Ein Ohr für die Jugend

Datum
29. März 2017
Autor*in
Dominik Glandorf
Redaktion
politikorange
Thema
#djht17
Kleindiek

Kleindiek

Junge Menschen sind poli­ti­scher, als die meisten denken. Was sie wollen und wie sie dafür kämpfen, haben einige von ihnen auf dem 16. Deut­schen Kinder- und Jugend­hil­fetag dem Bundes­mi­nis­te­rium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vorge­tragen. Dominik Glan­dorf von poli­ti­ko­range war für euch dabei.

Auf dem 15. Deutschen Kinder- und Jugendhilfetag spricht Staatsekretär Dr. Rolf Kleindiek vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend über politisches Engagement von jungen Menschen.

Dr. Ralf Kleindiek vom Familienministerium steht politisch engagierten jungen Menschen Rede und Antwort. Foto: Anna Rakhmanko.

Düssel­dorf, Messe­halle 3. Die ersten Besu­cher und Besu­che­rinnen des 16. Deut­schen Kinder- und Jugend­hil­fetages schlen­dern durch die Gänge. Kinder und Jugend­liche – um die es hier ja geht – sieht man kaum. Am Stand der Koor­di­nie­rungs­stelle Handeln für eine jugend­ge­rechte Gesell­schaft“ vom Bundes­mi­nis­te­rium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend warten jedoch vier junge Menschen auf ihren Auftritt. Hanna-Maria Paul, Lukas Nusser, Natalie Schoch und Sven Golowin werden gleich stell­ver­tre­tend für ihre Gene­ra­tion ihre poli­ti­sche Anliegen vortragen. Eigent­lich sollte Bundes­mi­nis­terin Manuela Schwesig Rede und Antwort stehen. Sie wird vom Staats­se­kretär Dr. Rolf Klein­diek vertreten. Nachdem dieser mit ein wenig Verspä­tung an den Stand kommt, plat­zieren sich die Jugend­li­chen und Mode­ra­torin Marie Illner – mit 22 Jahren selbst Teil der jungen Gene­ra­tion – an einem langen Tisch mit vier Mikro­fonen. Während­dessen bildet sich vor ihnen eine Traube von Inter­es­sierten. Auch sie möchten heraus­finden, was die Jugend von heute beschäf­tigt.

Poli­ti­sches Enga­ge­ment hat viele Formen

Aufge­regt seien die vier Jugend­li­chen im Alter von 16 bis 27 nicht. Lukas fühlt sich gut vorbe­reitet“. Zunächst stellen sie sich und vor allem ihr poli­ti­sches Enga­ge­ment vor. Gemeinsam mit 56 anderen Jugend­li­chen haben sie im September 2016 auf der Jugend­kon­fe­renz zur Jugend­stra­tegie Handeln für eine gerechte Gesell­schaft“ disku­tiert. Mit ihrem Enga­ge­ment in verschie­denen Berei­chen bestä­tigen sie den Eindruck von Herrn Klein­diek, dass sich die Jugend entgegen dem öffent­li­chen Bild sehr wohl für Politik inter­es­siert und etwas verän­dern möchte. Lukas, 16, ist Teil des struk­tu­rierten Dialogs der EU. Im Rahmen dessen werden Jugend­liche zu Themen der euro­päi­schen Politik befragt und in die Entschei­dungen mitein­be­zogen. Lukas leitet Work­shops, durch die andere Jugend­liche am struk­tu­rierten Dialog teil­nehmen können. Seine Mitschüler und Mitschü­le­rinnen schätzen sein Enga­ge­ment, von seinen Lehrern und Lehre­rinnen fordert er jedoch mehr Akzep­tanz für die Frei­räume, die seine frei­wil­ligen Bemü­hungen erfor­dern. Der Staats­se­kretär attes­tiert den Lehr­kräften eine gewisse Kurz­sich­tig­keit. Allge­mein kommt den vier Jugend­li­chen Politik in der Schule zu kurz. Klein­diek sieht dies eben­falls proble­ma­tisch und mahnt: Demo­kratie wird nicht vererbt, sondern muss gelernt werden.“

