Cappy statt Krawatte

Datum
19. September 2017
Autor*in
Jonas Gebauer
Redaktion
politikorange
Thema
#poBTW17
Foto: Privat

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Wir sind wieder da“, so würde Roman-Fran­cesco Rogat seine erste Rede im deut­schen Bundestag eröffnen, er wäre nicht der erste und auch nicht der jüngste Parla­men­ta­rier. Jonas Gebauer hat sich mit ihm ausein­an­der­ge­setzt und hat nach Rogats Beweg­gründen gefragt.

Foto: Privat

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Er trägt keinen Anzug, sondern Jeans und Sneaker. Gele­gent­lich ein Hemd. Roman-Fran­cesco Rogat ist 28 Jahre alt. Er gehört zu einer neuen Gene­ra­tion der poli­tisch Inter­es­sierten und möchte am 24. September nun in den Bundestag einziehen. Denn seine Gene­ra­tion sieht er in einer Verant­wor­tung, in einer Zeit die mehr poli­ti­siert ist als je zuvor.

Als die FDP schon am Boden lag, entschied er sich, ihr beizu­treten, so drückt Rogat es aus. Sein Ziel: Die libe­rale Stimme zurück in die Parla­mente zu bringen. 2013 trat er den Jungen Libe­ralen (JuLis) bei und wurde der Vorsit­zende in Berlin. Die Kandi­datur des Berli­ners für den Bundestag im Wahl­kreis 85 Marzahn-Hellers­dorf ist sein bishe­rige Höhe­punkt.

cool und modern“

Ich finde es ganz schön lang­weilig ohne rich­tige Oppo­si­tion“, beob­achtet Rogat. Die FDP findet er cool und modern“. Über mögliche Koali­tionen nach der Wahl denkt er nicht allzu viel nach. Er schaut lieber auf die FDP. Diese befindet sich nach den Land­tags­wahlen im Saar­land, Schleswig-Holstein und Nord­rhein-West­falen nach wie vor auf einem Hoch. Entschei­denden Anteil daran trägt für Rogat der Partei­chef Chris­tian Lindner. Er hat viel umge­krem­pelt von der alten Steuer-FDP hin zu den Schwer­punkten Digi­ta­li­sie­rung und Bildung“, sagt Rogat. Auch das neue, moderne Image sei ihm zu verdanken, trotzdem sei es immer noch notwendig, die Partei weiterhin wieder­auf­zu­bauen.

Zu Rogats Lieb­lings­themen zählen Bildung und Stadt­ent­wick­lung, doch meint er, ginge es natür­lich auch um junge Themen, denen man sich heute stellen müsste, damit sie in 20 Jahren nicht unbe­ant­wortet zum Problem würden. Denn darauf hätten einige der älteren Abge­ord­neten keine fundierten Antworten. Zum Beispiel Cannabis zu lega­li­sieren. Aus medi­zi­ni­schen Zwecken ist dies zum Teil zwar schon geschehen, dennoch ist es nach wie vor schwierig, für Menschen, die ein Rezept verschrieben bekommen, dieses dann auch endlich einlösen zu können. Noch immer stellen sich auch Kran­ken­kassen quer und verwei­gern die Kosten­über­nahme solcher Rezepte. Für Menschen, die Cannabis als Schmerz­lin­de­rung zu sich nehmen sollen, beginnt der nächste Schmerz zugleich im Kampf mit der Kran­ken­kasse. Es ist ein langer Weg und das trotz gesetz­li­cher Grund­lage.

Cannabis soll ins Laden­ge­schäft

Die FDP fordert im Wahl­pro­gramm eine Lega­li­sie­rung. Es ist ein langer Weg und das trotz gesetz­li­cher Grund­lage. Wenn wir schon die Gesetze ändern, dann müssen wir auch dafür sorgen, dass sie umge­setzt werden“, meint Rogat. Es sei nicht richtig gewesen, diese Pflanze zu krimi­na­li­sieren, verur­teilt er die bishe­rige Politik zur Eröff­nung der Hanf­pa­rade am 12. August in Berlin. Es kann nicht sein, dass die Kran­ken­kassen uns einen Strich durch die Rech­nung machen“, sagt er: Wir treten an, damit diese Pflanze nicht weiter krimi­na­li­siert wird.“ Cannabis solle demnächst auch in Laden­ge­schäften verkauft werden, genau wie Alkohol oder Tabak. Außerdem kann es dafür auch eine Bera­tung geben, die einen falschen Umgang mit der Droge verhin­dert. Wir brau­chen eine Drogen­po­litik, die diesen Namen auch verdient“, fordert Rogat und bringt die Menge zum Jubeln.

