ei­gentum, empfahl nicht nur die präsen­tierte Perspek­tive der Bundes­re­gie­rung einzu­nehmen, sondern auch der der Geflüch­teten Beach­tung zu schenken: Diese Menschen kommen zu uns, weil sie Schutz suchen.“ Es solle ihnen deshalb erst mal Ruhe gegeben werden und sie dürften nicht direkt mit Inte­gra­ti­ons­pro­jekten über­for­dert werden.

Zwei Stunden reichten nicht

Eine Vetre­terin des Minis­te­riums wollte dann aber doch noch einige Meinungen zu Inte­gra­ti­ons­pro­jekten einholen. Sie inter­es­sierte, ob Jugend­liche das Angebot an frei­wil­ligem Enga­ge­ment von Geflüch­teten im Bereich Umwelt­schutz, als empfeh­lens­wert betrachten. Basti ergriff Posi­tion: Ich finde den Gedanken von Herrn Kapphan eigent­lich ganz richtig“, unab­hängig von der thema­ti­schen Ausrich­tung gelte für alle Projekte, dass man, bevor man sie Geflüch­teten ans Herz läge, ihnen erst einmal Zeit lassen sollte. Da ist das Thema egal“, stellte er klar. Niklas hingegen warf ein, Geflüch­tete seien mit der Signi­fi­kanz von Umwelt­schutz oft nicht vertraut: Ich war selbst mal in Afrika und habe echt eine halbe Stunde mit einem Kind darüber disku­tiert, Flaschen nicht einfach in die Natur zu werfen: Ich habe nicht mal gewonnen.“ Über­dies würde Geflüch­teten auch deshalb das Verständnis für die Proble­matik fehlen, weil die größten Emis­sionen und Pro-Kopf-Verbrauche von Europa ausgingen.

Die Diskus­sion wurde intensiv fort­ge­führt, aber um 12:15, schon eine Vier­tel­stunde später als geplant, been­dete Abtei­lungs­lei­terin Brummer-Kohler die Debatte: Viele Stich­worte sind gefallen, einige davon werden neue Ideen für uns liefern.“, resü­mierte sie zufrieden.

Weitere Artikel zum Jugend­forum im Bundes­bau­mi­nis­te­rium

Trotz ihres vollen Termin­ka­len­ders hatte Abtei­lungs­lei­terin Anke Brummer-Kohler doch kurz Zeit für poli­ti­ko­range: Ihr Gespräch mit Fabrizio Suma könnt ihr hier lesen.

Darline Jonasson kommen­tierte in unserem Live-Ticker das Geschehen fast im Minu­ten­takt: Hier könnt ihr ihr Minis­te­ri­ums­ge­ti­cker“ nach­lesen.

Noch mehr Bilder aus dem Minis­te­rium gibt es in der Bilder­ga­lerie.


Empfohlene Beiträge

Werde Teil unserer Community

Entdecke spannende Geschichten, vernetze dich mit anderen jungen Journalist:innen und gestalte die Medienlandschaft von morgen mit. Melde dich jetzt an und bleibe immer auf dem neuesten Stand.

Wehrpflicht Redaktion Gruppenbild