2065 brau­chen ein Zuhause

Datum
06. Dezember 2015
Autor*in
Darline Jonasson
Redaktion
politikorange
Thema
#Jugendforum Stadtentwickliung 2015
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Geflüch­tete konnten bisher in Potsdam unter­ge­bracht werden, ohne in städ­ti­schen Turn­hallen auf Feld­betten zu schlafen. Anfäng­lich fanden die Neu-Pots­damer noch in Wohn­häu­sern Platz. Nun muss die Stadt bis Ende des Jahres Schlaf­plätze für mehr als 650 neue Geflüch­tete auftreiben, erklärt der Flücht­lings­ko­or­di­nator der Stadt den Teilnehmer*innen des Jugend­fo­rums.

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Beim Jugendforum Stadtentwicklung stellte Jörg Bindheim die aktuelle Lage Potsdams vor. (Foto: Benedikt Bungarten)

Wir sind ja dafür, dass Flücht­linge kommen – aber bitte nicht zu uns.“ Diese Stan­dard­re­ak­tion erlebt Jörg Bind­heim meis­tens, wenn er Anwohner*innen erst­malig darüber infor­miert, dass eine Flücht­lings­un­ter­kunft bei ihnen in der Nach­bar­schaft entstehen wird. Den Flücht­lings­ko­or­di­nator der Stadt Potsdam errei­chen viele Beschwerden darüber, dass die Anwohner*innen nicht vernünftig infor­miert würden und nicht mitent­scheiden dürfen, wo die Unter­künfte gebaut werden. Dabei vergäßen sie jedoch, so Bind­heim, dass diese Entschei­dung nicht bei ihnen, sondern bei den von ihnen gewählten Vertre­tern in der Stadt­ver­wal­tung liegt. Wenn die Geflüch­teten dann da sind, klappt es mit der Inte­gra­tion meist wie von selbst“, berichtet Bind­heim stolz.

Aus 500 wurden 2065 – inner­halb eines Jahres

Bisher hat er mit seinem Team 1362 geflüch­tete Menschen in Potsdam unter­ge­bracht, ohne auf Turn­hallen oder Stoff­zelte zurück­greifen zu müssen. Das schaffen nicht viele Kommunen.14 Einrich­tungen gibt es schon, drei weitere sind in Planung. Anfang 2015 war noch von 500 Geflüch­teten im Raum Potsdam die Rede. Inzwi­schen ist die Zahl dras­tisch gestiegen. 2065 Geflüch­tete sollen bis Ende des Jahres ein Dach über dem Kopf haben. Eine Situa­tion, die nicht nur für Potsdam neu ist, doch bei einem Wohnungs­leer­stand von nur knapp über einem halben Prozent, gerade hier eine Heraus­for­de­rung darstellt. Im Durch­schnitt stehen unge­fähr vier Prozent aller Wohnungen in Deutsch­land leer.

Zeit ist unser ärgster Feind“

Dafür zu sorgen, dass die Menschen nicht auf verschneiten Straßen schlafen müssen bedeutet eng getak­tete Arbeit. Zeit spielt laut Bind­heim nicht nur eine Rolle bei der Erst­un­ter­brin­gung, sondern auch bei der lang­fris­tigen Planung. Feste Wohn­un­ter­künfte zu bauen, wäre finan­ziell die beste Lösung, doch die Erst­un­ter­brin­gung muss sofort verfügbar sein. Daher gibt es in Potsdam unter­schied­liche Unter­künfte, vom Contai­ner­dorf bis zu Wohn­ver­bünden.

Die Wohn­ver­bünde haben ein beson­ders Konzept: Geflüch­tete und Einhei­mi­sche leben in einem fest­ge­legten Verhältnis von eins zu sechs zusammen in Plat­ten­bauten. Auch leer­ste­hende Regie­rungs­ge­bäude wurden in Potsdam schon umfunk­tio­niert. Dem Vorbild des ehema­ligen Land­tages folgend, in welchem heute ca. 470 Menschen wohnen, soll nun auch der alte Minis­te­ri­ums­sitz 1000 Menschen als Erst­auf­nah­me­stelle dienen.

Und dann wurden sechs aus acht

Ursprüng­lich hatte sich die Stadt Potsdam als Ziel gesetzt, nicht mehr als 200 Menschen in einer Unter­kunft zu beher­bergen. Kompro­misse wurden aufgrund der dras­tisch anstei­genden Flücht­lings­an­zahl auch schon in anderen Berei­chen gemacht. Damit das Land Bran­den­burg Unter­künfte für Geflüch­tete finan­ziert, muss die Wohn- und Schlaf­fläche mindes­tens sechs Quadrat­meter groß sein. Acht Quadrat­meter wollte die Stadt Potsdam jedem Geflüch­teten zur Verfü­gung stellen, was sie jedoch nicht mehr reali­sieren könne, erklärt Bind­heim. Mitt­ler­weile bietet die Stadt nicht mehr als den gesetz­li­chen Mindest­wohn­raum.

Müll­tren­nung und Kehr­woche

Bind­heim erweckt den Eindruck, als liefen alle Motoren in Potsdam auf Hoch­touren, um auf viele Neuan­kömm­linge vorbe­reitet zu sein. Außerdem sprä­chen zahl­reiche Initia­tiven und Ehren­amt­liche für eine inte­gra­tive Zukunft. In der Erst­auf­nahme sollen die Geflüch­teten auch auf das Leben in Deutsch­land vorbe­reitet werden – inklu­sive Müll­tren­nung und Kehr­woche.


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