Den Osten“ gibt es nicht 

Datum
21. Juni 2025
Autor*in
Redaktion
politikorange
Themen
#Kommentar #JPT2025
Jung und ostdeutsch_Bild

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caroline sauter
Auch 35 Jahre nach der Wieder­ver­ei­ni­gung spre­chen Menschen noch von Ostdeutsch­land“ – jedoch nie von West­deutsch­land“. Zeit, solche Schub­laden und Stereo­type hinter sich zu lassen. 

Auch 35 Jahre nach der Wieder­ver­ei­ni­gung spre­chen Menschen noch von Ostdeutsch­land“ – jedoch nie von West­deutsch­land“. Zeit, solche Schub­laden und Stereo­type hinter sich zu lassen. 

Das Thema des ange­bo­tenen Work­shops auf den Jugend­Po­li­tik­Tagen (Foto: Jugend­presse Deutschland/​Caroline Sauter)

Niemand kann leugnen, dass es struk­tu­relle Ungleich­heiten gibt, die auch 35 Jahre nach der Wende präsent sind. Sei es zum Beispiel die Reprä­sen­ta­tion Ostdeut­scher in Führungs­po­si­tionen oder die Lohn­un­gleich­heit im Vergleich zu west­deut­schen Bundes­län­dern. 

Doch allein aus einer struk­tu­rellen Ungleich­heit abzu­leiten, dass der Osten“ zurück­ge­blieben sei, ist schlichtweg zu kurz gedacht. Tiefe Gräben liegen zwischen dem, was manche über Ostdeutsch­land“ glauben zu wissen und dem, was wirk­lich ist. 

Mehr über den Osten erfahren wollen“: Das war die Moti­va­tion einiger, an dem Work­shop Jung und ostdeutsch“ auf den Jugend­Po­li­tik­Tagen teil­zu­nehmen. Viele Teilnehmer*innen schil­derten den Eindruck, dass sie nur deshalb so wenig über den Osten“ wissen, da in den Bundes­län­dern der früheren BRD kein Inter­esse an den Neuen Ländern bestand. Und dadurch, dass in west­deut­schen Haus­halten kaum über den anderen“ Teil Deutsch­lands gespro­chen wird, entsteht eine Wissens­lücke bei der Nach­wende-Gene­ra­tion. Diese Lücke schafft den Raum für die Entwick­lung und Verfes­ti­gung von Stereo­typen. Ostdeutsch­land als Region wird dadurch konse­quent unter­schätzt. So findet eine Teil­neh­merin aus Frank­furt am Main zum Beispiel, der ÖPNV im Osten sei unzu­rei­chend ausge­baut und die Infra­struktur schlecht. Aller­dings fahren zum Beispiel in Leipzig Bus und Bahn genauso regel­mäßig wie in Frank­furt, nämlich im 10-Minuten-Takt. Dass Leipzig dabei nicht stell­ver­tre­tend für fünf Bundes­länder steht, dürfte wohl klar sein. Das Stadt-Land-Gefälle zum Beispiel im Fall des öffent­li­chen Nahver­kehrs ist aller­dings kein ostdeut­sches“ Problem, sondern findet sich bundes­weit wieder. Zu behaupten, der Osten“ sei infra­struk­tu­rell und struk­tur­schwach, ist zu kurz gegriffen und ober­fläch­lich. 

Doch was ist der Osten“ über­haupt? Bei den fünf Bundes­län­dern handelt es sich keines­falls um einen einzelnen homo­genen Block, in dem die Menschen sich klar von den Menschen im hete­ro­genen Westen“ unter­scheiden. Menschen aus Meck­len­burg-Vorpom­mern iden­ti­fi­zieren sich häufig als nord­deutsch – ebenso wie Hamburger*innen. Was haben die Leute von der Ostsee mit den Bewoh­nern des Erzge­birges gemeinsam? Zumin­dest nicht mehr als mit denen der Nordsee. 


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