Rentenreform vs. demografischer Wandel

Auf der Suche nach zukunfts­fä­higen Lösungen

Datum
01. Dezember 2025
Autor*in
Felicia Kober
Redaktion
politikorange
Themen
#JMWS25 #Armut #Rente #Politik
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Silvia / Pixabay

Geht Rente gene­ra­tio­nen­ge­recht? Der demo­gra­fi­sche Wandel sorgt für eine verscho­bene Alters­struktur, die Politik muss unwei­ger­lich handeln. Eine Eini­gung ist aktuell jedoch noch nicht in Sicht. 

Andreas Legner steht jeden Tag um 8 Uhr auf. Er steigt in seinen braunen Toyota und fährt zur Fabrik­halle. Seit 55 Jahren fährt er diese Strecke – zehn Jahre länger als geplant. Andreas Legner ist 73 Jahre alt und Rentner. Er ist einer von etwa 13 % der hier­zu­lande noch erwerbs­tä­tigen Renten­emp­fänger im Alter von 65 bis 74 Jahren. Diese laufen immer mehr Gefahr, in Alters­armut zu rutschen. Gleich­zeitig müssen jüngere Gene­ra­tionen mit weiter anstei­genden Sozi­al­ver­si­che­rungs­bei­trägen rechnen, ohne selbst eine vergleich­bare Renten­si­cher­heit erwarten zu können – eine Folge des demo­gra­fi­schen Wandels. 

Die Renten­re­form ist stabil, die ist solide, die ist gut finan­ziert.“ – oder doch nicht? 

Für die gene­ra­tio­nen­ge­rechte Rente bedarf es einer ziel­ge­rich­teten Koor­di­na­tion vieler vonein­ander abhän­giger Einzel­fak­toren. Renten­for­scherin Prof. Dr. Camille Logeay von der HTW Berlin nennt vier Stell­schrauben der Renten­ver­si­che­rung: den Beitrags­satz, die Bundes­zu­schüsse, das Renten­ni­veau und das Renten­ein­tritts­alter. In der schwarz-roten Koali­tion besteht bis dato der Konsens, an den beiden letzten Stell­schrauben nicht zu drehen. So soll laut dem neuen Koali­ti­ons­ver­trag ein Renten­ni­veau von 48 % bis 2031 fest­ge­schrieben werden. Zusätz­lich sollen die Beitrags­sätze stabil gehalten werden, was die Flexi­bi­lität einer weiteren Stell­schraube hemmt. Weiterhin wird von beiden Parteien eine Erhö­hung des Renten­ein­tritts­al­ters abge­lehnt, wodurch schließ­lich nur noch die Bundes­zu­schüsse zur Diskus­sion stehen. Diese müssten dann wiederum durch die Steu­er­gelder der aktuell erwerbs­tä­tigen Jahr­gänge finan­ziert werden, was gerade inner­halb der jüngeren Gene­ra­tion im Parla­ment Kritik auslöst“, meint Kai Whit­taker, MdB, CDU/CSU. Betrachtet man nun das zuvor erwähnte Modell der vier Stell­schrauben, lässt sich fest­stellen, dass keine davon mehr frei beweg­lich ist. Deswegen wird das eine echte Herku­les­auf­gabe, sich auf einen gerechten Konsens zu einigen“, so Sabine Dittmar, MdB, SPD

Die Koali­tion im Zwie­spalt 

Zurzeit wird in den Ausschüssen für Arbeit und Soziales und im Ausschuss für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend an Alter­na­tiv­lö­sungen gear­beitet, die die Folgen des demo­gra­fi­schen Wandels abfe­dern sollen. Dazu zählt unter anderem die stark umstrit­tene Mitein­be­zie­hung von Beamten in die gesetz­liche Renten­kasse. Inner­halb der Koali­tion bestehen hierzu funda­men­tale Meinungs­ver­schie­den­heiten. Whit­taker hält es in der Frage der Gleich­be­hand­lung für denkbar, die Beamten lang­fristig in das System zu über­führen“. Dem entgegnet Bernd Rützel, MdB, SPD, dass 90 % aller Beamten in Deutsch­land Landes­be­amte sind“, für die Beschlüsse auf Bundes­ebene nicht gelten. Der verspro­chene Effekt dieser Maßnahme sei laut ihm weitaus geringer, als man es sich in anderen Frak­tionen erhoffe. Vorschläge wie die Aktiv­rente, die Mütter­rente und die Früh­start-Rente werden jedoch von beiden Parteien begrüßt. 

Auch in der Oppo­si­tion herrscht Unei­nig­keit über die gemein­same Ziel­set­zung. Das Wahl­pro­gramm der Grünen lehnt sich an die Pläne der Koali­tion an, übt aber Kritik an den Entwürfen der Aktiv- und Mütter­rente. Dagegen weist das Konzept der AfD einige funda­men­tale Unter­schiede zu den Ansätzen anderer Parteien auf. Die gefor­derte Erhö­hung des Renten­ni­veaus auf 70 % würde laut Prof. Dr. Logeay einen extremen Schock für die Wirt­schaft und den Arbeits­markt bedeuten. Die Linke verlangt eine Regel­al­ters­grenze von 65 Jahren und ein Renten­ni­veau von 53 %. Ein Absenken des Renten­ein­tritts­al­ters würde aufgrund des aktu­ellen Arbeits­kräf­te­man­gels jedoch eben­falls zu einer weiteren Verschär­fung der Situa­tion führen, erklärt Logeay. 

Zukunfts­aus­sichten 

Fakt ist, einen gene­ra­tio­nen­ge­rechten Konsens zu finden ist eine harte Nuss. Aufgrund der vielen, vonein­ander abhän­gigen Faktoren wird es schwer sein, sie zu knacken. Für Leute wie Andreas Legner bedeutet das viele weitere Fahrten zur Fabrik­halle – aber auch eine lange Warte­zeit auf endgül­tige Entschei­dungen aus Berlin. Diese könnten viel­leicht in Zukunft dafür sorgen, dass Herrn Legners Enkel sich keine Sorgen mehr um ihre finan­zi­elle Situa­tion machen müssen. 

Dieser Beitrag ist im Rahmen des Jugendmedienworkshops im November 2025 entstanden. Das Projekt wird von der Jugendpresse Deutschland, dem Deutschen Bundestag und der Bundeszentrale für politische Bildung organisiert.


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