Finden junge Menschen in der Bundes­po­litik ange­messen statt, Timon Dzienus? 

Datum
21. Februar 2025
Autor*in
Jennifer Kramer
Redaktion
politikorange
Themen
#Interview #BTW2025
Dzienus_Jennifer-Kramer-640x480

Dzienus_Jennifer-Kramer-640x480

Jung, poli­tisch, einfluss­reich? Wie kann sich die poli­ti­sierte Jugend orga­ni­sieren? Darüber haben wir mit Timon Dzienus gespro­chen.

Jung, poli­tisch, einfluss­reich? Wie kann sich die poli­ti­sierte Jugend orga­ni­sieren? Darüber haben wir mit Timon Dzienus gespro­chen, der sich nicht nur seit seinem 13. Lebens­jahr poli­tisch betä­tigt, sondern auch schon Spre­cher der Grünen Jugend war und Einblicke die dritt­größte Jugend­par­tei­or­ga­ni­sa­tion in Deutsch­land bieten kann. 

Dzienus_Jennifer Kramer

Bild­un­ter­schrift: Timon Dzienus bei einer Rede auf dem bundes­weiten Akti­onstag der Omas gegen Rechts in Hannover. © Jennifer Kramer / Jugend­presse Deutsch­land e.V.

Durch die vorge­zo­gene Bundes­tags­wahl ist es ein stres­siger und kurzer Wahl­kampf. Auch Timon Dzienus eilt, bezie­hungs­weise radelt, aktuell von Termin zu Termin. Genauso findet sein Inter­view mit Politik.orange statt. Weil sein vorhe­riger Termin länger gedauert hat, nimmt er an unserer Video­kon­fe­renz von unter­wegs teil – das Fahrrad schiebt er dafür durch die Innen­stadt Hanno­vers. 

Timon Dzienus ist 28 Jahre alt und Direkt­kan­didat für die Partei Bündnis 90/​Die Grünen im Wahl­kreis Hannover 1 und obwohl er noch nicht mal 30 ist, ist er bereits seit 15 Jahren in der Politik aktiv. Mit drei­zehn fing er an sich bei der Grünen Jugend und im Landes­schü­lerrat zu enga­gieren, bis 2023 war er Bundes­spre­cher der Grünen Jugend. Bundes­weit fiel er bereits mit seinem Einsatz für Lützerath auf, oder als er den ehema­ligen Grünen-Poli­tiker Boris Palmer als rassis­ti­schen Kotz­bro­cken“ bezeich­nete. Jennifer Kramer von politik.orange hat mit Timon Dzienus über die Jugend in der Politik gespro­chen. Sowohl wie junge Menschen in die poli­ti­sche Land­schaft in Deutsch­land einge­bunden sind, als auch wie ernst sie und ihre Themen genommen werden. 

Mit 13 Jahren in die Politik zu gehen ist sehr früh. Wie hast du dich poli­ti­siert? 

Ich komm selber aus einem Arbeiter-Eltern­haus und hab dadurch glaub ich sehr früh einfach so ein diffuses Gefühl von Unge­rech­tig­keit gehabt. Deshalb hab ich mich dann damals poli­tisch enga­giert, als es dann eine schwarz-gelbe Bundes­re­gie­rung gab. 

Wie kommt man als junger Mensch dazu in die Politik zu gehen? 

Ich hatte kein poli­ti­sches Umfeld, kein poli­ti­sches Eltern­haus. Ich habe mich viel für Nach­richten inter­es­siert und für das, was so in der Welt passiert, und hatte immer das Gefühl, dass da halt ganz schön viele schlechte Sachen in der Welt passieren. Dann habe ich mir einfach mal die Grüne Jugend vor Ort ange­guckt. 2009 war das. 

Würdest du sagen, dass Jugend­or­ga­ni­sa­tionen von Parteien nied­rig­schwel­lige Zugangs­mög­lich­keiten in die Politik bieten? 

Ja total. Ich würde sagen, die sind auch einfach viel besser geworden darin und vor allem auch deut­lich besser als die Mutter­par­teien. Bei uns kann man auch einfach hinkommen und mitma­chen. Da geht es dann auch nicht so viel um lang­wei­lige Sitzungs­ab­läufe, sondern auch um Bildungs­ar­beit, kriti­sches Hinter­fragen und eine eigene Perspek­tive zu entwi­ckeln. 

Ich bin froh, irgend­wann einfach zur Grünen Jugend gegangen zu sein und kann es auch allen anderen jungen Menschen, die darüber nach­denken, nur raten, das einfach mal auszu­pro­bieren. Einfach mal hingehen, einfach mal angu­cken, einfach mal mitma­chen. 

Das heißt, du würdest sagen, Jugend­par­tei­or­ga­ni­sa­tionen sind auch ganz wichtig, um junge Menschen für die Politik gene­rell und später auch für die Mutter­par­teien zu gewinnen? 

Ja, schon. Aber ich würde auch nicht sagen, dass das ein reiner Selbst­zweck ist. Wir sind schon ein eigen­stän­diger, kriti­scher, poli­ti­scher Akteur und haben uns deswegen schon auch immer ernst genommen mit den Dingen, die wir machen. 

