Der Sonnen­könig der Freien Wähler

Datum
12. Oktober 2023
Autor*in
Niklas Hüsam
Redaktion
politikorange
Themen
#Wahlen #LTWBY
aiwanger

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Hubert Aiwanger von den Freien Wählern ist die prägende Figur des bayri­schen Wahl­kampfs. Seine Methoden kommen nicht überall gut an, doch der Erfolg scheint ihm Recht zu geben.

Hubert Aiwanger von den Freien Wählern ist die prägende Figur des bayri­schen Wahl­kampfs. Seine Methoden kommen nicht überall gut an, doch der Erfolg scheint ihm Recht zu geben. 

Es heißt viele Köch*innen verderben den Brei. Ob nun der poli­ti­sche Brei, den die Freien Wähler in Bayern produ­zieren, einem Haupt­ge­richt in Alfons Schuh­becks bestem Restau­rant entspricht oder kaum runter­zu­be­kommen ist, das muss jede*r für sich selbst entscheiden. Klar ist: An der hohen Anzahl der Köch*innen kann es nicht gelegen haben. Seit Jahren gibt es genau einen Chef­koch: Hubert Aiwanger. Auch in diesem Wahl­jahr rich­tete sich die ganze Partei – ach was, der ganze Wahl­kampf in Bayern – nach seinem Rezept.  

Eine Beson­der­heit des bayri­schen Wahl­kampfs waren schon immer die obli­ga­to­ri­schen Auftritte bei aufge­heizter Stim­mung und Tempe­ratur in den Bier­zelten des Frei­staats. Eine Umge­bung, die, laut des Kommu­ni­ka­ti­ons­experten Olaf Hoff­jann, beson­ders empfäng­lich für Emotio­nales, Post­fak­ti­sches und Über­trie­benes“ ist – ähnlich wie in den sozialen Medien. Beides sind Spiel­wiesen, auf denen Aiwanger sich beson­ders wohl­fühlt. Hier wie dort stößt seine direkte, unver­blümte Art auf viel Zustim­mung. Unter den blau-weißen Planen der bayri­schen Fest­zelte und auf seinem X‑Account ist er die Stimme einer Wähler*innenzunft, die sich hohem Druck aus Politik und Gesell­schaft ausge­setzt fühlt. Das sind laut Hoff­jann über­wie­gend Männer, die unter anderem ihren gesell­schaft­li­chen Status in Gefahr sehen. Damit setzte er den Ton im Wahl­kampf. Markus Söder schei­terte in Erding an dem Versuch, ihn zu kopieren und die Ampel­par­teien hatten kaum Chancen, über­haupt in Erschei­nung zu treten. 

Ende August sorgte eine Recherche der Süddeut­schen Zeitung dafür, dass das Spot­light auf den FW-Vorsit­zenden noch heller strahlte. Die Zeitung berich­tete über Kopien eines extrem menschen­ver­ach­tenden und anti­se­mi­ti­schen Flug­blatts, das er während seines 17. Lebens­jahres in seiner Schul­ta­sche bei sich trug. Zwar bekannte sich anschlie­ßend sein Bruder dazu, dieses verfasst zu haben, doch Zweifel daran halten sich bis heute. Sein Umgang mit dieser Affäre sorgte bei vielen für Kopf­schüt­teln. Auf eine für viele unzu­rei­chende Entschul­di­gung folgten rela­ti­vie­rende Aussagen, mit denen er sich auch in den Augen Olaf Hoff­janns um Kopf und Kragen redete.“ Anschlie­ßend ging er in die Gegen­of­fen­sive und warf den Medien vor, eine gezielte Hexen­jagd gegen ihn durch­zu­führen. Ein Vorgehen, das stark and Donald Trump erin­nerte, der eben­falls immer wieder von einer Witch Hunt“ gegen sich sprach. Im Stile des ehema­ligen Präsi­denten der USA stellt sich Aiwanger damit als das eigent­liche Opfer dieser Geschichte dar. Seine Partei trägt das mit und stärkt ihm den Rücken. Susann Enders, Gene­ral­se­kre­tärin der Freien Wähler Bayern, gratu­liert ihm auf der Wahl­party am Abend des Wahl­tags zum Über­leben des schmut­zigsten Wahl­kampfs, den sie je erlebt habe. Und Loraine Bender, stell­ver­tre­tende Vorsit­zende der Jungen Freien Wähler, erzählt im Gespräch mit poli­ti­ko­range, die Affäre habe ihm sehr zuge­setzt. Er sei oft blass gewesen. Es funk­tio­nierte. Mehr als einen Monat später muss auch der Experte Hoff­jann zugeben: Am Ende hat Aiwanger alles richtig gemacht. Zynisch gespro­chen war die Flug­blatt­af­färe aus seiner Perspek­tive ein Geschenk, das vom Himmel gefallen ist. Er ist weiterhin stell­ver­tre­tender Minis­ter­prä­si­dent und die Freien Wähler sind in der Wähler­gunst gestiegen.“ Letz­teres zeigte sich am vergan­genen Wahl­sonntag. Der Bundes- und Landes­vor­sit­zende der Freien Wähler führte seine Partei zum Rekord­ergebnis von 15,8% der abge­ge­benen Stimmen und holt dabei selbst das erste Direkt­mandat für die Partei. 

Nicht nur deswegen ist er in den eigenen Reihen weiterhin unum­stritten. Für Bender, war und ist er ein riesiges Zugpferd für die Partei.” In Zukunft soll er das auch auf Bundes­ebene sein. Aiwanger möchte bei den Wahlen 2025 in den Bundestag einziehen. Olaf Hoff­jann denkt, dass dies gelingen kann: Seine offene, gerade Art, auf Augen­höhe mit den Menschen käme auch außer­halb Bayerns gut an.“


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