Ein lachendes und ein weinendes Auge für das BSW“ – Knapp vor dem Einzug in den Bundestag

Datum
03. März 2025
Autor*in
Lilia Sophia Breytenbach
Redaktion
politikorange
Thema
#BTW2025
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Knapp verpasst das BSW mit 4,97 Prozent den Einzug in den Bundestag – auf der Wahl­party schwanken die Emotionen zwischen Hoff­nung und Enttäu­schung. Am Ende fehlen nur 13.400 Stimmen. Jetzt prüft die Partei recht­liche Schritte gegen das Wahl­er­gebnis. Unsere Repor­terin Lilia war am Wahl­abend auf der Party des BSW und hat sich in den Reihen der Partei umge­hört.

Bild: Jugend­presse Deutsch­land e. v. / Aušra Dilba

Hunderte Besucher*innen der BSW-Wahl­party blicken neben klobigen Kameras nervös auf den meter­langen Fern­seher, der um 18 Uhr die erste Prognose ankün­digt. Eine Frage füllt den gesamten Kosmos-Saal: Schafft das BSW noch den Einzug in den Bundestag? Auf einmal ist nicht einmal das allge­gen­wär­tige Klirren der Gläser zu hören. Das BSW hat bisher 4,7 Prozent. Das Lächeln verschwindet von den Gesich­tern der Zuschauer*innen und statt­dessen bricht laut­starkes Fluchen aus. Die Co-Vorsit­zende Amira Mohamed Ali ermu­tigt ihre Unterstützer*innen: Wir schaffen das! Wir waren bei einigen Sendern bei fünf Prozent.“ Als die nächste Hoch­rech­nung 20 Minuten später 5,0 Prozent zeigt, atmet das Publikum erleich­tert auf. Bis zum Ende der Wahl­party um 21 Uhr bleibt die Hoch­rech­nung konstant. Doch am nächsten Morgen folgt eine Über­ra­schung: Mit einem Ergebnis von 4,97 Prozent verpasst das BSW gerade die Fünf­pro­zent­hürde.

Inner­halb drei inten­siver Monate versuchte das BSW bei seiner ersten Bundes­tags­wahl neue Wähler*innen zu gewinnen. Trotz kaltem Wetter verteilten Unter­stüt­zende Mate­rial, hängten Plakate auf und führten Info­stände. Sahra Wagen­knecht, Co-Vorsit­zende des BSWs beschreibt, der verfrühte Bundes­tags­wahl­kampf hat uns natür­lich schon auf dem kalten Fuß erwischt. Wir hatten ja noch nicht mal 16 Landes­ver­bände. Wir hatten noch keine Wahl­stra­tegie, wir hatten kein Geld, wir hatten keine Struk­turen, wenig Personal.“ Trotz diesen Heraus­for­de­rungen hat sich das BSW nach einem knappen Jahr schon als bekannte Partei etabliert.

Berg- und Talfahrt

Obwohl das BSW es nicht in den Bundestag geschafft hat, ist das Ergebnis gut für eine neue Partei. Zum Vergleich hatten die Grünen bei ihrer ersten Bundes­tags­wahl drei Prozent bekommen, bevor sie in den Bundestag einge­zogen sind. Hier ist es gelungen, eine Partei neu zu gründen und inner­halb von wenigen Monaten nicht nur in Land­tage einzu­ziehen, sondern sogar in Landes­re­gie­rungen aufzu­rü­cken. Auch die 4,97%, die das BSW bei dieser Wahl bekommen hat, sind für jede neue Partei exor­bi­tant gut“ erklärt der Poli­tik­wis­sen­schaftler Michael Kolk­mann von der Martin-Luther-Univer­sität Halle-Witten­berg. Ande­rer­seits sieht sich das BSW mit bedeut­samen Verlusten konfron­tiert. Im Sommer 2024 stand das BSW immerhin in Umfragen bei neun Prozent und hatte zehn Abge­ord­nete im Bundestag. Die Schuld für die schlechten Umfra­ge­werte während des Wahl­kampfs wird bei den Umfra­ge­insti­tuten gesucht. Umfragen sollen bewusst verun­si­chern und takti­sche Spiel­chen erzeugen, ohne zu wissen, was denn in Realität passieren wird.“, behauptet Luca Saß, der Bundes­tags­kan­didat für das BSW aus Jena.

Viel fehlt nicht

Nur 13 400 Stimmen fehlten dem BSW, um in den Bundestag zu kommen. Tausende Auslands­deut­sche erhielten vermeint­lich ihre Wahl­do­ku­mente nicht recht­zeitig. Könnte das BSW also mithilfe dieser Stimmen fünf Prozent erreicht haben? Aufgrund dieser Möglich­keit prüft das BSW momentan, ob es recht­liche Schritte gibt, um das Wahl­er­gebnis anzu­fechten. Denn das Bundes­ver­fas­sungs­ge­richt könnte das Ergebnis für ungültig erklären, falls es mit den verlo­renen Stimmen anders ausge­fallen wäre. 

Forde­rung nach einem Wechsel in der Vertei­di­gungs­stra­tegie

Für 51% der Wähler*innen war das Thema Sicher­heit und Krieg am entschei­dendsten für ihre Wahl­ent­schei­dung. Das ist auch im BSW ein zentrales Thema, wie auch die Buttons der Unterstützer*innen mit pink-oran­gener Frie­dens­taube zeigen. Im Wahl­pro­gramm des BSWs steht die Begren­zung der deut­schen Betei­li­gung in außen­po­li­ti­schen Konflikten im Vorder­grund. Das stellt das BSW auf seinen Plakaten zuge­spitzt als die einfache Auswahl Krieg oder Frieden?“ dar. Auch in Bezug auf den russi­schen Angriffs­krieg gegen die Ukraine, sieht das BSW die Vertei­di­gung der Ukraine kritisch. Daher lehnt es Waffen­lie­fe­rungen an die Ukraine, sowie Sank­tionen für Russ­land ab. Ohne Frieden ist alles nichts. Und wir brau­chen eine Partei, die konse­quent ist und sich auch von mir aus gegen alle anderen Parteien stellt, die das gerade tun. Und deswegen unter­stütze ich das BSW.“, erzählt der 17-jährige BSW-Unter­stützer Mertcan Yildiz. 

Die Zukunft des BSW bleibt unge­wiss. Wagen­knecht hat bereits betont, dass eine Partei, die nicht im Bundestag vertreten ist, kaum als rele­vante Stimme wahr­ge­nommen wird. Dennoch zeigt sich das BSW trotz dieser Nieder­lage opti­mis­tisch: Das BSW ist gekommen, um zu bleiben“, verkündet Luca Saß.


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