Ungleiche Sitz­nach­barn

Datum
26. April 2017
Autor*in
Rebecca Kelber
Redaktion
politikorange
Thema
#RuralFuture 2017
Menschen steigen in einen Reisebus. Foto: Jonas Walzberg

Menschen steigen in einen Reisebus. Foto: Jonas Walzberg

Jonas Walzberg

Samie Blasingame und Dancun Otieno kommen aus unter­schied­li­chen Welten. Beim Rural Future Lab kreuzen sich ihre Wege. Was sie hier hinge­bracht hat? Rebecca Kelber hat mit ihnen gespro­chen.

Samie Blasingame und Dancun Otieno sind Sitz­nach­barn im Bus auf der Exkur­sion am ersten Tag des Rural Future Labs in Vorbe­rei­tung auf die G20-Konfe­renz EINEWELT ohne Hunger“. Sie sind beide aus dem Ausland nach Berlin gezogen und setzen sich beide mit Land­wirt­schaft ausein­ander. Unge­fähr da enden ihre Gemein­sam­keiten aber auch schon: Samie kommt aus Kali­for­nien und hat dort Inter­na­tio­nale Bezie­hungen studiert. Nach ihrem Bachelor ging sie erst einmal nach Spanien, um dort Englisch zu unter­richten und das Leben zu genießen, wie sie sagt. Als US-Bürgerin kann sie problemlos ohne Visum durch Europa reisen. In ihrem Leben hat sich vieles einfach so ergeben, erzählt Samie.
Dancun Otieno

Dancun Otienos ist seit drei Wochen in Deutschland.                                                      Foto: Rebecca Kelber

Fern der Farm

Für Dancun Otieno aus Kenia war es nicht so einfach, die Einrei­se­er­laubnis für Deutsch­land zu bekommen. Nur durch das renom­mierte ASA-Programm war es ihm möglich, ein Drei-Monats-Visum für Deutsch­land zu erhalten. Vor seiner Ausreise hätten ihn viele Bekannte fast miss­trau­isch gefragt, wie er das denn geschafft habe. Er ist seit zwei Wochen hier, im Land seiner Träume, wie er Deutsch­land nennt. Er zeigt Berliner Schü­le­rinnen und Schü­lern bei prak­ti­schen Work­shops, was mit Gemüse passiert, bevor es einge­schweißt im Super­markt landet. Dancun hat in Kenia Agrar­wis­sen­schaften studiert und besitzt dort eine eigene Farm. Seine Augen leuchten, als er von der Arbeit dort erzählt. Für die drei Monate in Deutsch­land hat er den Bauernhof in die Obhut einer Vertrau­ens­person gegeben. Trotzdem ruft er weiterhin regel­mäßig an, um sicher­zu­stellen, dass dort alles okay ist.

Samie Blasingale

Samie Blasingame lebt seit anderthalb Jahren in Berlin.                                                    Foto: Rebecca Kelber

Wissen statt Hilfs­pa­kete

Genau solche Bäue­rinnen und Bauern wie Dancun Otieno betreut das Forschungs­in­stitut, in dem Samie arbeitet, wenn auch nicht in Kenia. Das Insti­tute for Advanced Sustaina­bi­lity Studies koope­riert mit der Gesell­schaft für Inter­na­tio­nale Zusam­men­ar­beit (GIZ), der staat­li­chen Orga­ni­sa­tion für Entwick­lungs­zu­sam­men­ar­beit. Der Fokus des Insti­tuts liegt dabei auf Nach­hal­tig­keit. Samie sieht ihre Rolle als Bera­terin. Sie möchte Menschen zuhören und ihnen helfen, Lösungen zu finden. Die drän­gendsten Probleme sind aber sozialer Art, meint sie. Von hungernden Menschen könne man nicht erwarten, dass sie sich mit nach­hal­tiger Land­wirt­schaft ausein­an­der­setzen. Trotzdem seien Umwelt­pro­bleme schluss­end­lich mit allem verknüpft.

Money, Money, Money

Armut und Hunger gebe es im länd­li­chen Kenia viel, meint Dancun. Nur die wenigsten Menschen könnten sich Maschinen leisten, mit denen sie ihre Felder effi­zient bestellen könnten. Dabei sei dafür gar nicht so viel Technik wie in Deutsch­land notwendig, denn das Klima sei für Land­wirt­schaft besser geeignet. Seit er hier sei, über­lege er, wie er die Stra­te­gien aus Deutsch­land in seinem Heimat­land anwenden könne. Er glaubt, dass gleich­be­rech­tigte Part­ner­schaften zwischen den Ländern des Nordens und des Südens wichtig sind. Menschen aus Kenia mit guten Ideen, aber wenig Geld bräuchten finan­zi­elle Unter­stüt­zung.

Und jetzt?

Nach den drei Monaten in Berlin geht es für Dancuns Team von ASA nach Kenia: Auch dort werden sie Work­shops für Jugend­liche über Land­wirt­schaft und Nahrungs­mittel anbieten. Am Liebsten würde er danach aber für einen Master oder Doktor wieder nach Deutsch­land kommen. Samie hingegen weiß noch nicht genau, was sie nach ihrem Master­ab­schluss machen möchte. Eigent­lich möchte sie weiter im Bereich von Commu­nity Orga­ni­zing arbeiten und so Menschen zusam­men­bringen. Große Lust hätte sie aber auch, eine Weile auf einer Insel zu leben, erzählt sie. Die nächsten Tage des Rural Future Labs werden Samie und Dancun aber erstmal ihre verschie­denen Perspek­tiven einbringen. Ihre Wünsche an eine bessere Welt ähneln sich viel­leicht, ihre Wege bisher nicht. Ein paar Meter gehen sie durch diese Veran­stal­tung gemeinsam. Ob ihre Visionen deswegen Wirk­lich­keit werden, bleibt abzu­warten.


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