Das Phänomen Podcast

Datum
11. November 2019
Autor*in
Ilya Portnoy
Redaktion
politikorange
Thema
#JMT19
Foto: Kurt Sauer (JMT 2019)

Foto: Kurt Sauer (JMT 2019)

Jugendpresse Deutschland/Kurt Sauer

Vom entspannten Talk über Gott und die Welt bei Herren­ge­deck“ bis zu Krimi­nal­fällen bei ZEIT Verbre­chen“. Podcasts gehören inzwi­schen zum Alltag vieler junger Menschen. Im Rahmen der Jugend­me­di­en­tage 2019 hat Ilya Portnoy diesem Phänomen auf den Zahn gefühlt.

Ich gestehe: Vor den Jugend­me­di­en­tagen (JMT) 2019 bin ich selbst noch nie mit Podcasts in Berüh­rung gekommen und hatte auch kein Problem damit. Zu wenig Zeit, kein Inter­esse, ein fehlender Bezug zum Thema. An schlechten Ausreden, warum ich nicht zum Hören komme, mangelte es nicht. Menschen sind ultrafaul“, weiß auch Stefan Spiegel. Er ist Format­kon­zepter und Crea­tive Producer bei funk. Bei den JMT hat Spiegel seine Erfah­rungen im Work­shop How to Podcast“ weiter­ge­geben. Vorweg­ge­nom­menes Fazit: Es gibt für mich noch sehr viel nach­zu­holen. Mit der Frage, worin die Faszi­na­tion von Podcasts liegt und mit welchen man seine ersten Schritte als Hörer machen sollte, habe ich mich unter die jungen Medi­en­ma­che­rinnen und Medi­en­ma­cher gemischt. Ein Groß­teil der Userinnen und User nutzt Apps wie Spotify um neben ihren Stamm­pod­casts“ persön­liche Vorschläge zur Ergän­zung zu erhalten. So auch Simon Dörr aus Mainz. Der 19-Jährige studiert Media: Concep­tion & Produc­tion“. Er ist über den Google Home Assis­tent zum Hören von Podcasts gekommen, obwohl es keine Liebe auf den ersten Blick war. Denn als freier Jour­na­list ist Simon beim Radio tätig, so etwas wie dem Gegner der Podcasts“. Ursprüng­lich wollte er sich auch nicht vom radio­ty­pi­schen Mix aus Wort und Musik lösen. Im Vergleich zum linearen, durch­ge­planten“ Radio­format bieten Podcasts aber mehr Frei­heit. Neben der Möglich­keit, selbst über das Thema zu bestimmen, kommt die Option hinzu, nach Belieben zu pausieren oder zurück­zu­springen. Nichts ist so einfach wie es wirkt Johanna Heger­mann aus Hamburg kann sich für eine ganze Menge Podcasts begeis­tern. Die 22-Jährige macht gerade eine Ausbil­dung zur Medi­en­ge­stal­terin Bild und Ton beim NDR. Sie hört Podcasts nahezu jeder­zeit – morgens beim Früh­stück wo früher das Radio lief“, in der Bahn und beim Einschlafen. Für Johanna ist der Unter­hal­tungs­faktor am wich­tigsten. Sie hört Podcasts meist ohne Themen­bezug. Rund­funk 17 sei demnach ein rich­tiger Bomben­pod­cast“. Da geht es um zwei Jungs, die sich anredo und Basti­Masti nennen und sich über richtig viel Schwach­sinn unter­halten“. Aber gerade das sei sehr amüsant. Solche vermeint­lich sehr frei gespro­chenen Laber­pod­casts“, wie der Work­shop­leiter Sebas­tian Spiegel sie bezeichnet, haben, wenn sie gut gemacht sind, stets eine klare, wenn auch verbor­gene Struktur. Einfach Drauf­los­reden funk­tio­niere nie. Um sich vom 08/15 abzu­heben bedarf es inter­es­santer Aufhänger. Das können Chal­lenges oder Life­hacks sein. Humor ist der beste Trigger“, sagt der Format­kon­zepter. Inhalt­lich wird idea­ler­weise eine Botschaft trans­por­tiert. Zudem können Podcasts sehr unter­schied­lich gestaltet sein, da gibt es kein Geheim­re­zept. Zu sagen: Ich will wissen, wie ein Podcast funk­tio­niert!“, funk­tio­niert nicht. Aller­dings gibt es einige Grund­re­geln. So kann ein guter Titel die Aufmerk­sam­keit derje­nigen, die nach Neuem Ausschau halten, genauso erhöhen wie eine knackige Beschrei­bung. Inter­es­sante Gäste sollten schon am Anfang der Folge als Earcat­cher zu hören sein. Denn aber­mals gilt: Menschen sind ultrafaul“.
Foto: Kurt Sauer (JMT)

