Neue Regie­rung, neues Wirt­schafts­wunder? – Wie CDU, Grüne und SPD die Wirt­schaft ankur­beln wollen 

Datum
25. Februar 2025
Autor*in
Aleandro Iannuzzo
Redaktion
politikorange
Thema
#BTW2025
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Ein inten­siver Winter-Wahl­kampf liegt hinter den deut­schen Bundesbürger*innen und Parteien. Eines der größten Themen: die wirt­schaft­liche Zukunft Deutsch­lands.

Ein inten­siver Winter-Wahl­kampf liegt hinter den deut­schen Bundesbürger*innen und Parteien. Eines der größten Themen: die wirt­schaft­liche Zukunft Deutsch­lands. In diesem Sinne entwi­ckelten Bündnis 90/​Die Grünen, die CDU und SPD wirt­schafts­po­li­ti­sche Ansätze, um die Wähler*innen zu über­zeugen. 

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© Lennart Jördens / Jugend­presse Deutsch­land e.V.

Krise in der deut­schen Wirt­schaft 

In den Medien domi­nierten in den letzten Monaten Schlag­zeilen über Krisen in Unter­nehmen, Kurz­ar­beit und eine bröckelnde Wirt­schaft in Deutsch­land. Namen­hafte Konzerne, wie Volks­wagen, thys­sen­krupp oder auch Bosch gehörten jahr­zehn­te­lang zu den größten und sichersten Arbeit­ge­bern Deutsch­lands. Vorbei sind jetzt die 2010er Jahre, in denen in der Bundes­re­pu­blik eine aufstre­bende Wirt­schaft zur Norma­lität gehörte. Die Realität zeigt, dass Deutsch­land seit der Corona-Pandemie in einer Wirt­schafts­krise steckt, die durch den russisch-ukrai­ni­schen Krieg verstärkt wurde. Das zeigt auch das Brut­to­in­lands­pro­dukt (BIP), welches 2024 im Vergleich zum Vorjahr um ‑0,2 Prozent schrumpfte. Das zweite Jahr in der Rezes­sion zeigt, dass Deutsch­land wirt­schaft­lich unter Druck steht.

Wirt­schafts­kon­zepte von CDU, SPD und Grüne 

Spätes­tens seit dem Wahl­kampf erkannten die Bundes­tags­frak­tionen die schwere wirt­schaft­liche Situa­tion. Die Parteien CDU, SPD, aber auch Bündnis 90/​Die Grünen entwi­ckelten dementspre­chend Stra­te­gien, die zur Stabi­lität, aber auch zum Wachstum der deut­schen Wirt­schaft beitragen sollen. 

Getrieben von der Wirt­schafts­krise einigte sich die Union hinter Fried­rich Merz auf verschie­dene wirt­schafts­po­li­ti­sche Maßnahmen. Ziel: Wachstum und Inno­va­tionen in der Wirt­schaft. Ein zentrales Anliegen der CDU ist die Senkung der Ener­gie­kosten. Geschehen solle das unter anderem, indem Netz­ent­gelte redu­ziert und Strom­steuern gesenkt werden. Darüber hinaus setzt die Partei auf den Abbau von Büro­kratie und eine verstärkte Digi­ta­li­sie­rung. Auch steu­er­liche Erleich­te­rungen spielen eine zentrale Rolle. So soll die maxi­male Besteue­rung von Unter­neh­mens­ge­winnen auf 25 Prozent begrenzt werden. 

Ähnliche wirt­schafts­po­li­ti­sche Ziele wie Inno­va­tion und Wachstum finden sich auch inner­halb der SPD, unter­scheiden sich jedoch in ihrer konkreten Ausfüh­rung. Geplant ist in diesem Zusam­men­hang ein Made-in-Germany“-Bonus, das heißt eine Inves­ti­ti­ons­prämie von zehn Prozent für Unter­nehmen. Der Vorschlag eines Deutsch­land­fonds“ findet sich zusätz­lich im Wahl­pro­gramm. 100 Milli­arden Euro, die aus öffent­li­chen und privaten Mitteln stammen, sollen dabei der Wirt­schaft einen ersten Anschub verleihen. Um Inves­ti­tionen weiter anzu­kur­beln, setzt die SPD zudem auf gezielte Steu­er­sen­kungen, Büro­kra­tie­abbau, Digi­ta­li­sie­rung und güns­tige Energie. 

