Warum die Panter Stif­tung der taz erfolg­reich verklagt wurde

Datum
27. August 2015
Autor*in
Dennis Beltchikov
Redaktion
politikorange
Thema
#Vielfalt im Journalismus 2015
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Der Versuch der taz, ein Volon­ta­riat speziell für Frauen mit Migra­ti­ons­ge­schichte anzu­bieten, endete nach vier Jahren mit der Klage eines sich diskri­mi­niert fühlenden Mannes. Im Gespräch mit Jasmin Kala­rickal, Volon­tärin eben dieses Projekts, stellt sich heraus, dass die Redak­tion der taz dadurch noch berei­chert wird.

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Jasmin Kalarickal, Volontärin der taz Panter Stiftung, beim Interview mit der politikorange

In der Über­zeu­gung, der Jour­na­lismus sei von weißen, biodeut­schen Akade­mi­ker­män­nern domi­niert, rief die taz 2011 erst­mals das taz Panter Volon­ta­riat ins Leben. Der Andrang ist groß gewesen: Fast 200 Bewerber*innen konkur­rierten. Eine davon ist Jasmin Kala­rickal. Von einem Work­shop der taz Panter Stif­tung gereizt, entschied sie, sich auf eine Volon­ta­ri­ats­stelle bei der gleich­na­migen Stif­tung zu bewerben. Das Beson­dere an dieser ist die Ziel­grup­pen­set­zung: Gerade Frauen mit Migra­ti­ons­hin­ter­grund, die sonst eher benach­tei­ligt werden würden, sollen dadurch geför­dert werden. Eine Notwen­dig­keit, um Viel­falt im Jour­na­lismus zu gewähr­leisten?

Verstoß gegen das allge­meine Gleich­be­hand­lungs­ge­setz

Bei der Auswahl der Volon­ta­ri­ats­stellen fühlte sich 2014 ein männ­li­cher Bewerber aller­dings aufgrund seines Geschlechtes diskri­mi­niert und reichte nach der Absage Klage bei dem Landes­ar­beits­ge­richt Berlin-Bran­den­burg ein. Dieses entschied laut Urteils­be­grün­dung, die taz habe den Kläger bei der Beset­zung der Stelle wegen seines Geschlechts in unzu­läs­siger Weise benach­tei­ligt“ und damit gegen das allge­meine Gleich­be­hand­lungs­ge­setz verstoßen. Es sei nicht legitim, männ­liche Bewer­bungen ausnahmslos abzu­lehnen. Ferner sei auch nicht nach­ge­wiesen, dass vor allem Frauen mit Migra­ti­ons­hin­ter­grund unter einer Benach­tei­li­gung leiden würden. Eben­falls sei die Argu­men­ta­tion, es sollen durch die beschrie­bene Maßnahme mehr Frauen Zugang zu Führungs­po­si­tionen erhalten, laut Gericht nicht tragbar, da es sich in diesem Fall nur um eine Volon­ta­ri­ats­stelle handele.

Benach­tei­li­gung unter mehreren Gesichts­punkten

Doch Benach­tei­li­gung ist tatsäch­lich schwer zu kate­go­ri­sieren: Viel­leicht hätte es für mich auch andere Möglich­keiten gegeben in den Jour­na­lismus herein­zu­kommen, aber es gibt viele Faktoren, die einem den Einstieg erschweren“, erzählt Jasmin Kala­rickal. Sie selbst hat damals mit ihrem Germanistik‑, Fran­zö­sisch- und Human­geo­gra­fie­stu­dium nicht den klas­si­schen jour­na­lis­ti­schen Werde­gang hinter sich. Benach­tei­li­gung werde somit nicht nur durch einfache Kate­go­rien, wie die der Geschlechter, gene­riert, sondern es ginge um ein Gesamt­bild aus verschie­denen Faktoren. Dieses zu rekon­stru­ieren sei ein Indi­kator um eine Redak­tion tatsäch­lich viel­fäl­tiger werden zu lassen. Letzt­end­lich sei der reine Geschlech­ter­kampf vorbei, es gehe nun zum Beispiel auch darum, Menschen unter­schied­li­cher sexu­eller Orien­tie­rungen, verschie­dener Herkunft und körper­li­cher und geis­tiger Benach­tei­li­gungen in den Redak­tionen zu vertreten.

Wir wollen Viel­falt nicht nur predigen, sondern auch leben“

Die taz hat keine Beru­fung gegen das Landes­ar­beits­ge­richt Berlin-Bran­den­burg einge­legt. Chef­re­dak­teurin Ines Pohl kommen­tierte dies im Gespräch mit dem Tages­spiegel: Wir wollen Viel­falt nicht nur predigen, sondern auch leben.“ Mit dem verän­derten Ausschrei­bungs­text finde das Auswahl­ver­fahren der Volon­ta­ri­ats­stelle nun geschlechts­un­ab­hängig statt, aber nicht unab­hängig von der Biografie. Es seien diese viel­schich­tigen Biogra­fien und Erfah­rungen, die Perspek­tiven auf der Welt prägen und somit Bericht­erstat­tung beein­flussen. Dies geschehe mit der Inten­tion, die Medi­en­land­schaft viel­fäl­tiger und entgegen Diskri­mi­nie­rungen zu gestalten. Und was denkt die Volon­tärin Jasmin Kala­rickal zu der verän­derten Volon­ta­ri­ats­ziel­gruppe? Die ehema­lige Ausschrei­bung fand ich zwar nicht falsch, da die Inten­tion die rich­tige war. Aber wenn wir jetzt eine Form gefunden haben, die sich mit dem Gesetz verein­baren lässt und trotz­dessen Viel­falt fördert, finde ich das noch besser.“


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