Mento­rinnen und Mentoren braucht das Land!

Datum
10. Oktober 2019
Autor*in
Jan Hendrik Blanke
Redaktion
politikorange
Thema
#jungunddigital 2019
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Die Jugend­ar­beit ist für Jugend­liche da, findet poli­ti­ko­range-Redak­teur Jan Hendrik Blanke. Ein Kommentar über Erwach­sene, die nicht altern wollen.

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In der Jugendarbeit trifft man vor allem: Erwachsene. I Foto: Jan Hendrik Blanke

Jeder kennt sie: Hagere Gestalt, Falten im Gesicht, lange graue Haare, dazu ein kurzer Bart. Sie sind Dauer-Jugend­liche im Haupt­beruf – und das bis zur Rente. Menschen, die in der Jugend­ar­beit tätig sind, versu­chen oft mit den Teil­neh­menden ihrer Projekte, eine Lebens­welt zu schaffen, die sie teilen. In den vielen Jahr­zehnten ihrer Arbeit in Einrich­tungen der freien Jugend­hilfe haben die Jugend­ar­beiter und ‑arbei­te­rinnen Fähig­keiten im Kickern erworben, die auf Welt­meister-Ebene glatt mithalten könnten. Kickern ist cool, das sage ich als junger Mensch. Doch ansonsten ist der Versuch, als Erwach­sener krampf­haft jugend­lich zu wirken, eher pein­lich als gewinn­brin­gend. Sich jugend­lich zu geben soll ein Jugend­ar­beits­system entschul­digen, in dem die Inhalte der Arbeit nicht von jungen Menschen bestimmt werden. Im Gegen­teil: Erwach­sene geben hier den Ton an. Neben dem Kickern planen sie an runden Tischen Work­shops zu Themen wie Fake News entlarven“ oder Fotos für Insta­gram“ – die Planung erfolgt natür­lich ohne Jugend­liche. Das ist pein­lich: Denn gerade in digi­talen Inhalten sind viele Jugend­liche besser bewan­dert als die älteren Fach­kräfte aus der Jugend­ar­beit.

Jugend­li­cher Erwach­sener oder erwach­sener Jugend­li­cher?

Entscheiden, wie der eigene Weg aussehen soll. Das war Jugend­li­chen der 68er-Jahre völlig frei­ge­stellt. Sie konnten sich auspro­bieren, erste Schritte außer­halb der Familie gehen und dabei fest­stellen, welche Ideale sie verfolgen möchten. Heute gibt es Profis, die sie dabei begleiten. Sie planen Work­shops, mit denen sie junge Menschen begeis­tern wollen und ihnen auch außer­halb von Schule und Familie nütz­liche Dinge für das Leben mitgeben. Fangen Jugend­liche an, sich in der Pubertät von der Familie weg, zu einem selbst­be­stimmten Leben hin zu bewegen, warten die erwach­se­nen­ge­machten Jugend­ver­bände schon darauf, sie zu belehren. Es ist natür­lich lobens­wert, dass Erwach­sene sich dafür einsetzen, Jugend­li­chen Unter­stüt­zungs­an­ge­bote auf den Weg mitzu­geben. Es ist aller­dings nicht so lobens­wert, wenn die Heran­wach­senden mit dann mit Erwach­senen konfron­tiert sind, die das anschei­nend nicht sein wollen. Die Jugend­ar­bei­te­rinnen und ‑arbeiter wollen selbst entscheiden, welchem Schwer­punkt sie sich in ihrer Arbeit widmen. Jugend­liche sollten diese Aufgabe wieder­erhalten.

Den Weg selbst finden

Vor allem junge Menschen sind starke Persön­lich­keiten, die selbst entscheiden können, was für sie wichtig ist. Sie brau­chen keine von Erwach­senen vorge­schrie­benen Wege, um sich ihrer eigenen Werte und Entschei­dungen bewusst zu werden. Denn das ist ihre eigene Aufgabe. Doch das Vertrauen in junge Menschen ist verschwunden. Die Jugend­ar­beiter und ‑arbei­te­rinnen kommen aus einer anderen Gene­ra­tion. Sie sind, auch wenn sie sich selbst anders verhalten, nunmal Erwach­sene und weit entfernt von der Lebens­rea­lität der Jugend­li­chen. Das ist nicht schlimm, denn ihre eigene Lebens­welt ist nicht schlechter oder besser, jedoch: anders. Sie können junge Menschen nicht durch eine Realität navi­gieren, in der sie nicht leben. Als mir meine Mutter mal erklären wollte, wie ich Whatsapp und Face­book nutzen sollte, musste ich kurz lachen. Face­book hat sie nicht einmal und das Texten bei WhatsApp bewäl­tigt sie gerade noch mit dem Ein-Finger-Adler-Such­system.

Es geht darum, Vorbild zu sein

Es braucht keine bevor­mun­dende Jugend­ar­beit von ober­lehr­haften Möch­te­gern-Jugend­li­chen. Es braucht dagegen starke Persön­lich­keiten in der Jugend­ar­beit, die nicht einfach Themen bereit­stellen, sondern die Jugend­li­chen fragen, was sie beschäf­tigt. Durch Dialog können Jugend­liche sich frei erproben und ihren Weg selber gehen. Auf dem Fach­ge­spräch Jugend und Digital“ des Landes­ju­gend­rings NRW hat die Landes­ar­beits­ge­mein­schaft Kunst und Medien eindrucks­voll bewiesen, wie so eine Jugend­ar­beit aussehen kann. Dort stellen sich die Jugend­ar­bei­te­rinnen und ‑arbeiter zur Verfü­gung und bieten einen Raum, in dem sich junge Menschen frei entfalten können. Es braucht weniger aktive Work­shop­p­la­nende, sondern mehr unter­stüt­zende Mentoren und Mento­rinnen in der Jugend­ar­beit.

Auch der Jugend­ar­beiter mit den langen Haare und dem kurzen Bart kann ein Mentor sein. Bestimmt kann die junge Gene­ra­tion anhand seiner Kicker­fä­hig­keiten eine eigene Stra­tegie entwi­ckeln, wie sie das Spiel gewinnen kann.


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