In 16 Modell­kom­munen fördert das Fami­li­en­mi­nis­te­rium verschie­dene Projekte zur poli­ti­schen Teil­habe junger Menschen. Eines der Projekte ist der Jugend-Demo­grafie-Dialog, für den sich Abitu­ri­entin Hanna, 19, im Fries­land enga­giert. Dort wird parallel zur Bundes­tags­wahl jetzt sogar ein Jugend­par­la­ment gewählt, das sich den glei­chen Themen wie die Erwach­senen annimmt. Dazu zählen die Unter­stüt­zung von Geflüch­teten beim Sprach­er­werb, kultu­reller Austausch sowie die jugend­ge­rechte Verän­de­rung des Stadt­bildes, berichtet Hanna. Zur Reali­sie­rung von Projekten wird das Jugend­par­la­ment einen Etat von 50.000 Euro erhalten. Hannas Forde­rung nach mehr Begeg­nungs­mög­lich­keiten mit Geflüch­teten und einer besseren kultu­rellen Aufklä­rung unter­stützt auch Klein­diek.

So viele Themen wie Jugend­liche

Sven und Natalie liegt ein weiteres Thema am Herzen. Sie beschäf­tigen sich vor allem mit der fort­schrei­tenden Digi­ta­li­sie­rung. Natalie sieht das Smart­phone nicht als Übel, sondern als Infor­ma­ti­ons­me­dium und wünscht sich poli­ti­sche Meinungs­um­fragen in digi­taler Form: So kann man viele Jugend­liche einfach errei­chen.“ Klein­diek begrüßt den tech­ni­schen Fort­schritt, mahnt aber an, dass die fort­schrei­tende Digi­ta­li­sie­rung die soziale Kluft in unserer Gesell­schaft vergrö­ßere. Der verant­wor­tungs­volle Umgang mit Smart­phones werde nicht jedem Kind beigebracht.

Alle Jugend­li­chen befinden sich vor, im oder kurz nach dem Über­gang von der Schule in die Ausbil­dung bzw. in das Studium. Sven, der bereits in der Jugend­hilfe arbeitet, kriti­siert, dass er sich bei seinem Über­gang mehr Unter­stüt­zung gewünscht hätte. Man war froh, eine Ausbil­dung zu bekommen“, beschreibt er die dama­lige Lage in seinem Umfeld. Der Staats­se­kretär weiß, dass Berufs­be­ra­tung nicht immer ziel­füh­rend ist und wünscht sich mehr Orien­tie­rungs­hilfen.

Lukas kommt aus Furt­wangen im Schwarz­wald, wo keine 10.000 Menschen leben. Er weiß genau, wie abhängig junge Menschen von ange­mes­sener Infra­struktur sind. Auch dem Staats­se­kretär liegt die Mobi­lität junger Leute im länd­li­chen Raum am Herzen: Jede Kommune, die daran inter­es­siert ist, ihre jungen Leute zu behalten, muss dafür sorgen, dass nicht nur Ältere mobil sind, sondern dass auch abends ein Bus für die jungen Leute fährt.“

Fazit: Konstruktiv, aber mit geringen Abstri­chen

Am Ende des Gesprächs zeigen sich sowohl Hanna als auch Lukas zufrieden. Sie sind sich sicher, dass sie bei Klein­diek einen blei­benden Eindruck hinter­lassen haben – ein Schritt in die rich­tige Rich­tung. Auch der Staats­se­kretär zeigt sich von dem Resultat erfreut. Dennoch sind die vier Jugend­li­chen sich darüber bewusst, dass ihre Möglich­keiten der Mitwir­kung und Verän­de­rung einge­schränkt sind. So bleibt Hannas Frage zum schnel­leren Erhalt einer Arbeits­er­laubnis für Geflüch­tete bis zuletzt unbe­ant­wortet. Hinterher verrät sie, dass sie auch keine Zuge­ständ­nisse erwartet habe. Letzt­lich sind die Poli­tiker und Poli­ti­ke­rinnen im Bundestag gefor­dert. Aber nicht mehr lange und eine neue Gene­ra­tion – bestehend aus Jugend­li­chen wie Hanna und Lukas – wird dabei mitmi­schen.


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