Freie Fahrt für alle? Warum wir mehr kosten­lose Fahr­karten brau­chen

Datum
11. März 2025
Autor*in
Alina Henning
Redaktion
politikorange
Themen
#Kommentar #BüWGHH25
Mit Bargeld können Fahrgäst:innen in Hamburger Bussen kein Ticket mehr kaufen.
©️ Alina Henning / Jugendpresse Deutschland e.V.

Mit Bargeld können Fahrgäst:innen in Hamburger Bussen kein Ticket mehr kaufen. ©️ Alina Henning / Jugendpresse Deutschland e.V.

Busse und Bahnen sollen Menschen bewegen, doch für viele ist der Zugang eine Hürde. Senior*innen und Menschen mit Unter­stüt­zungs­be­darf stehen oft vor Schwie­rig­keiten, wenn es um Mobi­lität geht. Eine einfache, kosten­freie Fahr­karte für diese Gruppen wäre ein Schritt in Rich­tung sozialer Gerech­tig­keit.

Ältere Menschen und Menschen mit Unter­stüt­zungs­be­darf werden stark abge­hängt“, kriti­siert Martina B. Sie betreut eine Wohn­gruppe für psychisch kranke Menschen und sieht im bargeld­losen System ein Problem. Seit Anfang 2024 kann in Bussen des Hamburger Verkehrs­ver­bunds (HVV) nicht mehr mit Bargeld bezahlt werden.

Ich würde sagen, die meisten meiner Klient[*innen] fahren schwarz – nicht, weil sie es wollen, sondern weil sie es müssen, indem ihnen der Zugang zu einer regu­lären Fahr­karte nicht ermög­licht wird.“ Eine Prepaid­karte sei oft die einzige Option. Das sei zu kompli­ziert und schrecke viele ab. Zwar exis­tieren Sozi­al­ra­batte für das Deutsch­land­ti­cket, aber um davon zu profi­tieren, wäre ein Konto erfor­der­lich, da der Betrag monat­lich abge­bucht wird. 

Genau hier liegt eine Schwie­rig­keit, erklärt Martina B. weiter. Die Mehr­heit ihrer Klient*innen erhalte Geld nur in bar. Etwa 70 bis 80 Prozent hätten kein eigenes Konto. Hinzu komme, dass viele nicht über ein eigenes Handy verfügten oder keinen Zugriff darauf hätten. Das wird zum Problem, wenn sie den HVV nutzen möchten. Früher konnte einfach ein Ticket in bar bezahlt werden. Man stieg in den Bus und zahlte beim Fahrer. Doch jetzt läuft alles bargeldlos – und das schließt viele aus.“

Mobi­lität ist Teil­habe

Viele Halte­stellen haben keine Fahr­kar­ten­au­to­maten mehr, an denen mit Bargeld gezahlt werden kann. Auch Ursula H. wird davon einge­schränkt: Ich kann nur in den Bus steigen, wenn ein Automat an der Bushal­te­stelle ist. Ansonsten bin ich gezwungen, mir ein Taxi zu rufen. Und ich habe nur ein normales Telefon, falls mal etwas ist.“ Gerade ältere Menschen, die nicht mit digi­talen Systemen vertraut sind, haben oft Schwie­rig­keiten, sich im modernen Ticket­system zurecht­zu­finden. Ein kosten­loses Ticket begrüßt die Rent­nerin: Dann kann man mal zu Planten un Blomen fahren.“

In einer Gesell­schaft, die auf Mobi­lität ange­wiesen ist, darf der Zugang zum öffent­li­chen Nahver­kehr nicht von kompli­zierten Verfahren oder finan­zi­ellen Mitteln abhängen. Seit vergan­genem Jahr sehen wir, dass eine solche Lösung sowohl möglich als auch sinn­voll ist: Im September 2024 wurde das kosten­lose Deutsch­land­ti­cket für Hamburgs Schüler*innen einge­führt. Laut dem Senat nutzen 94 Prozent aller Berech­tigten das Angebot. Eine Schü­lerin aus Harburg berichtet: Das Ticket hat mir ermög­licht, an eine Schule zu gehen, die weiter weg ist. Ohne das kosten­lose Ticket hätte ich die Schule wech­seln und meine Freunde verlassen müssen.“ 

Mobi­lität ist keine indi­vi­du­elle Ange­le­gen­heit, sie ist eine gesell­schaft­liche. Wenn Menschen aus finan­zi­ellen oder orga­ni­sa­to­ri­schen Gründen von der Teil­habe ausge­schlossen werden, entstehen soziale und wirt­schaft­liche Nach­teile, die weit über die Ticket­preise hinaus­gehen.

Weniger Büro­kratie, mehr freie Fahrt

Eine einfache, kosten­freie Fahr­karte nicht nur für Schüler*innen, sondern auch für Rentner*innen und Menschen mit Unter­stüt­zungs­be­darf wäre ein bedeu­tender Schritt hin zu mehr sozialer Gerech­tig­keit. Statt hoher Preise, kompli­zierter Antrags­ver­fahren oder der Notwen­dig­keit, Karten regel­mäßig aufzu­laden, sollte ein Ticket auto­ma­tisch zuge­schickt werden. Das würde nicht nur den Alltag vieler Menschen spürbar erleich­tern, sondern auch verhin­dern, dass finan­zi­elle Hürden oder büro­kra­ti­sche Prozesse über ihre Mobi­lität entscheiden. Eine echte Entlas­tung für dieje­nigen, die sie am meisten brau­chen.

Denn wer Inklu­sion und gesell­schaft­liche Teil­habe ernst meint, muss Mobi­lität ermög­li­chen – einfach, direkt und ohne Barrieren.


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