Warum Armut sexis­tisch ist

Datum
04. Juli 2016
Autor*in
Lou Antoinette Godvliet
Redaktion
politikorange
Thema
#ZukunftsTour 2016
Foto: Marie Illner

Foto: Marie Illner

Unsere Autorin Lou mit der virtual reality Brille von ONE auf der ZukunftsTour in Bonn.

Ob bei Bildung, Gesund­heit oder Ernäh­rung – dort, wo die Armut regiert, sind Frauen beson­ders benach­tei­ligt. Die entwick­lungs­po­li­ti­sche Orga­ni­sa­tion ONE erklärt, warum Armut sexis­tisch ist.

Stell dir vor, wir könnten die extreme Armut welt­weit beenden. Die Zahl der Kinds­tode würde abnehmen und Entwick­lungs­länder bekämen besseren Zugang zu mehr öffent­li­chen Gütern wie Wasser und sani­tärer Versor­gung. Was dafür nötig ist? Frauen und Mädchen in ärmeren Ländern müssen geför­dert werden. Klingt simpel, oder nicht?

Die Gleich­be­rech­ti­gung und Stär­kung aller Frauen und Mädchen“ ist das fünfte der insge­samt 17 Ziele für nach­hal­tige Entwick­lung, die im letzten September von den Vereinten Nationen beschlos­senen wurden. Die entwick­lungs­po­li­ti­sche Nicht­re­gie­rungs­or­ga­ni­sa­tion ONE setzt sich für die Gesund­heit, Bildung und die wirt­schaft­liche Eman­zi­pa­tion von Mädchen und Frauen, die in extremer Armut leben, ein.

HIV und Hunger

Nun stellt sich die Frage, weshalb Frauen und Mädchen beson­ders und vor allem mehr als Männer unter der Armut leiden. Das liegt vor allem daran, dass die Geschlech­ter­kluft parallel zur Armut steigt. Eine halbe Milli­arde Frauen kann im Jahr 2016 immer noch nicht lesen, die Zahl der Männer liegt hingegen nur im sechs­stel­ligen Bereich. 62 Millionen Mädchen erhalten keine schu­li­sche Bildung und in 155 Ländern herr­schen Gesetze, die Frauen von Männern abgrenzen. Jeden Tag werden ca. 39.000 minder­jäh­rige Mädchen verhei­ratet. Armut bedeutet für eine Frau also häufig nicht nur arm, sondern auch zu Diskri­mi­nie­rung und Unter­drü­ckung verur­teilt zu sein.

Beson­ders Mütter haben es schwer. In Sierra Leone ist das Risiko 157 mal größer als bei uns in Deutsch­land, dass eine Mutter bei der Geburt ihres Kindes stirbt. Ein weiteres Problem ist das soge­nannte Vererben“ von Hunger, das mit extremer Armut einher­geht. Wenn eine schwan­gere Frau unter­ernährt ist, ist die Wahr­schein­lich­keit hoch, dass ihr Kind Entwick­lungs­stö­rungen erleiden wird. Das Kind ist dann nicht in der Lage sein volles physi­sches und geis­tiges Poten­tial zu entfalten, weil es bereits im Mutter­leib zu wenig Nahrung zur Verfü­gung hatte.

In Subsa­hara-Afrika sind 58% der HIV-Infi­zierten weib­lich, wodurch auch die Gefahr entsteht, den HIV-Virus an die eigenen Kinder weiter­zu­geben. 74% Der Neuin­fek­tionen fallen auf Mädchen. Ein Groß­teil der Frauen wird Opfer von sexu­eller Gewalt und somit infi­ziert. In afri­ka­ni­schen Ländern berichten viele Frauen, dass sie in Bezug auf gesund­heit­liche Betreuung nicht selbst­be­stimmt handeln können.

In jeder Hinsicht

ONE hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Notwen­dig­keit der Inves­ti­tion in Frauen und Mädchen publik zu machen. Die entwick­lungs­po­li­ti­sche Orga­ni­sa­tion wurde von U2 Sänger Bono mitge­gründet, finan­ziert sich ausschließ­lich über Phil­an­thropen und ist non-profit orien­tiert. Auf der Zukunfts­Tour in Bonn sind einige ihrer Jugendbotschafter*innen vertreten.

Die notwen­digen Maßnahmen und Forde­rungen von Seiten ONEs für das Jahr 2016 sind viel­seitig. Aus dem zweiten Nutri­tion for Growth“-Gipfel in Rio müssen sich alle Teil­neh­mer­staaten dazu verpflichten, ihre Beiträge für die Ernäh­rung erheb­lich zu stei­gern. Die Geber­länder des Globalen Fonds zur Bekämp­fung von Aids, Tuber­ku­lose und Malaria müssen dieses Jahr in der Wieder­auf­fül­lungs­kon­fe­renz mindes­tens 13 Milli­arden US-Dollar inves­tieren. Um eine recht­liche Gleich­stel­lung zu bewirken müssen alle Länder geschlech­ter­dis­kri­mi­nie­renden Gesetze abschaffen und im Gegenzug auch jene verab­schieden, die den Frauen Schutz bieten wie beispiels­weise das Recht, frei zu entscheiden, ob sie heiraten will.

Wenn wir die Armut für Frauen beenden, beenden wir Armut für Alle.“

Afri­ka­ni­sche Frauen leisten fast die Hälfte der land­wirt­schaft­li­chen Arbeit. Hätten sie denselben Zugang wie Männer zu den Produk­ti­ons­mit­teln, dann würde 100 – 150 Millionen Menschen weniger an chro­ni­schem Hunger leiden. Durch eine Entschei­dungs­be­fugnis konnten indi­sche Frauen für eine Bereit­stel­lung von öffent­li­chen Gütern sorgen. Wenn Frauen also Zugang zu Bildung und finan­zi­ellen, sowie poli­ti­schen Gestal­tungs­mög­lich­keiten bekommen, sinkt das Armuts­ri­siko. Mit jedem Jahr, das ein Mädchen in die Schule geht, kann es die extreme Armut welt­weit um 12 Prozent senken und ihr zukünf­tiges Einkommen um 10 – 20 Prozent erhöhen. Die Zahl der Schwan­ger­schaften, Kinds­tode und frühen Verhei­ra­tungen würde ebenso abnehmen und das sind nur einige Beispiele dafür, wie die Inves­ti­tion in Mädchen und Frauen die welt­weite Armut beenden kann.

Die Kampagne star­tete am 8.März 2015. ONE wird jedes Jahr an diesem inter­na­tio­nalen Frau­entag den Fort­schritt der Regie­rungen, Unter­nehmen und der Zivil­ge­sell­schaft in Hinblick auf die Inves­ti­tionen in den Kampf um die Eman­zi­pa­tion und Gleich­stel­lung von Mädchen und Frauen messen. Wenn wir die Armut für Frauen beenden, beenden wir Armut für Alle.“


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