CDU-Wahl­abend: Alles wie erwartet

Datum
25. September 2017
Autor*in
Linda Göttner
Redaktion
politikorange
Thema
#poBTW17
Wahlabend Foto: Linda Göttner

Wahlabend Foto: Linda Göttner

Linda Göttner wollte sehen, wie die poli­ti­sche Spitze Deutsch­lands dem abzu­se­henden Sieg der Bundes­tags­wahlen entge­gen­fie­bert und sich dann selbst feiert. Dafür besuchte sie den Wahl­abend der CDU in Berlin.

Die CDU feiert den Wahlabend 2017 im Festzelt vor dem Konrad-Adenauer-Haus in Berlin. Foto: Linda Göttner

Die CDU feiert den Wahlabend 2017 im Festzelt vor dem Konrad-Adenauer-Haus in Berlin. Foto: Linda Göttner

Mit mir steigt Bonnie aus dem Bus, die als Reini­gungs­kraft bei dem CDU-Wahl­abend der Bundes­tags­wahlen 2017 arbeitet. Wir beide suchen den Eingang. Wir fragen zwei Anzug­träger, die einen Secu­rity-Ausweis um den Hals hängen haben. Sie sagen, wir müssen noch um den gesamten Block, alles sei abge­sperrt. Vor dem Konrad-Adenauer-Haus ist ein weißes Fest­zelt aufge­baut, wie beim Schüt­zen­fest nur mit Teppich. Bonnie verschwindet im Mitar­bei­ter­ein­gang, ich entdecke den Pres­se­ein­gang. Nach einer ausgie­bigen Sicher­heits­kon­trolle bahne ich mir meinen Weg durch das gut gefüllte Zelt. Vorbei an echten Birken, die zur Deko­ra­tion im Zelt aufge­stellt wurden; immer auf der Hut, in der Enge keinen Kellner anzu­stoßen oder durch eine Kame­ra­auf­nahme zu laufen. Die Menschen­masse scheint zur Hälfte aus inter­na­tio­nalen Pres­se­teams und CDU-Gästen, die sich auf die Hoch­rech­nung mit Wein oder Bier einstimmen, zu bestehen. Auf der einen Seite bedienen sich Leute mit inno­va­tiven Burgern, auf der anderen mit tradi­tio­nellen Brezeln. Die Stim­mung ist unauf­ge­regt, die CDUler sind sich des Sieges sicher.

Auf der anderen Seite führt eine Öffnung aus dem fest­li­chen Zelt zu Contai­ner­toi­letten für Frau und Mann. Hier treffe ich Bonnie wieder, die die Gäste des Wahl­abends als sehr ange­nehm empfindet. Uner­kennt­lich in schwarzer Regen­jacke verschwindet sie zum Putzen in einer Toilet­ten­ka­bine. Auch ich nehme den Abend wie erwartet als gesittet wahr, eher als unauf­ge­regter Wein­aus­schank statt als Party der alten und wahr­schein­lich neuen poli­ti­schen Spitze Deutsch­lands.

Keine Angst vor dem Wahl­er­gebnis

Wieder zurück im Zelt will ich erfahren, was sich die CDU-Anhänger von dem Wahl­er­gebnis erhoffen, dafür muss ich erst Mal ausma­chen, wer einer ist. Viele stehen etwas befangen am Rand und geben sich als Ange­hö­rige zu erkennen. Doch dass die CDU den größten Stim­men­an­teil haben wird, scheint allen klar. Und alle wünschen sich weiterhin Angela Merkel als Kanz­lerin. Viel­mehr sind die CDUler gespannt, welche Koali­tion am Ende zustande kommen wird. Philipp Buggisch (21), der in der Hoch­schul­po­litik in Fried­richs­hafen aktiv ist, erzählt: Ich erhoffe mir eine starke FDP, sodass eine Koali­tion mit der CDU zustande kommt und keine große Koali­tion.“

In der Schwäche der großen Koali­tion sehen nämlich manche den Grund des Auftriebs der AfD. Maxi­mi­lian Iberl (20), Student aus Karls­ruhe, sagt: Ohne große Koali­tion, gäbe es wieder eine starke Oppo­si­tion, wodurch die Ränder geschwächt würden.“ Die eins­tige Rand­partei AfD ist laut Prognose dabei nicht mehr so rand­ständig, wie bei der letzten Bundes­tags­wahl. Der erst­ma­lige Einzug ins Parla­ment scheint gewiss. Den Gästen bereitet mehr der Einzug der AfD die größte Sorge, nicht der mögliche Sieg der CDU.

