Jugend­liche Protest­kultur und die Rolle der Medien

Datum
06. November 2023
Autor*in
Sophia Abegg
Redaktion
politikorange
Themen
#Medien #JMWS23
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Auf einem Demo-Plakat steht geschrieben: "Warum für die Zukunft lernen, wenn ihr sie zerstört?"; Foto: Moritz Heck
Wieso die Medien anders über Proteste von jungen Menschen berichten sollten. Ein Kommentar von Sophia Abegg.

Wenn junge Menschen auf die Straße gehen, sind sie auch ange­wiesen auf die Bericht­erstat­tung über ihren Protest. Aller­dings richten sich die Medien auf ein Publikum mitt­leren und höheren Alters – und das ist ein Problem. Ein Kommentar von Sophia Abegg.

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Auf einem Demo-Plakat steht geschrieben: “Warum für die Zukunft lernen, wenn ihr sie zerstört?”. Foto: Jugendpresse Deutschland e.V./Moritz Heck

Die briti­sche Tages­zei­tung The Guar­dian“ hat vor Kurzem eine Recherche veröf­fent­licht, die eine neue Dimen­sion in der Debatte um die Klima­pro­teste junger Menschen eröffnet hat. Der Guar­dian“ kriti­siert darin zwar vor allem die straf­recht­liche Verfol­gung fried­li­cher Proteste als staat­liche Einschüch­te­rung, aller­dings lässt sich die proble­ma­ti­sierte Taktik in Teilen auch auf die mediale Rezep­tion von Protesten junger Menschen über­tragen.

Denn was mit Fridays for Future“ 2019 begann, wird 2023 mit der selbst­er­nannten Letzten Gene­ra­tion“ fort­ge­führt: Die poli­ti­sche Stimme junger Menschen wird von der Darstel­lung ihres Protestes in einigen Medien domi­niert. Diese sind aller­dings auf ein Publikum mitt­leren und höheren Alters zuge­schnitten – und das ist ein Problem.

Wie sehr einige Medien die poli­ti­schen Anliegen junger Menschen verzerren, zeigt sich beson­ders deut­lich bei der Bericht­erstat­tung über Protest­be­we­gungen. Denn die Redak­tione n thema­ti­sieren dabei zum Teil nicht etwa den eigent­li­chen Zweck der Proteste. Viel­mehr machen sie den Protest junger Menschen zum Objekt ober­fläch­li­cher Abhand­lungen über die gewählte Protest­form. Wenn die Über­schriften nicht mehr Schüler streiken fürs Klima“ heißen, sondern Sollen Schüler während des Unter­richts demons­trieren?“, kommt die Bericht­erstat­tung an einen kriti­schen Punkt. Schließ­lich miss­achten die betref­fenden Journalist*innen damit die Verzweif­lung der jungen Gene­ra­tion und setzen die Debatte um ein gesell­schaft­lich rele­vantes Thema auf die Ebene der Bana­lität herab.

Die Kritik an der Letzten Gene­ra­tion“ ist berech­tigt, schließ­lich bricht sie regel­mäßig geltende Gesetze. Jedoch sollte die im Guar­dian“ ange­pran­gerte Krimi­na­li­sie­rung von gewalt­freiem Protest stärker in unserer Gesell­schaft hinter­fragt werden, da sie nicht nur poli­tisch, sondern eben auch durch Worte der Medien voran­ge­trieben wird. Das zeigt sich zum Beispiel, wenn einige Medien zur härteren Bestra­fung solcher Protest­ak­tionen aufrufen, wie die Frank­furter Allge­meine Zeitung“, oder sogar Paral­lelen zu Terro­rismus ziehen, wie die BILD es getan hat.

Natür­lich gehört es zur Aufgabe der Journalist*innen, das Zeit­ge­schehen zu durch­leuchten und auch kritisch zu hinter­fragen. Trotzdem würde es der Demo­kratie gut tun, wenn einige Medien ihre Rolle als Kontroll­organ noch stärker selbst reflek­tieren würden. In Anbe­tracht der medialen Kritik an den Struk­turen der Fridays for Future“-Bewegung zu ihren Anfangs­zeiten oder der selbst­er­nannten Letzten Gene­ra­tion” seit Beginn dieses Jahres, ist es von größter Bedeu­tung, dass Medien ihre Verant­wor­tung gegen­über der jungen Gene­ra­tion gerecht werden. Jugend­liche haben ihm Vergleich zu älteren Gene­ra­tionen nur wenig Möglich­keiten zur direkten poli­ti­schen Parti­zi­pa­tion. Deshalb ist es äußerst notwendig, dass Medien mit ihrer Bericht­erstat­tung jungen Menschen keine weiteren Hürden auf dem Weg zur poli­ti­schen Teil­habe setzen, indem sie deren Forde­rungen in einem solchen Stil über­gehen.

Anstatt die Protes­tie­renden in einen Teufels­kreis aus Aufmerk­sam­keit in Abhän­gig­keit zur Schlag­zei­len­reife der Protest­ak­tionen zu verwi­ckeln, sollten Medien eher vermit­teln – und zwar nicht nur zwischen Politiker*innen und der Öffent­lich­keit, sondern stärker auch zwischen den Gene­ra­tionen. Die teil­weise einseitig perspek­ti­vierte Bericht­erstat­tung von Alt zu Alt, und auch von Jung zu Jung hat ausge­dient. Statt­dessen ist es Zeit für den gewagten, aber lohnenden Sprung in den Austausch von Alt zu Jung und Jung zu Alt.

Junge Menschen brau­chen Platt­formen, auf denen sie ihre Themen nicht nur mit Gleich­alt­rigen austau­schen, sondern gezielt älteren Gene­ra­tionen nahe­bringen. Eine Möglich­keit wären neue Formate, in denen junge Menschen ihre Anliegen vortragen können. Gleich­zeitig könnten Redak­tionen die Meinungen und Themen junger Menschen stärker in bereits bestehende Formate einbinden. So kann sich die Bericht­erstat­tung von der Bevor­mun­dung junger Menschen lösen und ihren Teil zur demo­kra­ti­schen Ermäch­ti­gung junger Gene­ra­tionen beitragen. Gleich­zeitig wäre es ein Start­schuss für einen gegen­sei­tigen Lern- und Lehr­pro­zess, der für die gesamte Gesell­schaft von Vorteil wäre.

Disclaimer: Der Beitrag spie­gelt ausschließ­lich die Meinung der Autorin wider und nicht die der Projektpartner*innen des Jugend­me­di­en­work­shops im Deut­schen Bundestag 2023 (Jugend­presse e.V., Bundes­zen­trale für poli­ti­sche Bildung, Deut­scher Bundestag).


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