Foto: Kurt Sauer/Jugendpresse Deutschland

Ein Blick in die eigene Persön­lich­keit Johanna empfiehlt mir für den Einstieg Fest und Flau­schig“ von Olli Schulz und Jan Böhmer­mann. Neben der großen Podcast-Erfah­rung der beiden Mode­ra­toren, hebt die Hambur­gerin noch einen weiteren Aspekt hervor: Es ist inter­es­sant, an ihrem Leben teil­zu­haben“. Nichts Unge­wöhn­li­ches, denn laut Spiegel ist eine krasse Persön­lich­keits­bin­dung“ bei der Auswahl eines Podcasts essen­ziell. Der Bezug zu den Menschen hinter den Stimmen ist also beson­ders ausschlag­ge­bend. Das finde ich sowohl inter­es­sant als auch etwas einschüch­ternd. Denn offenbar lässt der eigene Podcast-Geschmack dem Hörer zuweilen ganz tief in die Seele blicken. Als Produ­zent sollte man das zum Thema seines Podcasts machen, was einen selbst reizt und erst im zweiten Schritt an die Ziel­gruppe denken. Denn im Ideal­fall ist man selbst Teil der Ziel­gruppe – und das stei­gert die persön­liche Bindung. Der Wunsch vom abge­holt werden“ Neben der reinen Laber­pod­casts“ kann mit Formaten wie Lage der Nation“ auch das tages­po­li­ti­sche Geschehen gut verfolgt werden. Auf der Medi­en­tour im ARD Haupt­stadt­studio haben sich Teil­neh­mende der JPT in einem Gespräch mit Korre­spon­den­tinnen und Korre­spon­denten über ihre Bedürf­nisse ausge­tauscht. Dabei wurde der Wunsch geäu­ßert, Nach­richten in einer einge­henden Form präsen­tiert zu bekommen. So fehle im Fern­sehen eine Brücke zwischen Kinder­nach­rich­ten­sen­dungen („Logo“) und der Tages­schau. Um als junge Erwach­sene bei den komplexen Ereig­nissen wieder einzu­steigen, müsse man erst inhalt­lich abge­holt werden“. Dem könne optimal mit dem Konzept Podcast“ begegnet werden. Zwar gebe es schon ähnliche Formate auf YouTube und den Strea­ming-Platt­formen. Dennoch müsse man mit der Zeit auch die Lücke bei den tradi­tio­nellen Medien TV und Radio füllen. Podcasts sind am Puls der Zeit Nach dem Austausch bei den JMT habe ich einiges für mich persön­lich mitge­nommen. Voll­kommen faszi­nie­rend finde ich etwa die Idee von Alles gesagt“. Dieser Podcast kann ewig laufen, solange bis der einge­la­dene Inter­view­partner tatsäch­lich alles gesagt hat oder ein fest­ge­legtes Code­wort in den Mund nimmt. Verplap­pert sich der Gast so ist aber alles schon nach wenigen Minuten vorbei. Podcasts sind immer noch ein vergleichs­weise kleines Medium, dem aber die Zukunft gehört. Sie bilden eine eigene Welt, die täglich wächst. Künftig möchte ich die Chance nutzen, daran teil­zu­haben. Aus Inter­esse, aber auch aus der Verant­wor­tung heraus, den Finger am Puls der Zeit zu haben. poli­ti­ko­range berichtet gemeinsam mit Spree­wild, der Jugend­re­dak­tion der Berliner Zeitung, von den Jugend­me­di­en­tagen 2019. Alle Artikel erscheinen in den kommenden Tagen hier und bei Spree­wild.

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