Jour­na­lismus in der Exis­tenz­krise?

Datum
20. November 2024
Autor*in
Raphael Cullmann
Redaktion
politikorange
Thema
#Medien
Zeitungen - breaking news. Planet Volumes:unsplash

Zeitungen - breaking news. Planet Volumes:unsplash

Der Wett­streit um Werbe­ein­nahmen und das schwin­dende Vertrauen in etablierte Medi­en­häuser stellen den unab­hän­gigen Jour­na­lismus vor erheb­liche Heraus­for­de­rungen. Doch es gibt Hoff­nung.

Der Wett­streit um Werbe­ein­nahmen und das schwin­dende Vertrauen in etablierte Medi­en­häuser stellen den unab­hän­gigen Jour­na­lismus vor erheb­liche Heraus­for­de­rungen. Doch es gibt Hoff­nung. Die Initia­tive 18‘ etwa setzt sich für eine starke und demo­kra­ti­sche Medi­en­land­schaft ein.

Der unab­hän­gige und freie Jour­na­lismus finan­ziert sich zum Groß­teil durch Werbe­an­zeigen. Fallen diese jedoch weg, weil Mega­kon­zerne wie Meta, Google, YouTube oder Amazon den Anzei­gen­markt immer weiter für sich erobern, sind vor allem kleine Redak­tionen wie Lokal- oder Kreis­zei­tungen dazu gezwungen, zu schrumpfen und alsbald aufzu­hören.

Hinzu kommt, dass viele Redak­tionen den Umstieg von den klas­si­schen Print­me­dien auf digi­tale Formate verpasst haben und die Inves­ti­ti­ons­last von aufwen­digen Webseiten sowie renta­blen digi­talen Geschäfts­mo­dellen oft nicht tragen können. Kurz gesagt sind kleine Redak­tionen lang­fristig nicht wett­be­werbs­fähig.

Die klas­si­schen, etablierten und großen Medi­en­häuser wie die FAZ oder der Tages­spiegel sind von Print­me­dien durch kosten­in­ten­sive Inves­ti­tionen auf digi­tale Abo-Modelle mit tech­nisch anspruchs­vollen Apps umge­stiegen und dadurch in der Lage, genug Gewinn zu erwirt­schaften. Der Erfolg dieser Medi­en­häuser darf aller­dings nicht den Fakt verde­cken, dass die jour­na­lis­ti­sche Viel­falt deut­lich abnimmt.

Denn je weniger Kapital, desto weniger können Themen adäquat adres­siert werden und desto eher sinken die Quali­täts­stan­dards der Medi­en­welt. Im Zeit­alter von Desin­for­ma­tion und Fake News ist das ein Problem. Quali­fi­zierte und kompe­tente Medien stellen ein Korrektiv für Desin­for­ma­tion dar. Gibt es dieses Korrektiv nicht mehr, so kann Desin­for­ma­tion zwangs­läufig zur gesell­schaft­li­chen Spal­tung und Entde­mo­kra­ti­sie­rung einer Bevöl­ke­rung führen.

Panel Fakten, Fake News and Fiktion_Rapahel Cullmann

Parlamentarier und Investigativjournalist Guido Heinen klärt die Teilnehmer*innen der 81. young leaders Akademie in Paderborn über Fake News und Medienmanipulation auf. Foto: privat/ Raphael Cullmann

Doch es gibt Stimmen, die sich für Aufklä­rung und Stär­kung von Jour­na­lismus und Medien im Rahmen eines demo­kra­ti­schen Grund­satzes einsetzen. Dieser Artikel präsen­tiert drei mögliche Lösungs­an­sätze für eine nach­hal­tige Zukunft der Medien.

Das 18. Nach­hal­tig­keits­ziel der Agenda 2030

Bisher gibt es 17 Nach­hal­tig­keits­ziele auf der Agenda 2030 der Vereinten Nationen. Sie beschreiben Bereiche, bei denen die Vereinten Nationen bessere und nach­hal­ti­gere Lebens­be­din­gungen und ‑Verhält­nisse auf der Welt schaffen wollen, zum Beispiel Keine Armut“, Hoch­wer­tige Bildung“, Geschlech­ter­gleich­heit“ oder Maßnahmen zum Klima­schutz“.

Die Initia­tive 18 fordert ein weiteres. Für den Erhalt der Presse- und Rund­funk­frei­heit, die Förde­rung von Medi­en­kom­pe­tenz und ‑Bildung, die nach­hal­tige Vertei­lung von Werbe­bud­gets oder auch die Bekämp­fung von Desin­for­ma­tion und schad­haften Inhalten.

