Aus der Lausitz, für die Lausitz

Datum
03. September 2024
Autor*in
Emma Askin
Redaktion
politikorange
Themen
#Interview #LTWS
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Als junge Frau im länd­li­chen Sachsen für die Grünen zu kandi­dieren, ist häufig eine große Heraus­for­de­rung. Carolin Renner macht es trotzdem.

Für Carolin Renner ist Wahl­kampf­end­spurt. Sie steht an ihrem Stand auf dem Demo­kratie- und Fami­li­en­fest im ober­lau­sit­zi­schen Weiß­wasser und lächelt. Die Stim­mung ist locker an diesem Samstag vor der Land­tags­wahl in Sachsen. Zwischen den Ständen des Nabu und einem lokalen Bauernhof findet sich der Stand der Grünen. Carolin Renner, 27 Jahre alt, ist Direkt­kan­di­datin für Bündnis 90/​Die Grünen in der Lausitz- und eine der jüngsten Kandi­da­tinnen in diesem Wahl­kampf.

Sie läuft über das Fest, um Tüten mit Flyern, aber auch Müsli­riegel zu verteilen. Dabei ist ihre Mutter Isabell Hiekel, die selbst Land­tags­ab­ge­ord­nete den Grünen in Bran­den­burg ist und mitten im Wahl­kampf steckt. Sie kommen an einem Stand vorbei, an dem zwei Frauen Hand­ar­beits­pro­dukte verkaufen, darunter ein Fuchs aus Stoff, der Carolin sehr gefällt. Ihre Mutter kauft ihn ihr als vorzei­tiges Geburts­tags­ge­schenk.

poli­ti­ko­range: Carolin, warum willst du deine nächsten fünf Geburts­tage im Landtag arbeiten müssen?

Carolin Renner: Im Film Guar­dians of the Galaxy wurde eine Figur gefragt: Was hat die Galaxie je für dich getan? Wieso willst du sie unbe­dingt retten?“ Die Antwort darauf war: Ich bin einer der Idioten, die darin leben.“ Ich habe schon als Kind einen Kohle­ta­gebau gesehen und fand das schreck­lich. Mir ist wichtig, dass junge Menschen gerne hier leben. Auch ich möchte hier leben können und nicht wegziehen müssen.

poli­ti­ko­range: Gibt es ein bestimmtes Ereignis, das dich poli­ti­siert hat?

Carolin Renner: Ganz stark poli­ti­siert hat mich die Lage in Görlitz um 2016. Ich bin in dem Jahr nach Görlitz gezogen, und die AfD wurde dort immer stärker. Rassismus ist in dieser Zeit immer salon­fä­higer geworden. Ich habe dann ange­fangen, Demos zu orga­ni­sieren, denn ich bin vom Herzen abso­lute Anti­fa­schistin. Aber auch die Umwelt liegt mir sehr am Herzen. Ich möchte, dass es hier in der Lausitz besser wird, als es jetzt gerade ist und als es die letzten 30 Jahre war.

poli­ti­ko­range: Welche poli­ti­schen Ziele hast du?

Carolin Renner: Ich würde mich gerne noch mal auf ein Mandat bewerben, wie etwa ein Direkt­mandat für den Landtag. Aber auch auf kommu­naler Ebene. Denn ich möchte mich hier weiter für die Region einsetzen. In den letzten Wochen hat es mir großen Spaß gemacht, mit den Menschen zu reden. Auch mit denen, die eine andere Meinung haben. Denn dann kann man anfangen, konstruktiv zu arbeiten.

poli­ti­ko­range: Welchen Schwie­rig­keiten begeg­nest du als junge Poli­ti­kerin?

Carolin Renner: Oft höre ich, egal, ob an Wahl­kampf­ständen oder im Internet: Du bist ja noch so jung. Du hast keine Lebens­er­fah­rung, und du hast ja noch nie richtig gear­beitet.“ Was nicht stimmt!

poli­ti­ko­range: Wie gehst du damit um?

Carolin Renner: Es ist keine große Schwie­rig­keit, sondern eher nervig. Nur weil ich noch keine 30 Jahre Berufs­er­fah­rung habe, heißt das nicht, dass ich keine Haltung habe. Und ich glaube, die Haltung ist das Wich­tige in der Politik. Dass man eine gewisse Durch­set­zungs­kraft und Kompro­miss­be­reit­schaft hat.

Nach dem Vormittag in Weiß­wasser geht es weiter nach Görlitz, wo die Görlitzer Viel­falt statt­findet. Carolin fährt einen Miet­wagen, der Koffer­raum ist voll mit Flyern, Wind­räd­chen und anderem Wahl­kampf­ma­te­rial. Es ist zu viel, um mit den öffent­li­chen Verkehrs­mit­teln zu fahren. Und ein eigenes Auto hat sie nicht.

Ange­kommen auf dem Görlitzer Ober­markt, bereitet Carolin sich einen Bier­tisch in der Mitte des Platzes vor. Mit Flyern, um Kurz­ent­schlos­sene noch zu über­zeugen. Der Deut­sche Gewerk­schafts­bund ist anwe­send, aber auch die Linke und die Omas gegen Rechts. Die Stim­mung ist gut.

poli­ti­ko­range: Wer, glaubst du, gewinnt das Direkt­mandat in deinem Wahl­kreis?

Carolin Renner: Ich glaube tatsäch­lich, dass Till­mann Haven­stein von der CDU den Wahl­kreis gewinnt. Er ist heute auch hier, und wir haben einen guten Kontakt. Vermut­lich werden sich der AfD-Kandidat Roberto Kuhnert und der partei­un­ab­hän­gige Kandidat Sylvio Arndt gegen­seitig Stimmen wegnehmen.

poli­ti­ko­range: Wie schätzt du dein Ergebnis ein?

Carolin Renner: Bei der letzten Wahl hatten die Grünen 3,2 Prozent. Ich denke, dass ich Stimmen verlieren werde. Wenn ich zwei Prozent bekomme, bin ich zufrieden.

poli­ti­ko­range: Was wünscht du dir für Sachsen in den nächsten fünf oder zehn Jahren?

Carolin Renner: Ich wünsche mir, dass Michael Kret­schmer merkt, wer wirk­lich das Problem ist. Nämlich, dass in seiner eigenen Partei manche kein Problem haben, mit Rechts­extre­misten zusam­men­zu­ar­beiten. Auch wünsche ich mir, dass die demo­kra­ti­schen Parteien zusam­men­ar­beiten und die AfD in den nächsten fünf Jahren unter die Fünf­pro­zent­hürde fällt. Die Menschen sollen sich in Sachsen wohl­fühlen und hier gerne leben.

Am Rande des Festes auf dem Görlitzer Ober­markt sieht Carolin Renner über die Menge aus. Sie sieht glück­lich aus über die vielen Menschen, die gekommen sind. Glück­lich darüber, dass es in Görlitz so viele Menschen gibt, die für die Demo­kratie einstehen.


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