Einmal Bauernhof und zurück

Datum
26. April 2017
Autor*in
Marek Walde
Redaktion
politikorange
Thema
#RuralFuture 2017
Die internationale Gruppe besichtigt ein Himbeergewächshaus

Die internationale Gruppe besichtigt ein Himbeergewächshaus

Die internationale Gruppe besichtigt ein Himbeergewächshaus. Foto: Marek Walde

Bran­den­burg: Die Visionen in der Land­wirt­schaft liegen direkt vor den Toren Berlins. poli­ti­ko­range ist mit den Teil­neh­menden des Rural Future Labs unter­wegs – hier treffen junge Erwach­sene aus aller Welt zusammen und disku­tieren über die Zukunft der Land­wirt­schaft. Ein Erfah­rungs­be­richt von Marek Walde.

Frisches Gemüse direkt vom Bauernhof
Der Zeiger steht auf der Acht. Die Türen des Busses öffnen sich, Jugend­liche drän­geln sich ins Innere. Zu hören: Gemurmel in den unter­schied­lichsten Spra­chen. Der Bus rollt los, die erste Station des Tages ist die Agro Farm Nauen“. Der Betrieb ist einer der größten im Umkreis von Berlin und versucht, die Umwelt zu schützen und ein kleines Ausru­fe­zei­chen gegen die Klima­er­wär­mung“ zu setzen, wie Farm­ar­beiter Tunisch der Gruppe erklärt.

Inno­va­tionen vom Bauernhof

Tunisch ist einer von über 20 Ange­stellten, die sich um die zirka 2400 Hektar große Farm kümmern. Das Ziel unserer Exkur­sion im Kontext des Rural Future Labs“ ist es, die Biogas­an­lagen näher kennen­zu­lernen. Was nicht selbst­ver­ständ­lich ist: Der Betrieb hat gleich mehrere Anlagen, mit denen sämt­liche Bioab­fälle ganz einfach in Strom und Wärme umge­wan­delt werden können. So kann zum Beispiel Gülle, die sonst wegen Über­dün­gung die Umwelt stark belasten würde, ganz einfach zur Strom­erzeu­gung verwendet werden. Der Bauernhof selber speist so jedes Jahr genug Strom allein über die Biogas­an­lagen ein, dass über 4000 Haus­halte über das Jahr versorgt werden können. Zusätz­lich dazu finden sich auf dem Gelände noch 85 Wind­räder und ein Solar­park, der das ganze Jahr über grüne Energie“ produ­ziert. Strom, made by Bauernhof.

Mais aus der Maschine…

Nächstes Thema: Die junge Gruppe macht sich wieder auf den Weg. Nur wenige Meter weiter lässt sich ein Global Player“ in Sachen Land­wirt­schafts­ma­schinen finden. Bei CLAAS“ im Havel­land liegt zwar nicht die Produk­tion der großen Maschinen, dafür werden sie von dort aus aber für alle Bauern im Umland verkauft und auch gewartet. So betreut die Firma zirka 50 Trak­toren, die alle regel­mäßig gewartet werden müssen. Das dauert so unge­fähr 30 bis 40 Stunden pro Maschine“, berichtet Marvin Malzahn von CLAAS“. Das Unter­nehmen hat jedes Jahr im Winter sehr gut zu tun, da die meisten Bauern ihren Traktor, Mähdre­scher, oder Häcksler in der dunklen Jahres­zeit zur Inspek­tion bringen. Wenn sie ihre Maschine im Winter abgeben“, so Malzahn, dann ist die Umsatz­ein­buße für sie deut­lich geringer, als wenn ihre Fahr­zeuge während der Haupt­ern­te­zeit im Sommer kaputt­gehen.“

'CLAAS' Mitarbeiter Malzahn erklärt der internationalen Gruppe einen Mähdrescher

CLAAS-Mitarbeiter Malzahn erklärt der internationalen Gruppe einen Mähdrescher                                                                            Foto: Marek Walde

Warum der Besuch der Firma zum Programm der Exkur­sion passt? Für die Zukunft setzt die Firma voll und ganz auf digi­tale Technik. Seit einigen Jahren schreitet die Digi­ta­li­sie­rung extrem voran. So gab es jetzt schon Test­fahrten mit Fahr­zeugen, die ganz ohne Fahrer bzw. Fahrerin auskommen und nur noch von der Terrasse mit dem Tablett gesteuert werden.

