Cyber­si­cher­heit gewinnt an Bedeu­tung für deut­sche Ener­gie­firmen

Datum
15. Juni 2022
Autor*in
Tobias Pilz
Redaktion
politikorange
Themen
#Politik #BDEW Kongress22
m Herzen von Berlin: Das Heizkraftwerk Mitte des Energiekonzerns Vattenfall. Wie wohl das Kraftwerk vor Cyberangriffen geschützt ist? Foto: Jugendpresse Deutschland.

m Herzen von Berlin: Das Heizkraftwerk Mitte des Energiekonzerns Vattenfall. Wie wohl das Kraftwerk vor Cyberangriffen geschützt ist? Foto: Jugendpresse Deutschland.

m Herzen von Berlin: Das Heizkraftwerk Mitte des Energiekonzerns Vattenfall. Wie wohl das Kraftwerk vor Cyberangriffen geschützt ist? Foto: Jugendpresse Deutschland.

Zwischen Cyber­at­ta­cken, Krisen­ab­läufen und Dienst­leis­tungen – ein Bericht über Cyber­si­cher­heit in der Ener­gie­branche von Tobias Pilz.

Kein Strom in der Steck­dose und kein Gas für die Heizung und Warm­wasser – die Ener­gie­ver­sor­gung ist in Deutsch­land unver­zichtbar und zählt damit zu den soge­nannten Kriti­schen Infra­struk­turen, aber wird sie auch ausrei­chend geschützt? In Zeiten zuneh­mender Digi­ta­li­sie­rung können Infor­ma­tionen und Programme für Indus­trie­an­lagen nicht mehr an einem geheim gesi­cherten Ort fern vom Internet versteckt werden. Die Ener­gie­ver­sor­gung und deren Sicher­heit ist in der breiten Öffent­lich­keit lange als Selbst­ver­ständ­lich­keit ange­nommen worden. Dies scheint sich erst mit dem Beginn des Ukraine-Krieges zu ändern.

Mit Beginn des russi­schen Angriffs­krieges auf die Ukraine am 24. Februar dieses Jahres, fand zeit­gleich auch ein Cyber­an­griff auf einen Provider für Satel­liten-Internet statt. Dieser Hack sorgte dafür, dass 5800 Wind­kraft­an­lagen mit einer Gesamt­leis­tung von etwa elf Giga­watt in Deutsch­land nicht mehr steu­erbar waren. Nach Angaben des IT-Sicher­heits­experten Mohamed Harrou war dieser Angriff auf die Anlagen zwar nicht beab­sich­tigt – schließ­lich liefen über die ange­grif­fenen Satel­liten auch Kommu­ni­ka­ti­ons­dienste vom US-Militär – doch es seien nicht nur Wind­räder betroffen gewesen, sondern auch andere Bereiche des Ener­gie­netzes. Schon vor dem Krieg erhöhte das Bundesamt für Sicher­heit in der Infor­ma­ti­ons­technik (BSI) die Bedro­hungs­lage und BSI-Präsi­dent Arne Schön­bohm sprach gar von einer Alarm­stufe Rot”.

Cyber­an­griffe und feste Abläufe

Es gibt kein Groß­un­ter­nehmen, was nicht Ziel – mehr oder weniger erfolg­reich – von einem Hacker­an­griff war“, sagt Dr. Doro­thee Ritz, Geschäfts­füh­rerin von Eon Energie Deutsch­land. Als zweit­größter Ener­gie­ver­sorger Deutsch­lands sei Eon immer wieder Ziel von Hacker*innen. Mit stei­gender Digi­ta­li­sie­rung bekäme die Cyber­si­cher­heit eine maßge­bende Bedeu­tung, da das Unter­nehmen damit eine große Angriffs­fläche gegen­über Angrei­fenden biete.

Auch bei klei­neren Ener­gie­ver­sor­gern sieht man es ähnlich. Bernd Reichelt, Geschäfts­führer der Stadt­werke Menden, erklärt, dass es nicht darum ginge, ob man gehackt werde, sondern wie viele Störungen man merke. Teil­weise würden die Folgen eines Cyber­an­griffes erst ein halbes Jahr später entdeckt.

Bei solchen Cyber­an­griffen und Krisen seien feste Abläufe von höchster Bedeut­sam­keit, sagt Guido Rüther, Infor­ma­tion Secu­rity Manager des dritt­größten Ener­gie­ver­sor­gers in Deutsch­land EnBW. Er vertritt die Meinung, dass Notfall-Proze­duren bei Cyber­at­ta­cken von größter Wich­tig­keit sind. Diese Abläufe müssten nicht nur geübt, sondern in Fleisch und Blut über­gehen. Fragen wie Was haben wir zu tun?” oder wenn ein bestimmter Bereich der Firma gehackt wurde: Welche Zone wird abge­schaltet?” seien in Krisen­si­tua­tionen so schnell wie möglich zu klären.

Bewusst­sein für Cyber­si­cher­heit

Harrou, der sich als IT-Spezia­list für die BayWa unter anderem um die Sicher­heit von Photo­vol­taik- und Wind­an­lagen kümmert, warnt vor dem veral­teten Klischee­bild vom Hacker als Einzel­täter im verdun­kelten Keller. Eher solle man das Bild von orga­ni­sierten Banden mit bis zu 1000 gut vernetzten Personen vor Augen haben. Hacker fahren Lambor­ghini und tragen nicht Hoodie und Sonnen­brille und sitzen im Keller”, sagt er. Man könne davon ausgehen, dass wenn ein Unter­nehmen Opfer eines Hacker­an­griffes wird, alles schon länger geplant und durch­dacht sei. Diese lang­fristig und intensiv geplanten Cyber­an­griffe würden die Ener­gie­branche vor beson­ders große Heraus­for­de­rungen stellen, warnt er und verweist auch auf den Fach­kräf­te­mangel. Immer mehr Ener­gie­un­ter­nehmen würden daher auf externe Dienst­leister setzen. Doch die Gescheh­nisse im Februar zeigten Wirkung, ist Harrou über­zeugt. Die Firmen würden langsam ein besseres Bewusst­sein für Cyber­si­cher­heit entwi­ckeln.


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