Pres­se­frei­heit gibt es nicht umsonst

Datum
06. Mai 2020
Autor*in
Tom Albiez
Redaktion
politikorange
Themen
#pressefreiheit20 #Medien
Für Medien zahlen? Foto: Mika Baumeister

Für Medien zahlen? Foto: Mika Baumeister

Photo by Mika Baumeister on Unsplash

Für Pres­se­frei­heit sind wohl die meisten in unserer west­li­chen Gesell­schaft. Schließ­lich sind die Medien in einer Demo­kratie uner­läss­lich. Aber kann man sich gute Recherche und Unab­hän­gig­keit in Zeiten der Digi­ta­li­sie­rung über­haupt noch leisten?

Oskar Vitlif ist jung und vermut­lich auch etwas ehrgeizig. Ein Medi­en­ma­cher, der in Hamburg für die tages­schau im Social Media Team arbeitet und schon einige Stationen in der Medi­en­branche gesehen hat. Unter anderem war er beim Lokal­funk in NRW beschäf­tigt. Da sind Tages­sätze von 80 Euro pro Tag nichts Unge­wöhn­li­ches“. Ein monat­li­ches Gehalt von ca. 1600 Euro also. Rosige Vergü­tung für Journalist*innen sieht anders aus. Somit findet er es auch nicht über­trieben, die durch die Digi­ta­li­sie­rung bedingte Finan­zie­rung­krise in den Lokal­me­dien als Bedro­hung für die Pres­se­frei­heit anzu­sehen.

Bei der Süddeut­schen Zeitung und den anderen großen Flagg­schiffen der deut­schen Medi­en­branche verdiene man noch gut, aber der Lokal­jour­na­lismus ist in seiner Exis­tenz bedroht. Er prophe­zeit der klas­si­schen Lokal­zei­tung eine Halb­werts­zeit von gerade mal 10 Jahren. Schließ­lich sei das bishe­rige Geschäfts­mo­dell tot. Sinkende Auflage und zurück­ge­hende Werbe­ei­nahmen könnten ihm letzend Endes Recht geben: Die tradi­tio­nelle Lokal­presse wird es wohl nicht mehr lange geben.

Medi­en­plu­ra­lismus in Gefahr

Aber ist das nicht alles Jammern auf hohem Niveau? Deutsch­land belegt dieses Jahr Platz 11 im Ranking der Pres­se­frei­heit. Hoch­ge­rutscht von Platz 1 im letzten Jahr. So schlimm kann es dann doch nicht um unsere Medi­en­land­schaft bestellt sein? Ja und nein, ist wohl beides die rich­tige Antwort. Die deut­schen Medien sind gut aufge­stellt und der deut­sche Staat bietet den Jour­na­listen einen ordent­li­chen recht­li­chen Schutz, um Ihrer Arbeit nach­zu­gehen. Nichts­des­to­trotz, stellt auch Slyvie Ahrens-Urbanek von Reporter ohne Grenzen fest, dass der Medi­en­plu­ra­lismus in Deutsch­land in Gefahr ist. Wenn Mantel­re­dak­tionen für mehrere Zeitungen ein und denselben Artikel verfassen, ist das zwar ökono­misch sinn­voll, jour­na­lis­tisch jedoch frag­würdig. Die Erosion des Geschäfts­mo­dells also doch eine Gefahr für unsere Demo­kratie?

Fest steht, dass ein Wandel im Bereich des Lokal­jour­na­lismus statt­finden muss, damit die Qualität der Bericht­erstat­tung und die Finan­zie­rung lang­fristig sicher­ge­stellt sind. Aber wie sehen die Lösungen für dieses Problem aus? Der Zeitungs­for­scher Horst Röper forderte auf einer Podi­ums­dis­kus­sion des Deut­schen Jour­na­lis­ten­ver­bands im letzten Jahr eine Finan­zie­rung des Lokal­jour­na­lismus aus öffent­li­chen Geldern. Sicher­lich eine disku­table Idee. Inwie­fern dies ange­sichts der wach­senden Kritik an der Finan­zie­rung des öffent­li­chen-recht­li­chen Rund­funks durch gesetz­liche Beiträge realis­tisch ist, steht wohl auf einem anderen Blatt.

Mitglied­schaften als Lösung?

Viel­ver­spre­chender erscheint hingegen die Finan­zie­rung durch Mitglied­schaften, in Kombi­na­tion mit einer Verla­ge­rung der Inhalte ins Digi­tale. Erfolg­reiche Medi­en­an­ge­bote dieser Art gibt es bereits. So wirbt kraut​re​porter​.de damit, werbe­freien und unab­hän­gigen Content durch die Beiträge seiner Mitglieder bieten zu können. Vorbild für kraut­re­porter war das nieder­län­di­sche Magazin De Corre­spon­dent“, das bereits seit 2013 unbrea­king news“ bietet. Entschleu­nigte Nach­richten mit Mehwert, finan­ziert durch die Leser*innen.

Aber wer weiß? Viel­leicht werden sich die Lokal­me­dien durch den ökono­mi­schen Kosten­druck irgendwo zusam­men­raufen und gemeinsam ein Netflix für Lokal­jour­na­lismus anbieten. Viel­falt und Kosten­de­ckung in einem. Jeden­falls geht es wohl nicht einfach so weiter wie bisher, ohne die Leser* innen mehr zur Kasse zu bitten. Auch wenn die Gratis­men­ta­lität im Web das Konsum­ver­halten von medialen Inhalten nach­haltig geprägt hat, hat Oskar Vitlif Recht, wenn er sagt: Eine Zeitung hat immer Geld gekostet“. Und das sollte sie auch. Das Geld der Leser*innen ist schluss­end­lich nämlich ein Beitrag zur Pres­se­frei­heit und Demo­kratie.


Empfohlene Beiträge

Werde Teil unserer Community

Entdecke spannende Geschichten, vernetze dich mit anderen jungen Journalist:innen und gestalte die Medienlandschaft von morgen mit. Melde dich jetzt an und bleibe immer auf dem neuesten Stand.

Wehrpflicht Redaktion Gruppenbild