Ist Volun­tee­ring bei der dies­jäh­rigen Fußball- EM wirk­lich ein Traumjob?

Datum
16. Juli 2024
Autor*in
Matilda Blesch
Redaktion
politikorange
Thema
#EM2024
Beitragsbild Matilda

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Bei der dies­jäh­rigen EM lassen sich klare Unter­schiede zwischen den Mitarbeiter*innen der UEFA erkennen: es gibt bezahlte Jobs, wie z.B. die Ordner*innen im Stadion und es gibt frei­wil­lige Helfer*innen, die soge­nannte Volun­teers. Ein Blick darauf, was es bedeutet als Volun­teer bei der EM 2024 dabei zu sein, welche High­lights sie erlebt haben und, welche Schat­ten­seiten es gibt, an die man zunächst gar nicht denkt.

Deutsch­land hat eines der größten Sport­er­eig­nisse der Welt ausge­richtet: die Fußball EM 2024. Und, wer schon einmal im Stadion oder beim Public Viewing war, weiß, welche wahn­sin­nigen Emotionen dort zu treffen sind. Ob vor dem Spiel, mit den eigenen Freund*innen die Start­auf­stel­lung schreien oder nach dem Spiel, in der Bahn mit den anderen Fans die Hymne des eigenen Landes singen. Fußball verbindet und beson­ders bei dieser EM spüren wir das.

Aller­dings gibt es Menschen, ohne die das alles nicht möglich wäre und denen wir viel zu wenig Aufmerk­sam­keit schenken: die Volun­teers. Die Menschen in den grünen Shirts sollen durch ihre freund­liche und hilfs­be­reite Art zu einer ange­nehmen Atmo­sphäre beitragen und durch ihre Inter­ak­tion, mit inter­na­tio­nalen Gästen, sollen sie einen kultu­rellen Austausch fördern. Zudem sollen sie das Gefühl der Gemein­schaft stärken, weil wir zu ihnen schnell eine emotio­nale Verbin­dung aufbauen können.

To start: allge­meine Infos

Insge­samt gibt die UEFA an, dass sich 146.000 Menschen auf Volun­teer Jobs beworben haben und es wurden 16.000 Volun­teers ange­nommen. Es gibt mehr als 25 verschie­dene Bereiche, für die sich die Menschen bewerben konnten. Eines der bekann­testen Bereiche ist hierbei wahr­schein­lich die Fanzone, bei der die Volun­teers die Gäste zum Beispiel will­kommen heißen oder ihnen bei Fragen zur Verfü­gung stehen. Aller­dings gibt es auch Ausschrei­bungen an die man zunächst gar nicht denkt, wie den Bereich des Anti Doping Teams. Die Volun­teers führen hier bei UEFA-Wett­be­werben umfas­sende Doping­kon­trollen durch. Durch dieses Team soll ein doping­freies Turnier sicher­ge­stellt werden. Zudem gibt es Bereiche, in denen die Volun­teers bezahlt werden beispiels­weise, wenn sie die Schiedsrichter*innen von Ort zu Ort fahren.

Welche High­lights erleben die Volun­teers?

Ich habe mit Joel Marques Pereira gespro­chen. Der 23-Jährige ist Sport­stu­dent aus Dort­mund und hat während der EM in einer Fan Zone gear­beitet. Ich wollte von ihm wissen, was sein persön­li­ches High­light als Volun­teer war. Er hat von dem Spiel Deutsch­land gegen Ungarn erzählt. Bei strah­lendem Sonnen­schein und einem picke packe vollen West­fa­len­park durfte er als Volun­teer arbeiten. Auch in einem Artikel des bayri­schen Rundfunks24 schil­dert Volun­teer Laura Einer­seits kann man Teil von etwas großem sein, wo man sonst viel­leicht nicht so den Einblick hat. Ande­rer­seits geht es hier um Gemein­schaft. Der Zusam­men­halt ist einzig­artig. ’’. Im Internet gibt es zahl­reiche Videos von Menschen aus Fanzones, die ihre Mann­schaft zusammen anfeuern oder sich gegen­seitig trösten, wenn ihr Team knapp ausscheidet. Die Volun­teers sind hautnah mit an dem Fange­schehen und nach dem, was Laura und Joel beschrieben haben, klingt es nach einem abso­luten Traumjob.

Aber gibt es wirk­lich keine Schat­ten­seiten, wenn man als Volun­teer tätig ist? 