Für Rogat ist es wichtig, extreme Posi­tionen, wie die Cannabis-Lega­li­sie­rung stärker zu besetzten“. Das ginge vor allem durch die Jugend. Rogat sieht sich selbst zu 70 Prozent als JuLi und nur zu 30 Prozent als FDPler. Ohne den Nach­wuchs ginge in vielen Parteien gar nichts“, bekräf­tigt er die Rolle seiner JuLis. Wir sind nicht nur die Plakat­auf­hänger“, berichtet er von einem Verhältnis auf Augen­höhe zwischen Mutter­partei und Nach­wuchs.

Mit der Lega­li­sie­rung von Cannabis oder auch sozialem Wohnungsbau begibt er sich auch auf den Kurs anderer Parteien. Über­schnei­dungen findet er aber nicht schlecht, da es um einen möglichst breiten gesell­schaft­li­chen Konsens gehe. Aller­dings dürfe nicht zu viel büro­kra­ti­siert werden. Darin unter­scheide sich wiederum die FDP: Man muss sehr viel mehr Wett­be­werb zulassen.“ Die Miet­preis­bremse sei eine nette Idee, löse jedoch nicht die Knapp­heit, die an Wohnungen vorhanden sei, erklärt er.

Im Wahl­kampf befindet er sich jetzt bereits seit einigen Wochen. Flyer desi­gnen, Werbe­flä­chen bean­tragen – all diese Orga­ni­sa­tion sei bereits sehr intensiv gewesen. Anschlie­ßend wurden viele Gespräche geführt, auch auf der Straße. Beson­ders span­nend fand Rogat, dass ihn einige Menschen dort direkt als Kandi­daten ange­spro­chen haben.

Rogat will über Listen­platz in den Bundestag

Die Wahr­schein­lich­keit, dass Roman-Fran­cesco Rogat am Wahltag tatsäch­lich in den Bundestag einzieht, ist realis­tisch gesehen nicht beson­ders hoch. Gegen bekannte Kandi­da­tinnen wie Petra Pau (Die Linke) oder Monika Grüt­ters (CDU-Landes­vor­sit­zende) sind seine Chancen auf ein Direkt­mandat eher gering. Man hat schon Schweine fliegen sehen“, scherzt Rogat dennoch. Bei einem guten Ergebnis seiner Partei über die Zweit­stimme in Berlin habe er jedoch eine kleine Möglich­keit über einen Listen­platz einzu­ziehen.

Bis zuletzt will er deshalb um jede Stimme kämpfen – persön­lich, auf der Straße und im Netz. Nur dort könnten ihn die Menschen sehen, denn Wahl­pla­kate von ihm hängen nicht an den Laternen. So eitel bin ich dann doch nicht“, sagt er trocken und kann sich dabei sein Lachen nicht verkneifen. Wenn die Wahl­lo­kale schließen und die ersten Ergeb­nisse durch­si­ckern, will Rogat auf der FDP-Wahl­party im Freu­den­taumel verfallen“. Für ein starkes Ergebnis der gesamten FDP ist er ange­treten und dieses, so prognos­ti­ziert er, liege am 24. September bei elf Prozent und führe zur dritt­stärksten Frak­tion im Bundestag. In seinem Bezirk will er zudem die Fünf-Prozent-Hürde knacken, nachdem es dort bei der Wahl zum Abge­ord­ne­ten­haus nur zwei Prozent für die FDP gab. Doch damals kannte Marzahn-Hellers­dorf auch Roman-Fran­cesco Rogat noch nicht. In Zukunft will er seine eigene Erfolgs­ge­schichte schreiben: Der junge Mann mit Doppel­namen und der junge doppel­na­mige Bezirk.


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