Kiron – gegen Krieg und für Bildung

Datum
19. September 2015
Autor*in
Lilith Grull
Redaktion
politikorange
Thema
#ZukunftsTour 2016
Mädchen schreibt sich etwas in ein Heft hinein. Foto: Jonas Walzberg

Mädchen schreibt sich etwas in ein Heft hinein. Foto: Jonas Walzberg

Schreiben Foto: Jonas Walzberg

Mit Flücht­lingen kommen auch junge Menschen im Studen­ten­alter. Viele wollen anfangen zu studieren oder ihr begon­nenes Studium fort­führen. Doch das stellt sie vor neue Hürden. Die Univer­sität Kiron für Flücht­linge gibt ihnen eine Chance. 

Nora Hauptmann stellt die makromedia Universität Kiron für Flüchtlinge, auf der Zukunftstour in Potsdam vor. Foto: Lilith Grull

Nora Hauptmann stellt die makromedia Universität Kiron für Flüchtlinge, auf der Zukunftstour in Potsdam vor. Foto: Lilith Grull

Für junge Flücht­linge ist es gar nicht so einfach, hier in Deutsch­land einen Studi­en­platz zu ergat­tern. Neben der Konkur­renz der anderen Bewerber und oftmals Sprach­bar­rieren, sind das größte Problem die fehlenden Papiere. Eine Aufent­halts­ge­neh­mi­gung zu erhalten, kann lange dauern und wenn ein Flücht­ling, der hier weiter studieren möchte, keine Unter­lagen von seinen vergangen Semes­tern bei sich hat, liegen die meist zwar noch in der Uni der Heimat­stadt. Für sie selbst ist aber es oftmals schwer an diese heran­zu­kommen.“, sagt Nora Haupt­mann. Sie stellt die Kiron Univer­sität in der SocialBar im Kunst­haus sans titre e.V. im Rahmen der Zukunfts­tour Potsdam vor. Der Name Kiron stammt aus der grie­chi­schen Mytho­logie. Kiron ist ein Wesen, das sich bewusst gegen Krieg und statt­dessen für die Bildung entscheidet.“

Die Univer­sität finan­ziert sich durch Förderer wie Firmen und Privat­per­sonen. Am 7. September 2015 star­tete die Crowdun­ding-Kampane. Und der Topf füllt sich. Bis jetzt haben 780 Unter­stützer insge­samt 122.750 Euro gespendet. Gründer Markus Kreßler strebt eine Summe von mindes­tens einer Millionen Euro an. Für Deutsch­land wäre es das bis jetzt größte Crowd­fun­ding für einen sozialen Zweck.

Ich möchte endlich etwas tun“

Ich habe mich viel mit Flücht­lingen unter­halten und ausnahmslos alle haben mir erzählt, dass sie endlich etwas tun möchten. Sie möchten lernen, sie möchten arbeiten, sie möchten nicht Monate oder sogar Jahre zum Nichtstun verdammt sein. Ich freue mich sehr, dass die Kampagne jetzt anläuft und wir bald richtig starten können“. Markus Kreßler kam mit seinem Freund Vincent Zimmer bei der Arbeit mit Geflüch­teten die Idee, für sie eine Univer­sität zu gründen. Für die meisten Flücht­linge schei­tert der Start eines Studiums oder das Weiter­führen schon daran, dass ihr Aufent­halts­status noch nicht geklärt ist. Doch an der Kiron Univer­sität ist das anders. Hier kann man ohne Papiere, Nach­weise und Gebühren studieren. Die Student*innen müssen sich erst zum Studi­en­ab­schluss ausweisen. Derzeit arbeiten 50 Mitar­beiter, davon nur zehn Voll­zeit, daran, dass die ersten 1.000 Student*innen im Oktober diesen Jahres ihr Studium beginnen können. Seit April haben sich bereits 15.000 Inter­es­senten für ein Studium gemeldet. Wir haben mehr als 1000 Flücht­linge befragt, welche Fächer sie am liebsten studieren würden. Wir möchten auf jeden Fall noch mehr Fächer anbieten. Das Geld ist aber vor allem wichtig, um die Univer­sität am Laufen zu halten – denn bis zu den ersten Abschlüssen dauert es noch drei Jahre“, so Kreßler. Bis jetzt werden fünf Studi­en­gänge ange­boten: IT, Inge­nieur­wesen Archi­tektur, Inter­cul­tural Studies und Busi­ness. Mit der Crowd­fun­ding-Kampagne soll das Angebot vergrö­ßert werden.

Studieren auf Welt­klas­se­n­i­veau für Geflüch­tete.

Studi­en­gänge gebüh­ren­frei, ohne Papiere und auf inter­na­tio­nalem Univer­si­täts­ni­veau: Kiron ist eine Online­uni­ver­sität. So brau­chen die Studie­renden ledig­lich einen Computer- und einen Inter­net­zu­gang. Auch das umfasst die Finan­zie­rung. Viele geflüch­tete Student*innen bringen ihren eigenen Laptop mit, den Rest versucht Kiron so gut wie es geht zu unter­stützen. In Zukunft sollen auch Stipen­dien vergeben werden. Derzeit kann sich die Univer­sität 1000 Student*innen leisten. Doch Kiron ist auf die Zusam­men­ar­beit mit anderen Univer­si­täten ange­wiesen. Sie konnte schon mit mehreren inter­na­tio­nalen Univer­si­täten Bildungs­ein­rich­tungen Part­ner­schaften abschließen. Student*innen im ersten Jahr legen den Studi­en­ab­schnitt Gene­rale ab und können aus allen ange­bo­tenen Studi­en­gänge Online­se­mi­nare wählen. Auch diese werden durch die Zusam­men­ar­beit mit Part­ner­uni­ver­si­täten ange­boten. Im dritten Jahr trans­fe­rieren die Student*innen fest an eine dieser Bildungs­stätten und können dort ihren akkre­di­tierten Studi­en­ab­schluss absol­vieren.

Flücht­linge haben alles verloren und mussten ihr bishe­riges Leben hinter sich lassen. Ihnen durch Bildungs­an­ge­bote die Chance zu geben, ihr Leben wieder selber in die Hand zu nehmen, ist nicht nur eine Frage der Inte­gra­tion, sondern auch der Würde und des Respekts.“ sagt Martin Rentsch vom Flücht­lings­hilfs­werk der Verinten Nationen (UNHCR) in Deutsch­land im Infor­ma­ti­ons­video für Kiron. Was aus einer fixen Idee stammte gibt vielen jungen Menschen nun in Deutsch­land eine Zukunft . Bis jetzt ist Kiron die erste Univer­sität dieser Art welt­weit.


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