Zunächst wirbt die UEFA auf ihrer Website mit tollen Bene­fits, wie zum Beispiel, dass alle Volun­teers freies Essen und Trinken bekommen. In den letzten Wochen wurden immer wieder Artikel veröf­fent­licht, in denen dies kriti­siert wurde. So schrieb beispiels­weise Tag24 darüber So habe es für jeden Volun­teer pro Einsatz nur ein Soft­drink zur Verpfle­gung vorge­sehen“. Joel schil­derte, dass die Verpfle­gung vor Ort einwand­frei gewesen sei. In Dort­mund gab es eine Fanzone am Frie­dens­platz, der direkt neben dem Rathaus liegt. Laut Joel soll es in dem Rathaus immer kaltes oder warmes Essen sowie Getränke gegeben haben. Aber auch an der Fanzone im Dort­munder West­fa­len­park gebe es ein Mitarbeiter*innenzelt, in dem Essen und Trinken immer zur Verfü­gung gestanden haben soll. Bei der Fanzone am Bran­den­burger Tor habe ich mit Kim gespro­chen, die auch Volun­teer ist. Sie schil­dert weitere Probleme Wenn der Abend später wird, ihre Mann­schaft viel­leicht kurz vorm Verlieren ist und der Alkohol schon ein biss­chen im Körper drinnen ist, dann kann es auch schonmal sein, dass die Fans einen anme­ckern, als ob du irgendwas könn­test für die Wetter­be­din­gungen oder für die Absper­rungen’’. Der außer­ge­wöhn­liche und beson­dere Jobs eines Volun­teers wird dann auf einmal zu einer echten mentalen Heraus­for­de­rung. Kim möchte zudem auf ein weiteres Problem aufmerksam machen Wenn man in einer Groß­stadt wie Berlin ist, muss man auch damit rechnen, dass man durch die ganze Nacht noch fahren muss und das ist was, was man sich viel­leicht auch nicht gerne vorstellen möchte, als Frau’’. Eine Umfrage des SWR-Inves­ti­ga­tiv­for­mats VOLL­BILD liefert neue Zahlen zu sexu­ellen Über­griffen im Stadion. Mehr als 25.000 Menschen nahmen an der Umfrage teil, die auf den Social Media Kanälen der ARD-Sport­schau und von SWR-Sport geteilt wurden. Das Ergebnis: fast jede vierte Frau gab an, mindes­tens einmal einen sexua­li­sierten Über­griff im Stadion erlebt zu haben. Sexu­elle Über­griffe passieren in der Kurve, vor dem Spiel und auch auf den Heim­wegen. Wenn die Volun­teers dann noch in einer Stadt einge­setzt werden, die ihnen selbst fremd ist, kann der Heimweg eine echte Heraus­for­de­rung werden. Zusam­men­fas­send lässt sich also schließen, dass die UEFA hier Konzepte erstellen sollte, sodass jeder Volun­teer einen sicheren Heimweg hat.

Wenn die Vorteile für dich über­wiegen, bei der nächsten sport­li­chen Groß­ver­an­stal­tung als Volun­teer zu arbeiten, dann sind hier ein paar Tipps:

Wenn man von der posi­tiven Atmo­sphäre und den einzig­ar­tigen Geschichten der Volun­teers hört, dann möchten man bei der nächsten EM oder WM glatt auch selbst als Volun­teer arbeiten. Gibt es dort Tipps, die man beachten sollte? Joel hat defi­nitiv den Tipp, dass man sich bewusst machen sollte, in welchem Bereich man einge­setzt werden möchte. Er selbst erzählt von tollen Erleb­nissen aus der Fanzone und sein Freund von Gänse­haut Momenten aus dem Stadion, in welche er als Teil des Cere­monie Bereichs Einblick hatte. In diesem Bereich sind die Volun­teers Teil der choreo­gra­fi­schen Zere­monie im Stadion. Zudem betont er, dass man es nur machen sollte, wenn man keinen langen Anrei­seweg hat. Auch Kim aus Berlin hat hier noch einen Tipp Man muss viel Zeit mitbringen, denn manchmal wird man nicht so einge­teilt, wie man das gerne hätte’’.

Und nun? Ist Volun­tee­ring ein Traumjob

Ob Volun­tee­ring ein Traumjob ist, kann nur jede*r für sich selbst entscheiden. Auf der einen Seite werden einem Momente geschenkt, die das Fußball­herz höher schlagen lassen. Auf der anderen Seite muss man aller­dings auch kritisch an die Schat­ten­seiten denken. Volun­teers sind immer da: wenn wir in die Fanzone gehen, kontrol­lieren sie uns und versu­chen somit, ein Spiel ohne Gefahr zu gewähr­leisten. Sie helfen uns bei Fragen in der Fanzone. Sie stehen an der U‑Bahn und achten darauf, dass alles reibungslos abläuft. Sie machen viele unver­gess­liche Fußball­abende möglich und daher haben sie unsere volle Dank­bar­keit und Respekt verdient. Ohne sie wäre bei der dies­jäh­rigen EM vieles nicht möglich gewesen.


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