Sprung­brett Kommu­nal­po­litik 

Datum
04. November 2023
Autor*in
Katja Schwarz
Redaktion
politikorange
Themen
#Politik #JMWS23
KATJA SCHWARZ_Bebilderung

KATJA SCHWARZ_Bebilderung

Die Kommu­nal­po­litik ist für viele Politiker*innen ein Start­punkt. Im Gespräch berichten sie davon. Die Kommu­nal­po­litik ist für viele Politiker*innen ein Start­punkt. Im Gespräch berichten sie davon.]

In der Kommu­nal­po­litik hat für viele Politiker*innen alles ange­fangen – Erfolge und Bekannt­schaften, aber auch Nieder­lagen und Streit. Zwei Mandatsträger*innen berichten im Gespräch von ihrem Weg in und aus der Kommu­nal­po­litik. 

Der Weg in die Bundes­po­litik beginnt für viele Abge­ord­nete auf kommu­naler Ebene. Dort ist die Eintritts­schwelle niedrig. Dort schlagen sie Wurzeln und enga­gieren sich in der Gemeinde. Dort vermit­telt sich ihnen ein Eindruck davon, was poli­ti­sches Enga­ge­ment bedeutet, wie Partei­po­litik funk­tio­niert und was über Erfolg oder Schei­tern poli­ti­scher Vorhaben entscheidet. Diese Erfah­rungen bilden für viele Politiker*innen das Funda­ment einer späteren Karriere in der Bundes­po­litik. Und diese prägen sie – womög­lich ihr ganzes poli­ti­sches Leben lang. 

Von Konstanz nach Berlin 

Ann-Veruschka Jurisch, Bundes­tags­ab­ge­ord­nete der FDP, erzählt von ihrem poli­ti­schen Werde­gang und ihrer Reise bis in den Bundestag. Eine entschei­dende Wende in ihrem Leben sei das Jahr 2013 gewesen, als die FDP aus dem Bundestag ausschied. Das war für mich sozu­sagen der Stein des Anstoßes, sodass ich diese Über­le­gung, mich poli­tisch zu enga­gieren, reali­siert habe.“, erklärt sie. Die Über­le­gung, mich für ein besseres Mitein­ander einzu­setzen, hatte ich schon ganz früh, also auch schon in der Grund­schule. Ich habe dort zum Beispiel für Brot für die Welt gesam­melt. Ich habe Spen­den­boxen ange­malt und auf der Straße um Spenden gebeten.“ 

2013 trat Jurisch dann in den Orts­verein der FDP Konstanz ein. Viele haben das Vorur­teil, dass Frauen es sehr schwer in der FDP haben. Aber mir hat man es im Gegen­teil sehr leicht gemacht. Als ich kam und gesagt habe, dass ich mich enga­gieren möchte, haben sich die anderen Mitglieder total gefreut und mich aktiv geför­dert.“ 2015 folgte ihre erste große Aufgabe: Jurisch wurde zur Vorsit­zenden der FDP Konstanz gewählt. In dieser Funk­tion erar­bei­tete sie Kommu­nal­pro­gramme und enga­gierte sich in zahl­rei­chen Wahl­kämpfen. Seit 2021 schließ­lich ist sie Abge­ord­nete des deut­schen Bundes­tags.  

Die Sonder­sit­zung des Bundes­tages, nachdem Russ­land die Ukraine angriffen hatte, ist Jurisch als beson­ders bedeut­samer Moment ihrer poli­ti­schen Lauf­bahn in Erin­ne­rung geblieben. In Berlin demons­trierten an diesem Tag gleich­zeitig zur Sitzung tausende Menschen für Frei­heit und Demo­kratie auf der Straße. Diese beein­dru­ckende Stim­mung habe sie, so Jurisch, nicht vergessen und aus diesem Moment viel Hoff­nung geschöpft. 

