Wie schreibe ich ein richtig gutes Porträt?

Datum
06. November 2019
Autor*in
Moritz Tripp
Redaktion
politikorange
Thema
#JMT19
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Foto: Jugendpresse Deutschland/Annkathrin Weis

Jeder Mensch hat seine eigene Geschichte zu erzählen. Doch wie hält man sie richtig fest? Wie macht man das Erzählte lebendig und zugäng­lich für andere? Spree­wild- und poli­ti­ko­range-Redak­teur Moritz Tripp war dabei, als Frank Seibert, Reporter des funk-Kanals Die Frage“, im Portrait-Work­shop der Jugend­me­di­en­tage Antworten lieferte.

Das Portrait gilt vielen als die Königs­klasse der jour­na­lis­ti­schen Diszi­plinen. In der Tat ist es sehr viel schwie­riger, einen Menschen zu zeigen, wie er ist, als etwa nur“ ein Inter­view zu führen oder einen Artikel zu schreiben. Es kommt auf die vielen Klei­nig­keiten an, die eine Person ausma­chen, ein bestimmter Gesichts­aus­druck etwa oder eine Reak­tion auf etwas Gesagtes. Diese kleinen, aber feinen Details gilt es fest­zu­halten, um am Schluss ein leben­diges Portrait einer Person zeichnen zu können. Frank Seibert hat in seiner Rolle als Reporter bei Die Frage“ schon etliche Menschen begleitet und deren Geschichten in seinen Video­bei­trägen erfahrbar gemacht. Im Work­shop erklärt er uns, wie er und sein Team das umsetzen. Zuerst wird ein Aufruf zu einem bestimmten Thema geschaltet. Da Die Frage“ mitt­ler­weile schon eine beträcht­liche Reich­weite hat, melden sich immer etliche Menschen, die ihre Geschichte erzählen möchten. Franks Autorin führt dann Vorge­spräche mit poten­ti­ellen Kandi­daten, um auszu­loten, ob sich deren Geschichte in einem Video erzählen ließe. Dabei wichtig: Es sollte in näherer Zeit ein prägnantes Ereignis im Leben der Person geben, bei dem man dabei sein kann. Denn im Portrait versucht man immer, einen Menschen auch außer­halb seines alltäg­li­chen Lebens darzu­stellen. Das erzeugt Span­nung und zeigt die Reak­tionen der Menschen auf unge­wöhn­liche Situa­tionen. So sollte man zum Beispiel einen Poli­tiker, den man im Portrait zeigt, nicht nur in seinem Büro treffen, sondern ihn gerade auch zu Extrem­si­tua­tionen wie Wahl­kampf­ver­an­stal­tungen begleiten. Hier kann er seine Schlag­fer­tig­keit unter Beweis stellen und zeigen, wie er mit Stress­si­tua­tionen umgeht – und dadurch ein realis­ti­scheres Bild von sich zeigen. Zurück zu Frank: In seinen Beiträgen ist es ihm wichtig, auch zu erzählen, wie es ihm persön­lich in den Situa­tionen geht. Er nimmt dadurch selbst eine Rolle in der Geschichte ein, die er erzählt. Das ist unge­wöhn­lich, kommt aber sehr gut bei seiner Zuschau­er­schaft an. Wenn man Menschen für eine gewisse Zeit so intensiv begleitet und ihre Geschichten erzählt, baut man laut Frank auch immer einen Bezug zu ihnen auf. Mitunter kann es dann vorkommen, dass die Grenzen zwischen Jour­na­list und Freund anfangen zu verschwimmen; man selbst als Journalist*in sollte aber immer versu­chen, eine gewisse Distanz zu wahren.
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Foto: Jugendpresse Deutschland/Annkathrin Weis

Die Wahl der Orte ist essen­tiell Hat das Team dann jemanden gefunden, dessen Geschichte sich umsetzen lässt, wird ein Skript geschrieben: Wie können wir am besten erzählen? Wo lässt sich das Erzählte am besten erleben? Dabei ist es Frank zufolge immer gut, direkt vor Ort zu sein, im Ideal­fall also bei den Menschen daheim. Denn ob man ein Portrait nun schreibt oder filmt: Zuhause kann man Persön­lich­keit spüren. Außerdem finden sich oft Kind­heits­fotos, Andenken und derglei­chen, die man in den Beitrag einbauen kann. Eben­falls wird im Skript nieder­ge­schrieben, welche Fragen an welchem Ort und Zeit­punkt gestellt werden, um den besten Effekt zu kreieren. Die Situa­tion, in der man eine bestimmte Frage stellt, kann entschei­dend sein, da man den Prot­ago­nisten so unter Umständen aus der Reserve locken kann. Dabei ist es ganz wichtig, die Fragen möglichst offen und nicht suggestiv zu stellen. Möchte man ein ehrli­ches Bild von einem Menschen ablie­fern, sollte man auf keinen Fall versu­chen, ihn in eine Rich­tung zu lenken. Vieles von dem, was Frank uns über seine Video­bei­träge erzählt, lässt sich auch anwenden, wenn man an einem Portrait in schrift­li­cher Form arbeitet. Das A und O ist: Immer aufmerksam sein und die Augen offen­halten! Man sollte jedes noch so kleine Detail absor­bieren, um letzt­end­lich ein ehrli­ches Bild einer Person zeichnen zu können. Das ist eine der großen Heraus­for­de­rungen des Portraits, die sich am Ende aber bezahlt macht – denn so können fantas­ti­sche Geschichten entstehen. poli­ti­ko­range berichtet gemeinsam mit Spree­wild, der Jugend­re­dak­tion der Berliner Zeitung, von den Jugend­me­di­en­tagen 2019. Alle Artikel erscheinen in den kommenden Tagen hier und bei Spree­wild.

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