Kein Schutz zum Selbst­schutz

Datum
19. November 2018
Autor*in
Lilith Diringer
Redaktion
politikorange
Thema
#YouthforPeace2018
Schutz

Schutz

In den Vereinten Nationen haben sich 193 Mitglieds­staaten das Ziel gesetzt Kräfte zu vereinen, um den Welt­frieden und die inter­na­tio­nale Sicher­heit zu wahren“. Beim Thema Frie­dens­si­che­rung spielt auch die Rüstungs­po­litik stets eine entschei­dende Rolle. Unsere Autorin Lilith hat sich ganz nach dem Motto Gewalt ist keine Lösung“ mit der Frage ausein­an­der­ge­setzt, ob Streit­kräfte heut­zu­tage über­haupt noch sinn­voll sind.

 Wenn der starke Max den kleinen dünnen Johannes auf dem Schulhof verprü­gelt, ist meist klar, für wen sich die ankom­mende Lehr­kraft einsetzen wird. Sehen wir einen Film­clip, in dem ein Löwe eine Anti­lope jagt, so fühlen wir mit dem grazilen Tier mit – während wir kein Mitleid empfinden, wenn der Löwe von der heranga­lop­pie­renden Anti­lo­pen­herde vertrieben wird und nun kein Fressen findet. Im Allge­meinen gilt also: Wir sympa­thi­sieren stets mit den Schwä­cheren, bewerten Situa­tionen, in denen eine oder einer aufgrund eines physi­schen Vorteils gewinnt, als unfair und verur­teilen unserer Moral folgend tenden­ziell eher die Stär­keren. Zudem gilt der Ausspruch: Gewalt ist keine Lösung. Selbst wenn man also über physi­sche Stärke verfügt, sollte man diese anschei­nend nicht immer einsetzen. Warum aber lässt sich diese Sicht­weise nicht auf das Schlacht­feld über­tragen? Hier scheint die reine Stärke, der Sieg zu zählen. Zumin­dest in unserer Wahr­neh­mung. Wer gewinnt, gilt als die weisere, bessere und über­le­gene Nation. Rational hingegen werden auch im ius ad bellum (Das Recht zum Krieg) ebenso wie im ius in bello (Das Recht im Krieg) schwä­chere Parteien beson­ders geschützt. Ist also die Stärke einer Nation in der krie­ge­ri­schen Ausein­an­der­set­zung viel­leicht nicht doch sogar mehr Nach- als Vorteil? Verant­wor­tung = Die große Schwester der Stärke? Ähnlich wie ein Kampf­sportler oder eine Kamp­sport­lerin niemals auf der Straße seine bzw. ihre vollen Kräfte auspa­cken sollte, geht auch mit Waffen­ge­walt und mili­tä­ri­scher Stärke eine gewisse Verant­wor­tung einher. Wer die Mittel hat, sollte mit ihnen gewis­sen­haft umgehen. Nicht selten lassen sich zum Beispiel. Schwarz­gur­t­in­ha­bende in einem Stra­ßen­kampf lieber vermö­beln, als sich zu wehren – aus Sorge davor, bei einem folgenden Gerichts­pro­zess mit Vorur­teilen behan­delt zu werden. Ist die Stärke durch mora­li­sche Normen also viel­leicht sogar so sehr gebunden, dass sich diese im Ernst­fall gar nicht einsetzen lässt? Gemeinsam gegen Krieg Die Vereinten Nationen mit ihren 193 Mitglieds­staaten sehen sich dem Ideal des Welt­frie­dens verpflichtet und verspre­chen, ihre Kräfte zu vereinen, um den Welt­frieden und die inter­na­tio­nale Sicher­heit zu wahren“. Auch in Europa wird über eine gemein­same Armee disku­tiert. Wenn sich alle zusam­men­schließen, um gemein­schaft­lich gegen Krieg einzu­stehen: Wozu brau­chen wir über­haupt eine Armee? In Deutsch­land scheint ange­sichts der Nach­wuchsnot der Bundes­wehr eine Kriegs­mü­dig­keit Einzug gefunden zu haben, die offen­sicht­li­cher nicht sein könnte. Sind die Streit­kräfte inzwi­schen obsolet? Der Vorschlag zur Abschaf­fung des Mili­tärs wird dennoch gerade in aktu­ellen Zeiten belä­chelt: Donald Trumps Auffor­de­rungen zum Aufsto­cken der Waffen­pro­duk­tion und auch in der Bundes­re­pu­blik anhal­tende Diskus­sionen über eine Stei­ge­rung der Ausgaben lassen diese Forde­rung noch mehr als Illu­sion der Pazi­fisten und Pazi­fis­tinnen erscheinen. Tatsäch­lich aber wurde er bereits in die Praxis umge­setzt: 25 Länder welt­weit sind in Frie­dens­zeiten mili­tär­frei. Glück­lich ohne Militär Im World Happi­ness Report ergat­tert Costa Rica regel­mäßig einen der Top-Plätze. Seit 1949 erlaubt es die Verfas­sung dort nicht mehr, ein Militär in Frie­dens­zeiten zu halten. Die dadurch frei­ge­setzten Gelder werden in den Aufbau des Bildungs- und Gesund­heits­we­sens inves­tiert. Auch eine der asia­ti­schen Nationen besitzt offi­ziell kein Militär: Die japa­ni­sche Verfas­sung verbietet den Unter­halt einer Armee sowie die Andro­hung und Führung von Kriegen. Verwech­selt werden darf zudem der Abschaf­fungs­ge­danke nicht mit einem Umla­ge­rungs­ge­danken. Schon einige Male in der Geschichte wurden Staaten armee­frei“, was jedoch stets mit dem garan­tierten Schutz anderer Mächte verbunden war. Die Armee war also nicht dezi­miert worden, sondern einfach an einen anderen Ort gewan­dert und mit Menschen einer anderen Uniform ersetzt worden. Auch muss gerade im digi­talen Wandel aufge­passt werden, dass nicht einfach die Menschen damit aufhören, sich gegen­seitig die Köpfe einzu­schlagen und statt­dessen die Drohnen und Roboter damit beginnen, sich mensch­liche Ziele vorzu­nehmen. Die Bedeu­tung von Stärke im 21. Jahr­hun­dert Was heißt denn im 21. Jahr­hun­dert noch Stärke? War es lange Zeit lang mit Muskel­kraft gleich­zu­setzen, so ging es über in die Stärke der Tech­no­logie und Wirt­schaft – und heute? Heute blickt man weit zurück und orien­tiert sich an alten Vorbil­dern: Schon die Bevöl­ke­rung im alten Grie­chen­land wusste, dass die wahren Waffen die Worte und die Rhetorik sind und auch im antiken Rom gewann nicht immer die mili­tä­risch stärkste Macht, sondern häufig war Intel­li­genz der entschei­dende Faktor. Frieden – Ohne Waffen eine Leich­tig­keit? Wozu also brau­chen wir in Deutsch­land, wir in Europa noch eine Armee? Heißt es nicht immer, wir könnten mit einem Vorbild­cha­rakter voran­schreiten? Viel­leicht würden ein paar Nationen nach­ziehen? Und dann? Eine Welt ohne Waffen? Vorstellbar? Fest steht in jedem Fall, dass Entschei­dungen der Rüstungs­po­litik auch in Zukunft einen enormen Einfluss auf die Frie­dens­schaf­fung und ‑siche­rung nehmen werden.

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