Inter­view mit Thomas Silber­horn: Eine stän­dige Heraus­for­de­rung“

Datum
25. November 2014
Autor*in
Julian Friesinger
Redaktion
politikorange
Thema
#EINEWELT Zukunftsforum 2014
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Vorstel­lung der Zukunfts­charta in Berlin: Das 68-seitige Doku­ment soll die Entwick­lungs­zu­sam­men­ar­beit lang­fristig neu ausrichten. Julian Frie­singer von poli­ti­ko­range und Matthias Berg­hoff vom Deaf Maga­zine trafen Thomas Silber­horn. Im Inter­view sprach der Parla­men­ta­ri­sche Staats­se­kretär über seinen eigenen Beitrag zu einer gerech­teren Welt und die welt­weite Umset­zung von sozialen Mindest­stan­dards.

poli­ti­ko­range: Herr Silber­horn, die Zukunfts­charta dreht sich vor allem um das Thema Nach­hal­tig­keit. Wie nach­haltig leben Sie eigent­lich?

Thomas Silber­horn: Nach­haltig zu leben ist eine stän­dige Heraus­for­de­rung. Ich bemühe mich durchaus darum. Das beginnt beim Einkauf von Lebens­mit­teln, die fair gehan­delt oder regional herge­stellt werden. Das geht weiter mit dem Einkauf von Klei­dern. Im Entwick­lungs­mi­nis­te­rium bemühen wir uns sehr darum, trans­pa­renter zu machen, ob die Klei­dung, die wir tragen, auch fair herge­stellt wurde. Aber es gibt sicher­lich auch Bereiche, wo es schwierig wird, gerade wenn ich an Flug­reisen denke. Ich bin recht häufig unter­wegs. Wenn wir die Auswir­kungen auf den Klima­wandel in nach­hal­tiges Handeln mitein­be­ziehen, gibt es noch vieles, das wir verbes­sern können.

1.500 Beiträge und Kommen­tare gab es zur Zukunfts­charta. Bei einer Bevöl­ke­rung in Deutsch­land von knapp 82 Millionen ist das ziem­lich wenig. Ist es nicht frus­trie­rend, dass es eine so geringe Betei­li­gung gab?

Wir haben ja gerade ein halbes Jahr über den Entwurf dieser Zukunfts­charta verhan­delt. 1.500 Beiträge sind eine ganz erkleck­liche Zahl. Wir erwarten nicht, dass 82 Millionen Deut­sche sich mit diesen Details beschäf­tigen. Aber es sind doch eine ganze Menge junger Leute, die sehr profund mit ihrem Wissen beigetragen haben zu dieser Zukunfts­charta. Die Veran­stal­tung heute zeigt, dass viele junge Leute da sind. Das stimmt uns sehr zuver­sicht­lich, denn es geht eben darum, dass wir in Zukunft eine Ordnung verwirk­li­chen können, die nach­hal­tiges Leben und Wirt­schaften ermög­licht. Es geht um die nächste Gene­ra­tion und deswegen müssen Poli­tiker heute so handeln, dass es lang­fristig, auch morgen, noch trag­fähig ist. Und das müssen wir vor allem mit den jungen Leuten disku­tieren.

Ah ja. Und was wird jetzt konkret besser mit der Zukunfts­charta?

Die Zukunfts­charta hat das Ziel, mit allen betei­ligten Gruppen, mit allen Inter­es­senten darüber zu spre­chen, was wir inter­na­tional angehen müssen, welche Ziele wir verein­baren müssen, damit wir unsere Lebens- und Arbeits­weise nach­haltig gestalten können. Dazu wird es im nächsten Jahr Beschlüsse geben im Rahmen der Vereinten Nationen. Wir wollten das nicht als Regie­rung alleine verhan­deln, sondern wir wollen die Anre­gungen, die Ideen aus der Zivil­ge­sell­schaft einbe­ziehen. Deswegen haben wir alle einge­laden, daran mitzu­wirken.

Diese Veran­stal­tung heute wird das Ergebnis, die Zukunfts­charta, präsen­tieren. Wir wollen das nicht nur als ein Doku­ment sehen, sondern als einen Prozess. Denn die Ziele, die wir uns setzen, müssen auch umge­setzt werden. Das schafft die Regie­rung nicht allein. Wir wollen uns diese Ziele schon so setzen, dass wir gemeinsam mit den zivil­ge­sell­schaft­li­chen Orga­ni­sa­tionen, mit der Privat­wirt­schaft, mit der Wissen­schaft, mit den Medien daran arbeiten, dass wir auch zu konkreten Verbes­se­rungen kommen, was nach­hal­tige Lebens- und Wirt­schafts­weise angeht.

Zum Thema Umset­zung: Das von Gerd Müller initi­ierte Textil­bündnis versucht die Durch­set­zung von Arbeits­stan­dards in anderen Ländern anzu­stoßen. Doch kaum ein großes Unter­nehmen macht mit. Ärgert Sie das nicht?

Wir halten an dem Ziel fest, dass wir soziale und ökolo­gi­sche Mindest­stan­dards brau­chen für die Produk­tion in allen Ländern der Welt. Die Verbrau­cher haben daran ein großes Inter­esse. Sie wollen Trans­pa­renz, sie wollen wissen, wo die Klei­dung herkommt und wie sie herge­stellt wurde. Diese Trans­pa­renz wollen wir auch in Deutsch­land herstellen. Nicht nur mit 82 Millionen Verbrau­chern in Deutsch­land, sondern wir sind Bestand­teil des euro­päi­schen Binnen­marktes mit 500 Millionen Verbrau­chern. Diese Nach­fra­ge­macht wollen wir mit auf die Waag­schale legen.

Ich glaube, dass sich kein Unter­nehmen dauer­haft seiner inter­na­tio­nalen Verant­wor­tung entziehen kann. Man kann nicht einfach den deut­schen und euro­päi­schen Markt nutzen und dabei igno­rieren, unter welchen Bedin­gungen Produkte in anderen Ländern herge­stellt werden. Wenn ich ein Beispiel nennen darf: Ein Auto hat Tausende von Teilen und bei jedem einzelnen Teil wird für jeden Hersteller bis ins Letzte zerti­fi­ziert, dass Mindest­stan­dards in der Produk­tion einge­halten werden. Und die Hersteller zeichnen ihre Liefe­ranten dafür aus, dass sie quali­ta­tive Produkte liefern. Ich glaube, es ist möglich diese Trans­pa­renz zu schaffen, auch für ein Klei­dungs­stück. Das, was in der Auto­mo­bil­in­dus­trie bereits erfolg­reich vorge­lebt wird, das muss auch in der Textil­in­dus­trie Einzug halten. Das ist ein langer Weg, aber wir machen uns auf diesen Weg mit den ersten Schritten. Dass manche diese Schritte noch nicht gehen, zeigt natür­lich, dass es ein ehrgei­ziger Weg ist und dass man dafür einiges tun muss.


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