Auch Bündnis 90/​Die Grünen haben sich in der aktu­ellen Wirt­schafts­krise intensiv mit der wirt­schaft­li­chen Situa­tion Deutsch­lands ausein­an­der­ge­setzt und beschlossen, gezielte Impulse setzen zu wollen. Steu­er­sen­kungen, Büro­kra­tie­abbau, Digi­ta­li­sie­rung und güns­tige Energie gehören auch hier dazu. Inno­va­tionen sollen in diesem Fall durch eine Inves­ti­ti­ons­prämie von 10 % ange­heizt werden, die jedoch ganz explizit für den Bau von neuen Gebäuden ausge­schlossen wird. Die Einwan­de­rung von Fach­kräften aus dem Ausland sehen die Grünen zusätz­lich zu CDU und SPD als wirt­schafts­po­li­ti­sche Lösung, um die deut­sche Wirt­schaft lang­fristig wett­be­werbs­fähig zu machen. Letz­teres soll eine Reform der Schul­den­bremse mehr finan­zi­elle Spiel­räume einräumen können. 

Einord­nung der Wirt­schafts­kon­zepte 

Marcel Fratz­scher, Präsi­dent des Deut­schen Insti­tuts für Wirt­schafts­for­schung (DIW) in Berlin, ordnete die Konzepte der mögli­chen Koali­ti­ons­partner CDU, Grüne und SPD ein:

Sehen Sie in den neuen Regie­rungs­pro­grammen der Parteien Chancen für die Nation hinsicht­lich der Wirt­schaft, Inno­va­tion oder auch der Infra­struktur? 

Die Hoff­nung habe ich natür­lich, aber auch wenn ich ein sehr opti­mis­ti­scher Mensch bin: Die Hoffnung ist begrenzt, denn die Verspre­chen der Parteien deuten in eine ganz andere Rich­tung.“ 

Wie würden Sie in Folge dieser ersten Einschät­zung im Allge­meinen die Wahl­ver­spre­chen einordnen?

Die Parteien rechts der Mitte haben massive und völlig unrea­lis­ti­sche Steu­er­sen­kungen verspro­chen. Die Parteien links der Mitte wollen eher eine Umver­tei­lung von Jung zu Alt über die Sozi­al­sys­teme. Also Renten ausbauen – das heißt, die junge Gene­ra­tion muss dafür zahlen. Es geht den Parteien also nicht um Verän­de­rung, sondern um die Zemen­tie­rung des Status quo.“

Alle Parteien, CDU, SPD und Grüne sind sich inner­halb des Büro­kra­tie­ab­baus einig. Wie stehen Sie dazu?

Büro­kratie und Regu­lie­rung sind ein wirk­lich dickes Brett. Natür­lich stimme ich zu, dass der Staat effizi­enter, besser, schneller werden muss. Ein konkreter Vorschlag ist die Beweis­last umzu­drehen, sodass der Staat sich an Unter­nehmen orien­tieren muss.“

Im Wahl­pro­gramm der SPD ist die Rede von einem Deutsch­land­fond“. Inwie­weit wird das vorge­schla­gene Budget ausrei­chen und wie müssen die Gelder richtig inves­tiert werden?

