Ein unend­li­ches Wachstum kann nicht nach­haltig sein“

Datum
08. September 2015
Autor*in
Albert Wenzel
Redaktion
politikorange
Thema
#ZukunftsTour 2016
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Bald ist wieder Klima­kon­fe­renz: Die Politiker*innen fahren die Nach­hal­tig­keits­de­batten wieder an – Ausgang offen. Doch getreu dem Credo der Zukunfts­Tour Eine Welt – unsere Verant­wor­tung“ sprach Albert Wenzel mit der Refe­rentin des Vereins Agrar­ko­or­di­na­tion, Susanne Nichell, unter anderem darüber, dass China einen viel klei­neren ökolo­gi­schen Fußab­druck hinter­lässt als die USA.

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Schwellenländer haben einen deutlich kleineren ökologischen Fußabdruck - von Klimapolitiker*innen werden sie trotzdem heftig kritisiert. (Foto: Albert Wenzel)

Zur Person: Susanne Nichell ist studierte evan­ge­li­sche Theo­login, arbeitet als frei­be­ruf­liche Refe­rentin und beschäf­tigt sich im Verein Argar­ko­or­di­na­tion und FIA e.V.‘ mit dem ökol­gi­schen Fußab­druck. Der Verein enga­giert sich für eine gerechte und nach­hal­tige Nutzung von land­wirt­schaft­li­chen Ressourcen.

Welche Möglich­keiten bietet der ökolo­gi­sche Fußab­druck?

Dadurch, dass jeder Einzelne seinen ökolo­gi­schen Fußab­druck berechnen kann, bietet sich die Möglich­keit heraus­zu­finden, in welchen Berei­chen, z.B. im Verkehr, man beson­ders viele Ressourcen verbraucht. Dann kann man genau sehen, wo Verän­de­rungs­po­ten­zial ist.

Und was soll damit erreicht werden?

Ziel für mich ist, dass der ökolo­gi­sche Fußab­druck irgend­wann überall und bei jedem so groß ist, dass allen dieselbe Anzahl an Ressourcen zur Verfü­gung steht, sie also gerecht aufge­teilt sind.

Eine schein­bare Ausgleichs­mög­lich­keit einer unge­rechten Vertei­lung gibt es doch schon: die soge­nannte Klima­kom­pen­sa­tion. Damit kann in der Theorie jede*r, z.B. nach der Buchung eines klima­schäd­li­chen Produkts wie einem Flug, mit kleinen Geld­be­trägen, die Klima­be­las­tung ausglei­chen. Was hältst Du davon?

Ich persön­lich halte das für schwierig. Es ist zu einfach, einen Button im Internet zu klicken und dann ist die Klima­be­las­tung egal. Man muss seinen Lebens­stil nach­haltig verän­dern und zum Beispiel Flug­reisen komplett in Frage stellen. Derar­tige Klima­kom­pen­sa­tionen verhin­dern ja gerade, dass wir an unserem Konsum­ver­halten lang­fristig etwas ändern, was aber unbe­dingt notwendig ist.

In den aktu­ellen Klima­dis­kus­sionen werden oft Schwel­len­länder wie China für ihre enorme Umwelt­ver­schmut­zung kriti­siert. Was sagt der ökolo­gi­sche Fußab­druck dieser Länder?

Der Fußab­druck von China ist deut­lich kleiner als der der USA, obwohl in China 1,3 Milli­arden Menschen leben. Wir werden diesen Ländern ihre Entwick­lung auch nicht verbieten können. Auch, wenn ich aus meiner Perspek­tive diese Entwick­lung für nicht erstre­bens­wert halte. Die Fokus­sie­rung unserer Gesell­schaft auf Geld und Wirt­schafts­wachstum kann meines Erach­tens nicht zu einem nach­hal­tigen Lebens­stil führen, denn ein unend­li­ches Wirt­schafts­wachstum kann nicht nach­haltig sein.

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Susanne Nichell findet unser Wirtschaftsmodell gar nicht so erstrebenswert. (Foto: Albert Wenzel)

Der ökolo­gi­sche Fußab­druck wird oft dafür kriti­siert, dass er sehr verein­fa­chend ist. Was kann der ökolo­gi­sche Fußab­druck und was nicht?

Er kann zunächst aufzeigen, dass wir zu viel konsu­mieren. In detail­lier­teren Aufstel­lungen bietet er die Möglich­keit Ressour­cen­fresser zu iden­ti­fi­zieren und erklärt, wie man sie abstellen kann. Aber er bleibt eine Moti­va­ti­ons­hilfe. Was man damit macht, muss letzt­lich jeder für sich klären. Er über­nimmt keine Verant­wor­tung.

Die meisten haben es zwar schon einmal gehört, aber nochmal für alle: Was ist der ökolo­gi­sche Fußab­druck?

Der ökolo­gi­sche Fußab­druck ist die Maßein­heit, mit der die Fläche berechnet wird, von allen Ressourcen, die der Mensch verbraucht. Und auch derje­nigen Fläche, die man braucht, um die Abfall­pro­dukte wieder abzu­bauen. Das ganze wird in soge­nannten globalen Hektar (gha) ange­geben.

Was genau ist der globale Hektar?

Das ist eine Einheit, die genau für den ökolo­gi­schen Fußab­druck erdacht wurde. Da man ja die Ressourcen nicht nur in seinem Herkunfts­land verbraucht, muss die Fläche überall auf der Welt einbe­zogen werden. Da die Böden ja nicht alle die gleiche Produk­ti­vität haben, ist das im Prinzip ein Durch­schnitts­wert und die Gesamt­zahl verfüg­barer globaler Hektar auf der Erde gar nicht der tatsäch­li­chen Land­fläche der Erde. Deshalb spricht man vom globalen Hektar.

Und wie sieht es bei dir aus?

Ich habe gerade gestern noch gemessen (lacht). Ich dachte, ich bin schon ganz gut, aber mit 2,7gha bin ich noch deut­lich über dem für eine nach­hal­tige Wirt­schaft ange­strebten Wert von 1,9gha. Mein Problem besteht genau im deut­schen Sockel­be­trag. Durch die Infra­struktur, die wir in Deutsch­land haben, bekommt jeder Deut­sche in seinem Fußab­druck, egal, was er macht, 0,8gha oben drauf.

Und neugierig, wie es bei Dir aussieht? Deinen ökolo­gi­schen Fußab­druck kannst Du hier berechnen.


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