Das sind bislang aber nur Test­läufe.“ Was bereits jetzt Realität für viele Bauern ist, sind Fahr­zeuge, die sie komplett über­wa­chen können. So haben sie mit ihrem Computer zum Beispiel im Blick, wie viel Diesel das Fahr­zeug verbraucht, wo Schwach­stellen sind, oder wo sich das Fahr­zeug gerade befindet. Das“, so Malzahn, ist zukunfts­wei­send“.

Herr von Ribbeck, auf Ribbeck im Havel­land…

Weg von den tech­nisch orien­tierten Schwer­punkten hin zu den kultu­rellen High­lights in Havel­land: Neben schönen Wäldern und atem­be­rau­benden Seen findet sich auch noch das welt­weit berühmte Schloss Ribbeck in der Region bei Berlin. Für die Gruppe eine Möglich­keit, einen Einblick in die Verbin­dung zwischen Kultur und Land­leben zu gewinnen – dafür ist das histo­ri­sche Gebäude natür­lich wie geschaffen. Auf der ganzen Welt berühmt gemacht hat es defi­nitiv Theodor Fontanes Ballade Herr von Ribbeck, auf Ribbeck im Havel­land“. Aus diesem Grund besu­chen jähr­lich 30.000 bis 40.000 Menschen die frisch reno­vierte Villa, in deren Garten nicht nur ein einziger Birnen­baum steht…

Die internationale Gruppe auf Schloss Ribbeck

Die internationale Gruppe auf Schloss Ribbeck                                                                         Foto: Marek Walde

Jedes Bundes­land hat hier einen eigenen Birnen­baum gepflanzt“, so der Geschäfts­führer des Hauses Frank Wasser. Die Bäume symbo­li­sieren nach der Deut­schen Einheit ein Stück Zusam­men­halt aller Bundes­länder hier in Bran­den­burg.“

Unser Besuch endete, wie sollte es auch anders sein, mit der Ballade, die im Garten des alten Hauses spielt. Und das sogar mit einer Welt­pre­miere: Dank der inter­na­tio­nalen Gruppe konnte der Text der Ballade erst­mals gleich­zeitig auf Deutsch, Fran­zö­sisch und Englisch aufge­sagt werden. Ein schönes Zeichen für die Gemein­schaft, die durch die gemein­samen Visionen der jungen Teil­neh­menden besteht.

Ein Stück heile Welt“…

'CLAAS' Mitarbeiter Malzahn erklärt der internationalen Gruppe einen Mähdrescher

Hühner auf dem Hof von Familie Kruse werden im Freiland gehalten.                          Foto: Marek Walde

Der Bus rollt weiter, die letzte Station des Tages ist der Bauernhof der Familie Kruse, ein wasch­echter Fami­li­en­be­trieb. Regio­naler Anbau im Kleinen? Das geht bei Familie Krause und dabei noch nach­haltig. Seit über 20 Jahren bewirt­schaftet die Familie 20 Hektar Land im Havel­land, und das ausschließ­lich zur Direkt­ver­mark­tung. Das bedeutet, dass die Familie ihre Produkte, also Eier, Erdbeeren, oder Gemüse ausschließ­lich direkt im eigenen Hofladen verkauft. Das kleine Unter­nehmen produ­ziert so jähr­lich zum Beispiel rund eine Million Eier und über 30 Tonnen Erdbeeren. Trans­port­wege? Gibt es keine. Dadurch werden auch weniger fossile Rohstoffe in der Produk­tion verbraucht – ein Grund, warum der Betrieb auf der Exkur­sion nicht fehlen durfte.

Und jetzt?

Für mich bleibt von dieser gemein­samen Exkur­sion eines hängen: Die Ansätze, die wir kennen­ge­lernt haben, könnten die Mensch­heit sehr viel weiter­bringen, wenn sie denn konse­quent verfolgt würden. Aber diese Moti­va­tion fehlt größ­ten­teils wohl und so bleibt alles vorerst alles beim Alten. Zumin­dest solange, bis die nächste Gene­ra­tion etwas Entschei­dendes ändert – viel­leicht ja die jungen Menschen, neben denen ich gerade im Bus saß.


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