Konkret appel­liert die Initia­tive an Politik und Unter­nehmen. Unter­nehmen sollen sich ihrer Verant­wor­tung bewusst werden, beim Schalten von Werbung nicht ausschließ­lich auf die oben genannten Platt­formen der Mega­kon­zerne zurück­zu­greifen und gezielt auch mit Redak­tionen zusam­men­zu­ar­beiten. In der Politik möchte die Initia­tive errei­chen, dass Redak­tionen wieder einfa­cher Werbung schalten können und nicht durch Über­re­gu­lie­rung ausge­bremst werden.

Junge Menschen in die Redak­tionen!

Die deut­sche Medi­en­welt sei so divers wie die Bevöl­ke­rung selbst, sagt eine Schü­lerin. Sie arbeitet als freie Jour­na­listin bei einer baye­ri­schen Lokal­re­dak­tion und setzt sich mit verschie­denen poli­ti­schen wie gesell­schaft­li­chen Themen ausein­ander, darunter vor allem Jugend­bil­dung, Klima­schutz und Demo­kra­tie­för­de­rung.

Wir haben ein enormes Privileg an Presse- und Meinungs­frei­heit in Deutsch­land, was im Vergleich zu vielen anderen Ländern ein unglaub­li­cher Vorteil ist. Und somit auch eine unglaub­liche gute Voraus­set­zung für Demo­kratie“, betont die Schü­lerin.

Neben den vielen Privat­sender und privaten Verlags­häu­sern gebe es aber auch den öffent­lich-recht­li­chen Rund­funk mit ARD, ZDF, Deutsch­land­radio und weiteren Spar­ten­ka­nälen sowie etliche Zwischen­nu­ancen“, die Einfluss auf die Medien nehmen würden, sagt sie.

Zuneh­mend verliere der öffent­lich-recht­liche Rund­funk jedoch das Vertrauen der Mehr­heit, weshalb sich einige Menschen mehr und mehr Alter­na­tiv­me­dien“ zuwenden. Das sind meist Privat­an­bieter, die poli­tisch nicht neutral oder faktisch korrekt agieren. Eine sehr erschre­ckende Entwick­lung, weil der Jour­na­lismus und die Medien, die ich als Stütz­pfeiler der Demo­kratie beschreiben würde, natür­lich genauso gut anders­herum funk­tio­nieren können“, sagt die Schü­lerin.

Die Zukunft des Jour­na­lismus

Einen Weg für mehr profes­sio­nelle Medi­en­bil­dung in Deutsch­land zeigt die young leaders GmbH auf. Sie schult die Medi­en­kom­pe­tenz und das kriti­sche Denken von Schüler*innen auf landes­weiten Work­shops und Veran­stal­tungs­pro­grammen in sämt­li­chen Städten Deutsch­lands. Ein Beispiel ist der jugend presse kongress (jpk) in Pader­born, bei dem es in Zusam­men­ar­beit mit Journalist*innen, Moderator*innen, Podcast-Hosts, Reporter*innen und Kame­ra­leuten darum geht, gemeinsam mit den jungen Teilnehmer*innen Filme und Zeitungen zu produ­zieren.

Sie lernen, wie die Medi­en­branche arbeitet und erhalten darüber hinaus span­nende Vorträge zur Medi­en­welt von Referent*innen aus Wirt­schaft, Politik und Gesell­schaft. Darüber hinaus veran­staltet die young leaders GmbH einen jähr­li­chen Jugend­jour­na­lismus Wett­be­werb, bei dem die Teilnehmer*innen Artikel über ein Thema verfassen und in Zeitungen veröf­fent­li­chen sollen. Die Gewinner*innen, unge­fähr zehn Leute, werden auf eine Recher­che­reise nach New York einge­laden, wo sie zusammen mit einem/​r Profijournalist*in das UN-Head­quarter, die Wall Street oder das ARD-Studio vor Ort besu­chen und mit Expert*innen reden. Aus jour­na­lis­ti­scher Perspek­tive beschäf­tigen sich die Teilnehmer*innen mit den besuchten Orten, spre­chen mit Expert*innen und halten abschlie­ßend ihre Eindrücke und Erfah­rungen in einem Online-Blog fest.

Für junge Menschen zählt die Förde­rung von Medi­en­kom­pe­tenz und ‑Bildung am ehesten, weil sie nicht nur am zugäng­lichsten für neue Perspek­tiven sind, sondern zudem die Zukunft der Wirt­schaft und Politik verkör­pern. Und so ist der rich­tige Umgang mit Medien und das kriti­sche Hinter­fragen des Ist-Zustandes der erste Schritt zu einer nach­hal­ti­geren und starken Medi­en­welt.


Dieser Artikel ist im Rahmen der offenen Redak­tion entstanden. Bei Fragen, Anre­gungen, Kritik und wenn ihr selbst mitma­chen mögt, schreibt uns eine Mail an redaktion@​jugendpresse.​de 


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