Satire entflieht dem Main­stream

Datum
06. November 2015
Autor*in
Benedikt Bungarten
Redaktion
politikorange
Thema
#JMT15
WorkshopPropaganda-4

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Es hat mich gewun­dert, dass ich über­haupt einge­laden wurde“, beginnt Diet­rich Krauß seinen Work­shop mit beschei­denen Worten. Erstaunt war er auch, als er gefragt wurde, ob er sich noch als Jour­na­list fühle. Schließ­lich habe er das ja mal studiert. Seit 20 Jahren arbeitet er für den SWR und die ARD. Autor der Anstalt“ ist er seit 2014

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Dieter Krauß erzählt gerne von seiner Arbeit. (Foto: Bene­dikt Bungarten)

Diet­rich Krauß, erfolg­rei­cher Autor mehrerer Sati­re­sen­dungen, freute sich merk­lich über die Möglich­keit, bei den Jugend­me­di­en­tagen einen Work­shop halten zu können. Ihm ist der Dialog beson­ders wichtig. So sitzt er, leger gekleidet, auf dem Refe­ren­ten­tisch vor den Jugend­li­chen und spricht ganz offen über seine tägliche Arbeit. Einen genauen Ablauf­plan hat er nicht. Spon­ta­nität ist wichtig.

Wir machen das revo­lu­tionär. Wir nutzen Medien zur Infor­ma­ti­ons­über­tra­gung.“

Satire lebt für ihn nicht zuletzt dadurch, dass die anderen Medien in der heutigen Zeit desolat sind. Trotz der Anbin­dung an die Öffent­lich-Recht­li­chen, die Jour­na­listen gerne stark an ihr Profil binden wollen, sei seine Redak­tion total frei. Bei ihm gebe es keine klas­si­sche Ziel­gruppe, auf die alles ausge­richtet ist. Die drei­köp­fige Redak­tion der Anstalt“, eine poli­ti­sche Sati­re­sen­dung, arbeitet in München. Die Kommu­ni­ka­tion mit dem Sender, dem ZDF in Mainz, läuft nur über einen Redak­teur. Der habe aber letzt­lich nur die Aufgabe, die Kritik zu filtern und weiter­zu­leiten. Für die heute-show“ arbeitet Krauß eben­falls als Autor. Er möchte dort ganz bewusst keine Nach­rich­ten­sen­dung produ­zieren, Aktua­lität inter­es­siert uns gar nicht“. Durch Pointen erreiche man Leute, die kein Polit­ma­gazin einschalten würden. Er verfolgt auch nicht den Anspruch, beide Seiten glei­cher­maßen darzu­stellen. Für ihn darf oder muss Jour­na­lismus auch zur Meinungs­bil­dung anregen. Der klas­si­sche Jour­na­lismus sei immer inter­es­sen­ge­leitet – von dem, was die Leute gerade und jetzt aktuell inter­es­siert. Wir halten mal die andere Posi­tion hoch“ ist dabei sein Motto. Seiner Meinung nach haben die klas­si­schen Medien an Objek­ti­vität verloren.

Satire hat keine Schuld an Lügen­presse“

Auf eine Frage hin kam er auf die Lügen­presse“ zu spre­chen. Es sei abso­luter Quatsch“ zu behaupten, dass Satire der Auslöser dafür war. Den Vorwurf der Lügen­presse“ müssen sich viele Jour­na­listen heute machen lassen. Oft hört er von anti­ame­ri­ka­ni­schen Verschwö­rungs­theo­re­ti­kern. Es wundert den promo­vierten Poli­tik­wis­sen­schaftler sehr, dass es keine anti­rus­sis­ti­schen“ Bestre­bungen gibt. Jour­na­lismus bedeutet für ihn saubere Recherche und Verant­wor­tung für die Jour­na­listen. Wenn er dann nach bestem Wissen und Gewissen gehan­delt hat, könne es keine Lügen­presse geben.

Die Teilnehmer*innen wollten wissen, ob und welche Verän­de­rungen die Anschläge auf das fran­zö­si­sche Sati­re­ma­gazin Charlie Hebdo für seine Arbeit bedeutet haben. Für die Besu­cher der Sendungen wurden Taschen­kon­trollen einge­führt. Früher konnte man da einfach so herein­mar­schieren“, sagte er ohne zu zucken. In seiner sons­tigen Arbeit fühlt er sich aber nicht beschränkt. Er meint: ohne Zynismus kann man alles machen“.


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