Von Prost“ zu Problem“

Datum
12. Juni 2024
Autor*in
Paula Mauersberger
Redaktion
politikorange
Themen
#Leben #Reality-TV
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Ex-„Princess Char­ming“ Fina­listin Nina Burk­hardt spricht im Inter­view über die Darstel­lung von Alko­hol­konsum im Reality-TV und darüber, wie norma­li­siert die Volks­droge in unserer Gesell­schaft ist.

Ex-„Princess Char­ming“  Fina­listin Nina Burk­hardt spricht im Inter­view über die Darstel­lung von Alko­hol­konsum im Reality-TV und darüber, wie norma­li­siert die Volks­droge in unserer Gesell­schaft ist.

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Oft wird Alkohol als Symbol für Spaß und gute Laune genutzt. Foto: Wells Baum / Unsplash

Die Korken knallen und die Cham­pa­gner­gläser klirren. Der scheinbar gren­zen­lose Alko­hol­konsum in Reality-TV-Formaten sorgt oft für große Schlag­zeilen und wird heiß disku­tiert. Doch wie viel davon entspricht der Realität? Um einen Blick hinter die funkelnden Kulissen zu bekommen, durfte ich Nina Burk­hardt inter­viewen, die 2023 Kandi­datin in der queeren Dating-Show Prin­cess Char­ming“ war und es bis ins Finale geschafft hat.

Nina, kommen wir direkt zum wich­tigsten Punkt: Wie viel Alkohol wurde am Set von Prin­cess Char­ming“ Staffel 3 wirk­lich getrunken?

Nina: Also zu aller­erst: ich habe mich gewun­dert, als ich die Sendung im Nach­hinein gesehen habe, weil es im Zusam­men­schnitt wirk­lich so aussah, als ob wir die ganze Zeit saufen.

Aber es war wirk­lich nicht so – es war im Schnitt ein Glas Sekt und eine Dose Bier für Jede da. Je weniger wir wurden, desto mehr Alkohol gab es natür­lich für die, die noch übrig waren, weil sich die Masse“ an Getränken nicht geän­dert hat. Aber es blieb immer sehr über­schaubar.

Du mein­test vor unserem Gespräch, dass es in vorhe­rigen Staf­feln von Prin­cess Char­ming“ trotzdem mehr Alkohol gab als in deiner Staffel? Woran liegt dieser Wandel?

Nina: Ich glaube, dass die Produk­tion was gelernt hat. Mit Leuten, die ultra hart betrunken sind, kannst du auch nicht mehr arbeiten. Und im Endef­fekt ist es eine Arbeit, die da gemacht wird – sie sind da, um eine Sendung zu produ­zieren. Und wenn jemand gar nicht mehr gera­deaus laufen kann und nur noch reiert“, will das ja auch niemand sehen.

Gerade jetzt, wo viele Produk­tionen in einem ganz anderen Klima als in Deutsch­land produ­zieren, muss darauf geachtet werden, wie Alkohol auf die Teil­neh­me­rinnen wirkt – da muss man vorsichtig sein.

Mich über­rascht das total, weil ich mir gerade bei einem Dating-Format vorge­stellt habe, dass die Produk­tion sagt: Wir geben denen ganz viel Alkohol, damit Drama und Spici­ness entsteht“. Warst du vor Ort über­rascht als du gesehen hast, dass kaum Alkohol da war?

Nina: Mir war das ein biss­chen egal. Ich wusste von vorn­herein, dass ich nicht trinken werde. Ich wollte selbst, dass ich immer genug da bin, um zu wissen, was ich von mir gebe. Und weil ich von vorn­herein Angst vor dem Schnitt hatte und nicht wusste, was die machen, wollte ich wenigs­tens so viel Kontrolle wie möglich haben. Und Alkohol hätte einen schon ein biss­chen verän­dert.

Und ich glaube in einem Dating-Format steht allge­mein etwas anderes im Vorder­grund. Es geht vor allem darum, dass man sich, in unserem Fall vor der Prin­cess, gut darstellen will. Es gibt ja aber auch andere Formate, wie zum Beispiel Germany Shore“, wo das Konzept ein ganz anderes ist: Es ist ein Party­format, es gibt Exzesse und Abstürze und zwischen­drin ein paar Spiele, aber das war’s. Und dass da mehr Alkohol fließt, ist, glaube ich, von vorn­herein klar.