Sieg für die CDU

Kurz vor 18:00 Uhr haben die Vermu­tungen dann ein Ende und die Gäste versam­meln sich vor den Bild­schirmen im Zelt. Mit einem Count­down zählen sie dem Wahl­sieg entgegen. Auf den Bild­schirmen noch unent­wi­ckelte Balken­dia­gramme, unter den Gästen wird der Atem ange­halten. Auch ich bin auf einmal aufge­regt, gespannt auf das Ergebnis der Wahlen. Als der Balken der CDU dann endlich in die Höhe schnellt und alle anderen über­steigt, bricht Jubel aus. Plötz­lich strömen alle Jour­na­listen in den Saal des Konrad-Adenauer-Hauses. Dort haben sich schon unzäh­lige Kame­ra­teams vor der Bühne und auf den Treppen postiert, um den besten Schuss darauf zu erlangen, was gleich passiert. Was passieren wird, kann ich nur erahnen, einen Ablauf­plan habe ich nicht bekommen. Ich schaffe es, mich in die zweite Reihe vorzu­kämpfen. Ich befinde mich inmitten von Leuten aus der Jungen Union, die große Plakate mit Parolen wie mutti­viert“ in den Farben der Deutsch­land­flagge hoch­halten. Ich schaffe es noch kurz Alex­andra Zins (22) von der Jungen Union in Sachsen zum Wahl­sieg zu befragen. Sie ist in bester Laune, hat heute sogar Geburtstag, rela­ti­viert ihre Freude über das Ergebnis dann aber doch: Wir sind klar der deut­sche Sieger, aber letzt­end­lich ist das Ergebnis enttäu­schend im Vergleich zu 2013.“ Denn die CDU hat im Vergleich 8,5 Prozent an Stimmen verloren.

Unser Gespräch bricht ab, als die Masse plötz­lich beginnt, laut­hals Angie, Angie, Angie“ zu rufen. Ich fühle mich wie in einem Stadion, als erwar­teten wir einen Popstar. Und dann kommt Angela Merkel durch einen Seiten­ein­gang mit einer Entou­rage aus Spit­zen­po­li­ti­kern der CDU auf die Bühne. Lächelnd postiert sie sich unter dem Schild, auf dem Die Mitte“ steht und wartet den lang anhal­tenden Applaus ab. Sie beginnt ihre Rede sofort damit, den Stim­men­an­teil als weniger als erhofft“ einzu­stufen und verweist auf die schwie­rige vorhe­rige Legis­la­tur­pe­riode. Dennoch freut sie sich über den Sieg: Wir sind die stärkste Kraft als CDU und CSU. Wir haben einen Auftrag, eine Regie­rung zu Bilden.“ Der Saal ist nun ruhig und lauscht gebannt. Als sie ergänzt: Gegen uns kann keine Regie­rung gebildet werden“, bricht großer Jubel aus. Nach knapp zehn Minuten verlassen Angela Merkel und die anderen Spit­zen­po­li­tiker wieder den Saal.

AFD-Ergebnis trübt die Stim­mung

Die gute Stim­mung hat sich auch auf das Fest­zelt über­tragen. Zwar ist nicht wirk­lich Party-Laune ange­sagt, die Gäste oft im karierten Sakko stoßen wieder mit Wein und Bier und essen weiter. In kleinen Gruppen werden mögliche Koali­tionen disku­tiert und man ärgert sich über das Ergebnis der AfD. Auf den Bild­schirmen wird die Meldung über­tragen: Die SPD will auf keinen Fall eine große Koali­tion bilden. Dies erfährt sofort Zustim­mung im Zelt. Auch Florian Daxberger (18), Partei­mit­glied aus Bayern, sagt: Ich finde es gut, dass die SPD in die Oppo­si­tion gehen will. Mit einer großen Koali­tion könnte keine weitere Regie­rungs­ar­beit geleistet werden, weil sich im Wahl­kampf deut­lich gezeigt hat, dass die SPD und die CDU auch in ihren Themen sehr weit ausein­an­der­driften.“ Wie die meisten trägt er einen silbernen, zeige­fin­ger­großen Anste­cker seiner Partei am Sakko.

Trotz der posi­tiven Stim­mung, liegt aber ein Thema wie Blei in der Luft: der Einzug der AfD in den Bundestag. Die Prognosen haben es vorher­ge­sehen, trotzdem betrübt das Ergebnis der Wahlen viele. Denn die AfD hat die Fünf-Prozent-Hürde mit 13 Prozent über­wunden. Auf den Bild­schirmen werden bereits Korre­spon­denten von der Gegen­de­mons­tra­tion in Berlin über­tragen. Mit einer Mischung aus Euphorie und Resi­gna­tion unter­halten sich die Gäste noch etwas über das Ergebnis, einige verlassen die Party bereits.


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