Pres­se­frei­heit fällt nicht vom Himmel

Datum
07. Oktober 2018
Autor*in
Heba Alkadri
Redaktion
politikorange
Thema
#JMT18
2770431_1_articlefancybox_MG_1167

2770431_1_articlefancybox_MG_1167

Für Martin Winter, den Bundes­vor­sit­zenden der Jugend­presse Deutsch­land, ist eine Schü­ler­zei­tungs­re­dak­tion immer das Sprach­rohr aller Schü­le­rinnen und Schüler. Von Heba Alkadri

2770431_1_articlefancybox_MG_1167

Besucher der Jugendmedientage blättern im Magazin "Politikorange". In Nachwuchsjournalisten-Medien wie diesem spielt das Thema Pressefreiheit immer wieder eine Rolle. Foto: Jugendpresse Deutschland/Nour Alabras

Wer wissen möchte, was Schüler und Schü­le­rinnen denken, der muss nur eine lesen. Eine Schü­ler­zei­tung ist genau der Ort, an dem sich die jungen Menschen auspro­bieren und gleich­zeitig der (Schul-)Gesellschaft zeigen können, was sie gerade bewegt“, sagt Martin Winter. Für den Bundes­vor­sit­zenden der Jugend­presse Deutsch­land ist eine Schü­ler­zei­tungs­re­dak­tion immer das Sprach­rohr aller Schü­le­rinnen und Schüler. Er glaubt, dass Schü­ler­zei­tungen damit auch zur Meinungs­viel­falt und letzt­end­lich zur Demo­kratie beitragen.

Demo­kratie muss gelernt werden

In unserer Gesell­schaft ist Demo­kratie einer der wich­tigsten Grund­werte über­haupt – und mit dieser Tatsache unter­stützt eine Schü­ler­zei­tung natür­lich auch die Ziele der Erzie­hung eines Menschen zum mündigen Mitmen­schen“, sagt Winter. Doch Demo­kratie fällt nicht einfach vom Himmel, sie muss gelernt werden. Wie entwi­ckeln sich junge Menschen also zu selbst­be­wussten, demo­kra­ti­schen Persön­lich­keiten und werden viel­leicht sogar Jour­na­listen und Jour­na­lis­tinnen?

Die Schule sei der Ort, an dem junge Menschen Grund­fä­hig­keiten und Kompe­tenzen erlangen, glaubt Winter. Für ihn sind dafür vor allem drei Dinge rele­vant: Nach­denken, Nach­ahmen und Erfah­rung. Durch das Nach­ahmen der Lehr­kräfte und das eigene Handeln lernen die Schü­le­rinnen und Schüler. Der Sozio­loge Richard Paluch stimmt dem zu. Frei­heit und Würde sind keine mensch­li­chen Eigen­schaften, die zu jeder Zeit da sind. Sie müssen viel­mehr gesell­schaft­lich insti­tu­tio­na­li­siert und durch Erzie­hung gelernt werden, damit sie Rele­vanz haben und vertei­digt werden können.“

Die Schü­ler­zei­tung als Demo­kra­tie­platt­form

In ihren Zeitungen schreiben Schü­le­rinnen und Schüler daher über ihren Alltag und verleihen ihren Gleich­ge­sinnten eine Stimme, wenn diese selbst keine haben. Genau durch diese Möglich­keiten bietet eine Schü­ler­zei­tung die beste Platt­form, um Demo­kratie – also das sich selbst an der Gestal­tung der Gesell­schaft Betei­ligen – zu lernen und zu leben“, sagt Winter. Schüler und Schü­le­rinnen lernen in der Praxis, welche Rolle Jour­na­lismus spielt, was Pres­se­frei­heit bedeutet und wie diese funk­tio­niert. Damit stärken Schulen den jour­na­lis­ti­schen Nach­wuchs.

Und dennoch werden auch bei Schü­ler­zei­tungen immer wieder Absätze gestri­chen und Artikel zensiert. Auch Schü­ler­zei­tungen kämpfen für ihre Pres­se­frei­heit. Laut Winter wenden sich durch­schnitt­lich ein bis zwei erns­tere Fälle im Jahr an die Jugend­presse Deutsch­land, um Hilfe zu erhalten. Eine genaue Statistik gebe es nicht, aber würde es sie geben, wäre die Dunkel­ziffer noch viel höher als die gemel­deten Zahlen, sagt Winter. Die jungen Menschen trauen sich oft nicht, gegen die Erwach­senen, die Lehr­kräfte anzu­spre­chen – auch wenn sie im Recht sind“, sagt Winter. In solchen Fällen kann die Jugend­presse Deutsch­land als Unter­stützer ange­spro­chen werden. So könne eine kosten­freie Rechts­be­ra­tung für Mitglieder der Landes­ver­bände der Jugend­or­ga­ni­sa­tion in Koope­ra­tion mit der Berliner Kanzlei Thomas Rechts­an­wälte zur Schlich­tung bei Verstößen gegen die Pres­se­frei­heit beitragen. Im Notfall würden Fälle auch vor Gericht gebracht.

Viele posi­tive Beispiele

Doch das geschieht zum Glück nur selten. Grund­sätz­lich habe eine Lehr­kraft objektiv die Ergeb­nisse eines Schü­lers oder einer Schü­lerin zu beur­teilen und ihn oder sie durch geeig­nete Hilfe­stel­lungen dazu zu ermu­tigen, sich selbst zu verbes­sern. Es könne schon einmal geschehen, dass eine Lehr­kraft die Objek­ti­vität als Grund­satz in der Bewer­tung fallen ließe und ein aus dem Kontext geris­senes Zitat in der Schü­ler­zei­tung zu einer schlech­teren Bewer­tung führe. Doch aus seiner Erfah­rung bei der Jugend­presse kennt er viele posi­tive Beispiele aus Schulen, in welchen sich die Schul­fa­milie als solche versteht und in diesen Fällen dann vermit­telnd auftritt.

Dieser Beitrag entstand im Rahmen der Yalla Media Akademie, eine Koope­ra­tion zwischen der Jugend­presse Deutsch­land und dem Verein Eed be Eed („Hand in Hand“) aus Berlin. Der Text erschien zuerst in der Print­aus­gabe des Weser-Kuriers.


Empfohlene Beiträge

Werde Teil unserer Community

Entdecke spannende Geschichten, vernetze dich mit anderen jungen Journalist:innen und gestalte die Medienlandschaft von morgen mit. Melde dich jetzt an und bleibe immer auf dem neuesten Stand.

Wehrpflicht Redaktion Gruppenbild