100 Milli­arden Euro ist eine arbi­träre Summe. Es wird sicher­lich für ein paar Jahre reichen – wenn man nur in eine gute Verkehrs­in­fra­struktur, Digi­ta­li­sie­rung, Bildung und tech­no­lo­gi­sche Inno­va­tionen inves­tieren würde. Also so gesehen ist es klug. Es ist letzt­lich eine Umge­hung der Schul­den­bremse – auch das muss man ehrli­cher­weise sagen. Aber besser die Schul­den­bremse umgehen, als gar keine Inves­ti­tionen zu tätigen.“

Inves­ti­tionen spielen demzu­folge eine wich­tige Rolle. Die Grünen möchten hinsicht­lich Inves­ti­tionen eine Unter­neh­mens­prämie von zehn Prozent einführen. Wie schätzen Sie diese Maßnahme ein? 

Die Grünen wollen vor allem Inves­ti­tionen fördern, heißt letzt­lich, dass die Indus­trie­un­ter­nehmen mehr davon profi­tieren als Dienst­leis­tungs­un­ter­nehmen. Wenn ich ein kleines Geschäft habe, dann habe ich nicht so viele Inves­ti­tionen, als wenn ich große Maschinen kaufen muss – dann schon mehr. Ich finde es klug, Unter­nehmen dies­be­züg­lich zu entlasten, aber das alleine wird nicht den Wirt­schafts­boom auslösen – es kann ein Element sein.“

Die CDU geht einen anderen Weg. Unter­neh­mens­ge­winne sollen nur noch maximal 25 Prozent besteuert werden. Aber warum genau diese 25 Prozent? 

Die 25 Prozent der Union sind aus der Luft gegriffen. Wir haben zurzeit eine durch­schnitt­liche Besteue­rung von Unter­nehmen von 28/29 Prozent – das heißt, man will den Steu­er­satz ein biss­chen senken. Auch mit der Logik, dass man im inter­na­tio­nalen Wett­be­werb nicht mehr so stark ein Hoch­steu­er­land sein will, was die Unter­neh­mens­be­steue­rung betrifft. Das wird aber auch keine Garantie dafür sein, dass Unter­nehmen mehr inves­tieren.“

Aus der Sicht­weise eines Ökonomen: Was glauben Sie, sind die wich­tigsten wirt­schafts­po­li­ti­schen Aufgaben der Zukunft? 

Das ist die 1‑Mil­lionen-Euro-Frage. Ich glaube, wir brau­chen: Erstens eine verläss­liche Bundes­re­gie­rung, die wieder Vertrauen schafft. Das heißt, die nicht ständig irgend­welche Rück­zieher macht. Wirt­schaft ist zu 80 Prozent Psycho­logie. Wenn dieses Vertrauen nicht da ist, dann werden wir keine Erho­lung haben. Zwei­tens brau­chen wir eine riesige Inves­ti­ti­ons­of­fen­sive. Und die dritte große Prio­rität wird es sein, Europa zu stärken. Wir müssen in Deutsch­land kapieren, dass uns die natio­nalen Allein­gänge schaden.“ 

Regie­rungs­bil­dung und die Zukunft der Wirt­schaft 

Das Ergebnis der Bundes­tags­wahl zeigt, dass eine Kenia-Koali­tion aus CDU, Grüne und SPD eine der Möglich­keiten wäre. Umso wich­tiger wird es in den Koali­ti­ons­ge­sprä­chen schnellst­mög­lich auf einen Nenner zu kommen, sodass Deutsch­land seinen Namen als Indus­trie­na­tion treu bleiben und stabi­li­sieren kann. Lang­wie­rige Diskus­sionen ohne Kompro­misse könnten der Bundes­re­pu­blik gerade hinsicht­lich der Export­wirt­schaft enorm schaden. Ein fehlender Regie­rungs­chef und eine hand­lungs­un­fä­hige Regie­rung würden die wirt­schaft­liche Unsi­cher­heit weiter verstärken und das Vertrauen inter­na­tio­naler Akteure schwä­chen. Daher steht die mögliche neue Koali­tion unter großem Druck, zügig trag­fä­hige Lösungen zu finden, um Deutsch­land wirt­schaft­lich auf Kurs zu halten.


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