Das merkt man der Grünen Jugend an. Würdest du sagen, dass sich die Grüne Jugend zu oft gegen die Mutter­partei stellt? 

Es ist halt manchmal notwendig, dass man versucht, sich nicht nur in so einem Regie­rungs­alltag mit dem vermeint­lich Mach­baren abzu­finden, sondern das einfor­dert, was wirk­lich notwendig ist. Deswegen braucht es kriti­sche Stimmen in der Partei oder von einem Jugend­ver­band, die genau das sehr selbst­be­wusst tun. Und die Grüne Jugend hat in den letzten Jahren bewiesen, dass wir ein ziem­lich rele­vanter Macht­faktor sein können. Wir stellen einen rele­vanten Anteil der Bundes­tags­frak­tion. Die letzten Partei­vor­sit­zenden kamen aus der Grünen Jugend: Ricarda Lang und Felix Banaszak zum Beispiel. 

Aus Protest gegen die Politik der Grünen in der Ampel ist im November der gesamte Bundes­vor­stand der Grünen Jugend zurück­ge­treten. Fandest du das eine sinn­volle Aktion? 

Also ich habe ihren ganzen Frust verstanden, weil die Grünen mit wahn­sinnig vielen Vorhaben und einer gewissen Euphorie in diese neue Regie­rung gestartet sind und dann insbe­son­dere von der FDP wahn­sinnig oft ausge­bremst wurden. 

Aber ich fand den Weg, den man da gegangen ist, falsch. Es war irgendwo eine weitere linke Zerrüt­tung und das macht mir manchmal Sorgen. Wir haben ja schon ganz viele kleine progres­sive Parteien: Klima­liste, Tier­schutz­partei, Volt, Piraten und wie sie alle heißen. Und ich glaube, wir müssen eigent­lich als junge Progres­sive zusam­men­stehen und uns besser zusam­men­schließen. 

Geht damit auch ein Vertrau­ens­ver­lust gegen­über der Grünen Jugend einher? 

Das glaub ich gar nicht. Das zeigt eher, dass wir Haltung haben und prin­zi­pi­en­treu sind. 

Zuletzt hatte die Grüne Jugend Habecks 10 Punkte Plan kriti­siert. Teilst du das? 

Ja, ich fand das cool, dass die Grüne Jugend einen konkreten Vorschlag macht zu einer aktu­ellen Debatte. Weil ich oft das Gefühl habe, dass die Migra­ti­ons­de­batte gerade falsche Dinge in den Mittel­punkt setzt und sich von rechten Narra­tiven leiten lässt. 

Wir haben aber auch schon früher konkrete Vorschläge gemacht, indem wir etwa eigene Papiere vorge­stellt haben, wie das 9€ Ticket dauer­haft finan­zierbar wäre. 

Aber werden diese Vorschläge auch ernst genommen? 

Ich glaube, sie sollten manchmal noch ein biss­chen ernster genommen werden. Denn auch die Grünen haben allmäh­lich Schwie­rig­keiten bei jungen Menschen beliebt zu bleiben. Die Links­partei zum Beispiel kommu­ni­ziert da einiges besser. Ich glaube da sollte man noch stärker auf die Jugend setzen. Auch inhalt­lich, auch in dieses Wahl­pro­gramm haben es ein paar unserer Punkte geschafft. Aber ich glaube, es sollte manchmal noch mehr sein. 

Und finden junge Menschen und ihre Themen in der Bundes­po­litik gene­rell genug Beach­tung? 

Ich glaube nicht, dass die aktu­elle Konflikt­linie zwischen Jung und Alt verläuft, sondern zwischen arm und reich. Nichts­des­to­trotz habe ich schon das Gefühl, dass die junge Gene­ra­tion es in den letzten Jahren einfach verdammt hart hatte und die Themen und die Perspek­tiven von jungen Menschen zu wenig Berück­sich­ti­gung fanden. Junge Menschen haben in den letzten Jahren viel durch machen müssen. Sei es Corona, stei­gende psychi­sche Probleme oder stei­gende Preise. Da ist es dann einfach nur zynisch, wenn die SPD über­legt, noch ein verpflich­tendes frei­wil­liges Jahr für junge Menschen einzu­führen. 

Der Dialog zwischen jungen Menschen und Politik ist also einge­schlafen? 

Ja schon. Aber dafür nehme ich auch wahr, dass sich junge Menschen zuneh­mend poli­tisch enga­gieren. 

Hast du nicht das Gefühl, dass junge Menschen poli­tisch frus­triert sind? 

Ich glaube eher, dass viele eine Jetzt-erst-recht-Haltung entwi­ckelt haben. Man muss sich gerade anschauen bei den ganzen Demos sind sehr viele junge Menschen. Das ist ja einfach eine wahn­sinnig poli­ti­sche Jugend­be­we­gung, die wir jetzt seit Jahren erleben. 


Empfohlene Beiträge

Werde Teil unserer Community

Entdecke spannende Geschichten, vernetze dich mit anderen jungen Journalist:innen und gestalte die Medienlandschaft von morgen mit. Melde dich jetzt an und bleibe immer auf dem neuesten Stand.

Wehrpflicht Redaktion Gruppenbild