Jurischs Blick zurück auf ihre Zeit in der Kommu­nal­po­litik ist zwie­ge­spalten. Einer­seits sei Kommu­nal­po­litik sehr konkret und greifbar, sodass die eigene Arbeit unmit­tel­bare Ergeb­nisse hervor­bringe. Ande­rer­seits erfor­dere die Arbeit im Gemein­derat viel Zeit, so Jurisch, was während der Ausbil­dung oder im Berufs­leben kaum nebenher zu leisten sei. Dennoch ermu­tigt Jurisch junge Menschen, sich in Parteien zu enga­gieren. Denn in ihnen bestehe die Möglich­keit, das Mitein­ander effektiv zu gestalten, Meinungen auszu­tau­schen und zu disku­tieren und Spaß zu haben. Jugend­liche könnten viel gewinnen, indem sie der Jugend­or­ga­ni­sa­tion einer Partei beitreten. Es sei wichtig, sich für das zu inter­es­sieren, was um einen herum geschieht und sich zu enga­gieren. 

Dem Alltag ganz nah 

Philipp Bravos ist, bereits seit Schul­zeiten, Rats­herr im nieder­säch­si­schen Buxte­hude für Bündnis 90/​Die Grünen. Sein poli­ti­sches Inter­esse entwi­ckelte sich bereits früh. Bei uns zu Hause lag immer eine Zeitung auf dem Tisch, die mein Vater und mein Bruder gelesen haben. Als Kind dachte ich halt, dass man das so macht, und ich habe dann auch immer Zeitung gelesen“, erin­nert sich Bravos. Kaum ein Jugend­li­cher, trat er 2014 den Jusos, Jugend­or­ga­ni­sa­tion der SPD, bei und nahm zwei bis drei Jahre lang an den Klima­pro­testen von Fridays for Future teil. Im August 2020 wurde er Mitglied bei Bündnis 90/​Die Grünen und fokus­sierte sein poli­ti­sches Enga­ge­ment auf den Klima­schutz. 2021 kandi­dierte Bravos erfolg­reich für den Stadtrat.  

Die Stärke der Kommu­nal­po­litik besteht für Bravos darin, nah am Alltag der Menschen zu sein und Probleme ohne über­mä­ßige Büro­kratie lösen zu können. Aller­dings gäbe es dennoch einige Heraus­for­de­rungen, etwa fehlende Mehr­heiten oder die schwer­fäl­ligen Prozesse in der Verwal­tung, so Bravos. Diesen begegne er auch auf dem Weg zu einem seiner höchsten Anliegen, seine Heimat­stadt Buxte­hude bis 2035 klima­neu­tral zu machen. Die Verab­schie­dung dieses ambi­tio­nierten und verbind­li­chen Ziels erfolgte während des Wahl­kampfs um den Stadtrat. Dass Bravos dafür breite Unter­stüt­zung erfuhr und sich in der Wahl durch­setzen konnte, habe ihn sehr geprägt. 

Daneben unter­stütze Bravos den Wahl­kampf für seinen Bürger­meis­ter­kan­di­daten, und er setzte sich für eine stär­kere Reprä­sen­ta­tion junger Menschen auf kommu­naler Ebene ein. Er wolle ihren Anliegen und Inter­essen Gehör im Stadtrat verschaffen, sie früh­zeitig in die Politik einbe­ziehen, sodass sie Einfluss nehmen könnten. Irgendwie muss man hands on desk bekommen.“ Und auch, wenn das einmal nicht gelinge, so Bravos, lerne man aus jeder Nieder­lage, wie man es das nächste Mal besser machen kann. In einigen Themen sind junge Menschen manchmal sogar schlauer als die älteren. Wir sind viele, und wir sind die Zukunft. Die können wir einfor­dern und das sollten wir auch.“ 

Für ihn persön­lich sei heute wichtig, sein Studium der Poli­tik­wis­sen­schaften mit seinem poli­ti­schen Enga­ge­ment verein­baren zu können. Er pendele zwischen seiner Heimat­stadt und Berlin. Sein kommu­nal­po­li­ti­sches Enga­ge­ment bedürfe unter­schied­lich viel Zeit und Arbeit. Manchmal verbringe er Stunden etwa damit, Anträge zu schreiben und Gespräche zu führen, während in anderen Wochen nur die Teil­nahme an Sitzungen erfor­der­lich sei. Konkrete Pläne für die Zukunft habe er noch nicht. Dass sie etwas mit Politik zu tun haben könnte, würde er nicht ausschließen. 


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