Bestimmt hat das aber auch viel mit Geld zu tun. Man kennt aus vielen anderen Formaten, dass es einen bestimmten Alko­hol­sponsor gibt. Und bei uns gab es den halt nicht. Viel­leicht liegt es dann auch daran.

Aber wie stehst du dann dazu, dass es durch den Schnitt im Endef­fekt so darge­stellt worden ist, dass das Publikum dachte: Hier ist viel Alkohol im Spiel“? 

Nina_burckhardt - Kopie

Nina Burkhardt stand 2023 bei Princess Charming im Finale. Foto: Nina Burkhardt.

Ich glaube, das ist gar nicht so ein bewusster, alko­hol­ver­herr­li­chender Schnitt, sondern ich habe eher das Gefühl, dass es ein gesell­schaft­li­ches Problem mit Alko­hol­konsum gibt. Alkohol wird sehr viel mit Spaß haben gleich­ge­setzt. So sind wir sozia­li­siert und so haben wir und die Leute, die die Shows und den Schnitt machen, das auch inter­na­li­siert.

Nach außen möchte dem Publikum eine gewisse Art an Ausge­las­sen­heit zwischen den Teil­neh­me­rinnen gezeigt werden. Und dazu gehört vor allem für unsere deut­sche Gesell­schaft Alkohol. Ich glaube, das ist eher das Problem.

Würdest du dir wünschen, dass zukünf­tige, ähnliche Reality-TV-Formate den Alko­hol­konsum komplett unter­binden und das auch trans­pa­rent nach außen kommu­ni­zieren? Gerade im Hinblick auf eine gewisse Verant­wor­tung gegen­über jüngeren Zuschauer*innen.

Nina: Also gene­rell bin ich für Trans­pa­renz. Immer. Ich glaube nur, dass es der Show nicht gut-tun würde, weil die meisten Menschen, die sowas gucken und die, die mitma­chen, auch das Konzept von Alko­hol­konsum in sich tragen. Und bei solchen Formaten geht es immer um die Masse: Was denkt die Masse und was kommt bei der Masse gut an?

Also glaubst du, es würde so ganz ohne“ gar nicht funk­tio­nieren?

Nina: Ich glaube, es würde nicht funk­tio­nieren. Das habe ich ja auch gemerkt als wir gedreht haben. Viele der Teil­neh­me­rinnen sind mit der Erwar­tung rein­ge­gangen: Ey, zwei Wochen einfach ein biss­chen die Sau raus­lassen und Party hart“ – und das heißt Alkohol konsu­mieren. Der Wunsch nach mehr Alkohol war immer da und auch der erste Stich­punkt jeder Einkaufs­liste.

Du kannst die Villa ja auch nicht verlassen; was machst du dann den ganzen Tag? Du früh­stückst, gehst schwimmen und irgend­wann chillst du am Pool und möch­test dir viel­leicht den ersten Drink gönnen. Man hat keine Verpflich­tungen und da verstehe ich den Wunsch von Vielen, das auszu­nutzen und nicht darüber nach­zu­denken, was in den nächsten Stunden oder Tagen ansteht. Alkohol kann natür­lich auch Spaß machen, aber es kommt immer auf das Maß an!

Genau, es kommt immer auf einen verant­wor­tungs­vollen Umgang an. Und wenn es nicht ganz ohne Alko­hol­konsum geht, dann sollte doch wenigs­tens eine Art Kompe­tenz vermit­telt werden, oder?

Nina: Ja, aber das wäre leider konträr zum Enter­tain­ment. Und je länger Reality-TV-Formate exis­tieren, desto mehr muss passieren und desto extremer muss viel­leicht der Enter­tain­ment­grat werden. Wünschen würde ich mir das natür­lich total. Gerade weil solche Formate auch eine gewisse Vorbild­funk­tion haben sollten. Und klar wäre es dann wichtig einen bewuss­teren Umgang mit Alkohol oder gene­rell mit anderen Dingen, wie zum Beispiel Konsens, zu thema­ti­sieren. Aber am Ende des Tages ist es einfach nur“ Reality-TV mit einem hohen Enter­tain­ment­faktor und viel­leicht muss diese Aufklä­rungs­ar­beit vermehrt woan­ders statt­finden.


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