Was haben wir denn von Wohl­stand?

Datum
02. Oktober 2025
Autor*in
Mathilde Fuhr
Redaktion
politikorange
Themen
#Wirtschaft #JPT2025
Amris mendoza 0dz Qtou WNR8 unsplash

Amris mendoza 0dz Qtou WNR8 unsplash

Foto von Amris Mendoza auf Unsplash

Alle disku­tieren darüber, wie Deutsch­lands Wirt­schaft wachsen kann – aber brau­chen wir über­haupt mehr Wachstum? Arratz Stammen vom Verein Konzept­werk neue ökonomie“ will, dass sich Wirt­schaft mehr an den mensch­li­chen Bedürf­nissen orien­tiert.

Wirt­schaft ohne Wachstum klingt für viele erstmal schwer vorstellbar, viel­leicht sogar unmög­lich. Die Vertreter*innen von Degrowth sehen das anders. Wirt­schaft verfolgt ihrer Meinung nach das Ziel, die mensch­li­chen Bedürf­nisse zu befrie­digen. Seit den 1970er Jahren warnt die Bewe­gung vor den Folgen von unbe­grenztem Wachstum und möchte Alter­na­tiven leben. Denn Armut, unfaire Vertei­lung von Ressourcen, Umwelt­zer­stö­rung und über­las­tete Arbeiter*innen spre­chen wohl kaum für gestei­gerte Lebens­qua­lität.

Arratz Stammen hat Degrowth wort­wört­lich studiert. Eigent­lich in einer konser­vativ-libe­ralen Familie aufge­wachsen, hat dey sich früh für Politik und Wirt­schaft inter­es­siert. Wie die meisten Menschen, dachte dey lange, dass genug Fort­schritt den Klima­wandel und weitere Krisen lösen wird. Auch für Kunst hat sich Arratz immer begeis­tert. Im Studium musste dey fest­stellen: Es gibt keinen nach­hal­tigen Kunst­sektor. Aber wozu Kunst auf einem toten Planeten?“

Für die Degrowth-Bewe­gung heißt Wohl­stand nicht unbe­dingt viel Geld zu haben

Mit diesem Gedanken zog es Arratz nach Barce­lona, in die einzige Stadt in der Degrowth damals als Master ange­boten wurde. Hier haben sich Bänker*innen, IT-Menschen und Aktivist*innen zusam­men­ge­funden, um über Wachs­tums­kritik und Alter­na­tiven zu disku­tieren. Degrowth rückt eine ganz andere Vorstel­lung von Wohl­stand ins Zentrum.“ Das kann zum Beispiel bedeuten, wieder genug Zeit für die persön­li­chen Inter­essen, Freund*innen und Familie zu haben. Arratz ist davon über­zeugt, dass eine andere Form des Zusam­men­le­bens als die der kapi­ta­lis­ti­schen Gesell­schaft möglich ist. Es ist das System, dass uns egois­tisch und konkur­renz­ge­trieben macht, nicht unsere mensch­liche Natur.“ 

Nach diesem Gedanken lebt Arratz seit einiger Zeit. Zwei Jahre wohnte dey in der Wüste Alme­rías in Süd-Ost-Spanien, um gegen die Ausbeu­tung der anda­lu­si­schen Region zu kämpfen. Ich habe dort zwar gear­beitet, aber eben nicht für Lohn“, berichtet dey. Wir haben von anderen Ressourcen gelebt als von Geld.“ Essen hat die Gruppe teils selbst ange­baut, teils in der Nach­bar­schaft ertauscht. Es war span­nend zu sehen, wie viel Raum die zwischen­mensch­li­chen Bezie­hungen und auch die Bezie­hungen zum Fluss und zur Natur dort einge­nommen haben.“

Arratz Stammen hat in deren Workshop auf
den JPT über Degrowth und Utopien aufgeklärt.

Arratz Stammen hat in deren Workshop auf
den JPT über Degrowth und Utopien aufgeklärt.

Foto: Jugendpresse Deutschland/Caroline Sauter

Ein Verein klärt in Schulen und Kultur­ein­rich­tungen über Degrowth auf

Seit zwei Jahren arbeitet dey beim Konzept­werk neue ökonomie“, um deren Wissen und Erfah­rungen weiter­zu­geben. Das basis­de­mo­kra­ti­sche Kollektiv besteht aus 25 Mitarbeiter*innen und setzt sich in Arbeits­kreisen mit verschie­denen Aspekten von Degrowth ausein­ander. In Schulen, Unis, Kultur­ein­rich­tungen und auf Festi­vals gibt das Konzept­werk Work­shops. Außerdem produ­zieren die Mitarbeiter*innen einen Podcast über femi­nis­ti­sche Ökonomie. 

Eine Zwischen­über­schrift

Die Degrowth-Bewe­gung hat die klare Vision einer Zukunft in Gemein­schaft und Balance mit den natür­li­chen Ressourcen. Wie der große Wandel geschehen kann, bleibt offen. In Form von Protest, soli­da­risch orga­ni­sierten Events oder eben in der Wüste Anda­lu­siens lassen sich kleine Degrowth-Gesell­schaften bereits jetzt in der Realität finden. 


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