Jugend­liche und die Sache mit Nach­richten

Datum
27. September 2016
Autor*in
Sabrina Winter
Redaktion
politikorange
Thema
#Zeitungskongress 2016
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Jonas Walzberg

Junge Menschen gehen anders mit Medien um als ältere. Nach­richten erhalten sie häufig nur über Twitter und Politik inter­es­siert sie nicht so sehr. Aber was wird in der Schule über Nach­richten gelehrt? Tut die Schule genug, damit Jugend­liche kompe­tent mit Medien umgehen können? Sabrina Winter nahm die Studie der TU Dresden unter die Lupe

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Lutz Hagen stellte die Studie "Nachrichtenkompetenz in deutschen Schulbüchern" auf dem BDZV-Zeitungskongress 2016 vor. Foto: Jonas Walzberg

In der Schule wird zu wenig über Nach­richten gespro­chen. Das haben Forscher und Forsche­rinnen der TU Dresden heraus­ge­funden. Sie haben den Stel­len­wert von Nach­rich­ten­kom­pe­tenz in Schul­bü­chern unter­sucht. Das Ergebnis: Nach­rich­ten­kom­pe­tenz kommt in den meisten Lehr­bü­chern zwar vor, nimmt dort aber nur wenig Platz ein. Geleitet wurde die Studie namens Nach­rich­ten­kom­pe­tenz in deut­schen Schul­bü­chern“ von Professor Lutz Hagen vom Institut für Kommu­ni­ka­ti­ons­wis­sen­schaft der TU Dresden. Er sagt: Nur in der Hälfte der Schul­bü­cher wird Nach­rich­ten­kom­pe­tenz über­haupt thema­ti­siert. Da gibt es Nach­hol­be­darf.“ Wer Nach­richten will, wandert ins Internet – und dort in die sozialen Netz­werke. Beson­ders junge Menschen unter 24 beziehen einen beacht­li­chen Teil ihrer Nach­richten von Face­book, Twitter und Co. Dieser Trend nimmt zu. Soziale Netz­werke werden immer wich­tiger, wenn es um Nach­rich­ten­nut­zung geht. Das Problem dabei ist, dass oft ein Algo­rithmus entscheidet, welche Nach­richten man liest – und welche nicht. Er selek­tiert und sortiert, bevor man selbst entscheiden kann. Hier tut sich ein inter­es­santer Zusam­men­hang auf: Wer algo­rith­mi­sche Nach­rich­ten­an­ge­bote intensiv nutzt, neigt zu extre­meren Meinungen, so Hagen.

Jung und unin­ter­es­siert

Hier mahnt Hagen zur Vorsicht. Er berichtet, dass jüngere Menschen zwischen Ange­boten, die sie im Internet finden, immer weniger diffe­ren­zieren. Befra­gungen haben ergeben, dass einige Jugend­liche Wiki­pedia als Jour­na­lismus einstufen. Jugend­liche haben sich stets weniger verpflichtet gefühlt, sich poli­tisch zu infor­mieren“, sagt Hagen. Wenn dieser Trend zunimmt, sieht er darin eine Gefahr für die Demo­kratie: Wenn sich junge Leute nicht mehr für das aktu­elle Welt­ge­schehen inter­es­sieren, ist das gefähr­lich. Wenn sie nicht wissen, wofür Nach­richten gut sind, haben sie auch kein Verständnis dafür, wie wichtig Nach­rich­ten­nut­zung und poli­ti­sche Infor­ma­tion für unsere Demo­kratie ist.“

Schüler und Schü­le­rinnen lernen kaum etwas über das Medi­en­system

Auf dem BDZV-Kongress hat Hagen seine neue Studie zum ersten Mal vorge­stellt, die von der Stif­ter­ver­ei­ni­gung der Presse e.V. in Auftrag gegeben wurde. Er und sein Team haben über 300 Schul­bü­cher aus Sachsen, Nord­rhein-West­falen und Berlin analy­siert. Dabei haben die Forscher und Forsche­rinnen auch heraus­ge­funden, dass in den Büchern vor allem Medi­en­in­halte behan­delt werden. Über das Medi­en­system oder Medi­en­gat­tungen wird kaum etwas gelehrt. Vor allem werden Zeitungen thema­ti­siert, digi­tale Medien werden in Schul­bü­chern weitaus seltener ange­spro­chen. Das scheint paradox in einer Zeit, in der Jugend­liche ihre Nach­richten aus sozialen Netz­werken ziehen.

Bei der Präsen­ta­tion seiner Studie auf dem BDZV-Kongress geht Lutz Hagen auch auf die Lügenpresse“-Vorwürfe ein und zeigt, je mehr Bildung Menschen haben, desto mehr vertrauen sie der Presse. Einen Zusam­men­hang zwischen den Vorwürfen und einem Mangel an Nach­rich­ten­kom­pe­tenz sieht er nicht: Ich glaube, dass dieser Zusam­men­hang nicht so stark ist. Schon seit 20 Jahren ist das Vertrauen in die Medien immer weniger ausge­prägt.“ Der Professor für Kommu­ni­ka­ti­ons­wis­sen­schaft blickt positiv in die Zukunft: Viel­leicht kann man hoffen, dass gerade durch die Lügenpresse‘-Vorwürfe, sich junge Leute stärker damit befassen, was Medien sollen und was sie machen.“

Im Kurz­in­ter­view möchte unser Video­team wissen, inwie­fern das Thema Nach­rich­ten­kom­pe­tenz auch in Lehr­bü­chern statt­findet. Kurz und Saftig mit Prof. Dr. Lutz Hagen

Hinter­grund-Infos

Nach­rich­ten­kom­pe­tenz: Der Begriff beschreibt die Fähig­keit, Nach­rich­ten­me­dien und jour­na­lis­ti­sche Inhalte ziel­ge­richtet zu nutzen, zu verstehen, kritisch zu beur­teilen sowie an der Nach­rich­ten­pro­duk­tion zu parti­zi­pieren. Das Konzept der Nach­rich­ten­kom­pe­tenz ist ein Teil­be­reich der Medi­en­kom­pe­tenz (vgl. 2016: Hagen et. al.)

Medi­en­kom­pe­tenz: Der Begriff beschreibt sämt­liche Fähig­keiten im Umgang mit Medien und Medi­en­ge­räten. (vgl. ebd.)


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