Hamburg und die CDU – Zwischen Protest, Vanda­lismus und Enttäu­schung 

Datum
21. Februar 2025
Autor*in
Paul Frigger
Redaktion
politikorange
Thema
#BTW2025
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Nach der Bundes­tags­ab­stim­mung mit der AfD erlebt die CDU in Hamburg heftigen Gegen­wind. Wahl­pla­kate werden besprüht, Partei­ge­bäude beschä­digt, Info­stände abge­sagt. Woher kommt die Wut? Und was bedeutet das für die poli­ti­sche Land­schaft der Stadt und Deutsch­lands? 

Nach der Bundes­tags­ab­stim­mung mit der AfD erlebt die CDU in Hamburg heftigen Gegen­wind. Wahl­pla­kate werden besprüht, Partei­ge­bäude beschä­digt, Info­stände abge­sagt. Woher kommt die Wut? Und was bedeutet das für die poli­ti­sche Land­schaft der Stadt und Deutsch­lands? 

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Bild: Die CDU-Landes­zen­trale in Hamburg.
© Paul Frigger/​Jugendpresse Deutsch­land e.V.

In dem eher ruhi­geren Hamburger Stadt­teil Winter­hude konnte man die CDU-Landes­zen­trale von den umher­ste­henden Villen vor allem durch die hell­blauen Partei­banner und ‑Plakate unter­scheiden. Seit Ende Januar zieren jedoch teller­große Farb­k­l­ekse die sonst so makellos erschei­nende Villa – die Folgen eines Farb­an­schlags. Das Trans­pa­rent, welches im Zuge dessen vor dem Eingang ange­bracht war, ist inzwi­schen abge­nommen worden. Hier sitzen die Straf­täter – CDU raus“ konnte man darauf lesen. Doch nicht nur hier wird der Hass, den sich die Partei zurzeit in Hamburg ausge­setzt sieht, deut­lich. Auch in den umlie­genden Stadt­teilen wurden Wahl­pla­kate besprüht, CDU-Kandidat*innen als Nazi“, Verräter“, Nazi-Helfer“ beti­telt. 

Nun ist die CDU nicht allei­niges Opfer von Vanda­lismus. So finden sich in Hamburg auch immer wieder herun­ter­ge­ris­sene Plakate der Grünen oder mit Graf­fiti besprühte SPD-Plakate. Die meist sauberen FDP-Plakate erwe­cken da schon den Anschein von bestra­fender Gleich­gül­tig­keit. Dennoch scheint sich die Wut und Enttäu­schung auf die CDU, nach der Abstim­mung mit der AfD im Bundestag, über Nacht schlag­artig entladen zu haben. Die CDU und die AfD sind in Hamburg für viele mitt­ler­weile Synonyme geworden. 

Auch in Bremen und Hannover wurden CDU-Gebäude beschmiert und Sach­be­schä­di­gungen begangen. Aus Sicher­heits­gründen hat die CDU Info­stände in Teilen Hamburgs ausge­setzt. Der CDU-Spit­zen­kan­didat für die Hamburger Bürger­schafts­wahl, Dennis Thering, machte vor allem SPD und Grüne dafür verant­wort­lich und warf ihnen verbale Eska­la­tionen“ vor. 

Die CDU steht hier, wie in anderen Städten, mit einer histo­risch linken poli­ti­schen Kultur auch und vor allem seit dem Fall der Brand­mauer, für den Rechts­ruck in Deutsch­land. Diese Stim­mung wurde auch bei den bundes­weiten Demons­tra­tionen deut­lich. In Hamburg kamen fast 100.000 Leute zusammen. Gegen die AfD, aber auch gegen Fried­rich Merz und die CDU wurde demons­triert. 

Program­ma­tisch scheinen sich die Parteien beim Thema Migra­tion jeden­falls wenig zu unter­scheiden. Wie der Amnesty Inter­na­tional Deutsch­land-Vergleich der Wahl­pro­gramme von AfD und Union zum Thema Migra­tion ergab, sind die Programme der Parteien in 9 von 15 Punkten fast iden­tisch. Eine Mehr­heit der Bevöl­ke­rung befür­wortet eine Verschär­fung der Migra­ti­ons­po­litik, wie unter­schied­liche reprä­sen­ta­tive Umfragen zeigen und die auf einem hohen Niveau stagnie­renden Umfra­ge­werte von Union und AfD unter­mauern. Bleibt die Ableh­nung, welche die CDU in Hamburg erfährt, eher eine Rand­er­schei­nung in einer Gesell­schaft, die insge­samt mehr nach Rechts gerückt ist? 

Zurück in Hamburg Winter­hude. Ein Mann steht vor der CDU-Landes­zen­trale und macht Fotos von der beschmierten Fassade, danach lädt er Kartons in sein Auto. Er ist Wahl­kampf­helfer der SPD und holt Wahl­kampf­ma­te­ria­lien ab, welche die CDU netter­weise für ihn ange­nommen hat. Der 32-Jährige ist schon seit 10 Jahren SPD-Mitglied. Die Kritik an der CDU, Fried­rich Merz und der Abstim­mung mit der AfD sehe er als gerecht­fer­tigt an. Dennoch mahnt er, im Diskurs gemä­ßigter zu sein und die CDU nicht gleich als Nazis und Faschisten zu bezeichnen.“ Für ihn betreffen Farb­an­schläge und die Beschmut­zung von Wahl­pla­katen alle Parteien. Sachen zu beschmieren, kaputt zu machen ist unde­mo­kra­tisch und finde ich falsch“. Daran sehe man, wie vergiftet und rau der aktu­elle Diskurs sei. 

Etwa zwei Wochen nach der Abstim­mung der CDU im Bundestag gibt es wieder eine Demo vor dem Hamburger Rathaus. Fridays for Future hat zum Klima­streik einge­laden. Auch hier finden sich viele Plakate gegen die AfD – und die CDU. Auf einem Lasten­fahrrad thront ein kleines Schild mit der Aufschrift Merz ist ekel­hAfD“. Andrea* steht mit Helm dahinter und lässt das Schild von Mitdemonstrant*innen foto­gra­fieren. Andrea ist 55, selb­ständig und habe noch nie die CDU gewählt. Sie finde es in Ordnung, die CDU auf eine Ebene mit der AfD zu stellen. Wer mit Nazis zusammen arbeite, sei selbst ein Nazi. 
 
Damit meine sie nicht die ganze Partei, sie könne Menschen wie Fried­rich Merz nicht mit Hendrik Wüst verglei­chen. Jedoch sei sie enttäuscht von der fehlenden Kritik inner­halb der Partei. Der Vanda­lismus gegen­über der CDU habe für sie nichts mit der Spal­tung der Gesell­schaft zu tun. Wir Linken sind nicht gewalt­tätig. Ich bin inner­lich gewalt­tätig – wütend. Ich bin super wütend.“ 

Die Demons­tra­tion in Hamburg passiert die Kenne­dy­brücke. Hier, sagt Andrea, habe die CDU immer wieder Plakate neu bekleben müssen. Sie lacht und zeigt ein Foto. Zu sehen ist ein Groß­plakat von Fried­rich Merz. Seine Augen, mit roten Stickern versehen. Weiter unten klebt mittig über seinen Lippen ein großer, recht­eckiger Sticker. 

Bild: CDU-Wahl­plakat an der Kenne­dy­brücke
© Paul Frigger/​Jugendpresse Deutsch­land e.V.

*Name geän­dert


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