Ich träume davon, dass es in 50 Jahren keinen Privat­be­sitz im Stadt­ver­kehr mehr geben wird.“

Datum
26. Juni 2016
Autor*in
Alina Welser
Redaktion
politikorange
Thema
#Jugendforum Stadtentwicklung 2016
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Jonas Walzberg

Beim Jugend­forum Stadt­ent­wick­lung tauschen sich nicht nur Jugend­liche unter sich aus, es werden auch Experten um Rat gefragt. poli­ti­ko­range-Redak­teurin Alina Welser hat die Chance genutzt und sich mit Aljoscha Hofmann, Mitbe­gründer der Initia­tive Think Berl!n über schlie­ßende Flug­häfen und zähe Politik unter­halten.

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Aljoscha Hofmann sprach mit politikorange über die Zukunft der Stadtentwicklung. Foto: Jonas Walzberg

Sie sind Mitbe­gründer der Initia­tive Think Berl!n. Für was setzt sich Ihre Orga­ni­sa­tion ein?

Die Initia­tive Think Berl!n hat sich 2009 an der Tech­ni­schen Univer­sität Berlin gegründet. Von Anfang an haben wir uns mit dem Ziel getroffen, das Fach­wissen, welches wir uns als Wissen­schaftler und Archi­tekten ange­eignet hatten, der Politik in Berlin näher zu bringen. Die poli­ti­schen Systeme sind unserer Meinung nach relativ zäh, sie brau­chen zu lange, um Ideen umzu­setzen. Aus diesem Grund sollten wir stärker für die Umset­zung der aus unserer Sicht notwen­digen Verän­de­rungen eintreten. Wir verstehen uns als stadt­ent­wick­lungs­po­li­ti­sche Initia­tive, die kreativ und konstruktiv in den Diskurs gehen will, mit dem Blick über den Teller­rand. Wir wollen dabei in keiner Weise eine Protest­in­itia­tive sein, sondern viel­mehr den Menschen zeigen, wie es anders gehen kann.

Sie reden von notwen­digen Erneue­rungen. Was wollen Sie denn konkret verän­dern?

Unser Themen­be­reich ist sehr, sehr breit­ge­fasst. Eines unserer Ziele war es zum Beispiel, die deso­late Flug­ha­fen­si­tua­tion in Berlin zu verbes­sern. Bei der Planung des neuen Flug­ha­fens wurde nicht berück­sich­tigt, dass die damit einher­ge­hende Schlie­ßung der Flug­häfen Tegel und Schö­ne­feld, auch eine dras­ti­sche gesamt­städ­ti­sche Auswir­kung hat. Sollten die beiden Flug­häfen verschwinden, gibt es ökono­mi­sche Einschnitte für Firmen, die sich zuvor in Flug­ha­fen­nähe befanden. Wir haben das damals gesagt und dann wurde das Thema lange Zeit nicht aufge­nommen. Glück­li­cher­weise fängt die Politik an uns jetzt zuzu­hören- wenn auch viel zu spät.

Wie errei­chen Sie die Öffent­lich­keit und Politik?

Das eine ist, dass wir öffent­liche Work­shops und Tagungen veran­stalten. Wir versu­chen außerdem, möglichst viele Stimmen aus der Politik und Wirt­schaft zu klei­neren Diskus­si­ons­runden einzu­laden. Wir können auf diese Art unsere Ideen einbringen und somit den Diskurs zwischen Politik und Wissen­schaft verbes­sern. Zum anderen kommen Parteien, poli­ti­sche Stif­tungen oder auch die Verwal­tung auf uns zu.

Haben Sie ein Herzens­pro­jekt?

Diese Frage ist sehr schwer zu beant­worten, wobei ich sagen muss, dass Stadt­ver­kehr zu einem meiner Schwer­punkt­themen geworden ist. Vor allem in den letzten sechs Jahren habe ich mich intensiv damit beschäf­tigt. Die Abkehr von der auto­ge­rechten Stadt ist einfach ein Thema, das mich antreibt und das meiner Meinung nach in alle anderen Themen­be­reiche mitein­fließt.

Wie sieht Ihrer Meinung nach der Stadt­ver­kehr in 50 Jahren aus?

Ich träume davon, dass es in 50 Jahren im Verkehrs­be­reich so gut wie keinen Privat­be­sitz mehr geben wird. Natür­lich wird immer eine Nische für Sammler oder Spezi­elles bestehen bleiben, wie zum Beispiel den Oldtimer. Ich denke aber, dass wir viel selbst­ver­ständ­li­cher mobil sein werden, indem wir öffent­lich verfüg­bare Ange­bote nutzen. Viel­leicht sind diese auch gratis, wenn wir zu einer anderen ökono­mi­schen Form kommen – das wäre das Optimum. Ich glaube, dass wir uns einfach von dem Gedanken verab­schieden müssen, dass wir im Stra­ßen­ver­kehr Besitz haben.

Die Entwick­lung des Stadt­ver­kehrs bedeutet glei­cher­maßen auch eine fort­schrei­tende Digi­ta­li­sie­rung. Haben Sie dabei keinerlei Bedenken, dass dadurch der Daten­schutz verletzt werden könnte?

Ich stehe den Auswüchsen der Digi­ta­li­sie­rung, was Daten­schutz und ähnli­ches angeht, sehr kritisch gegen­über. Wenn ich daran denke, dass wir komplett über­wacht werden, bekomme ich ein mulmiges Gefühl im Bauch. Der Trend zur voll­stän­digen Digi­ta­li­sie­rung wird sich aber nicht aufhalten lassen. Es geht viel­mehr darum, ein Umdenken zu errei­chen. Ich könnte mir zum Beispiel vorstellen, dass es Ange­bote zur Anony­mi­sie­rung der Benutzer geben wird.


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