Holo­waty zu hartem Brexit: Deut­sche Wirt­schaft ist nicht darauf vorbe­reitet“

Datum
11. Januar 2019
Autor*in
Johannes Erdbrügger
Redaktion
politikorange
Thema
#EPjugendforum 2019
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Stephan Holo­waty (FDP) fällt zur Digi­ta­li­sie­rung eine Kaiser-Wilhelm-Analogie ein und hält nichts von Upload­fil­tern. Durch sie sieht er die Frei­heit im Internet bedroht. Johannes Erdbrügger sprach mit ihm über das Digi­ta­li­sieren von Schulen, den Brexit und den Ausschalter fürs Internet.

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Stephan Holowaty war früher in der Wirtschaft tätig, bevor er durch Zufall zur FDP kam.                   Foto: Henri Maiworm

Herr Holo­waty, Sie setzen sich sehr stark für die Digi­ta­li­sie­rung an Schulen ein. Wie soll die genau aussehen und wie digi­ta­li­sieren Sie Schulen?

Wir wollen, dass jeder Schüler einen Laptop oder ein Tablet hat – mit einem Anschluss an die entspre­chende Infra­struktur. Digi­ta­li­sie­rung bedeutet aber nicht nur, dass jeder Schüler ein Tablet hat, sondern dass man damit auch zusammen arbeitet. Beispiels­weise indem man damit auch mit Schulen aus anderen Bundes­län­dern oder auch anderen euro­päi­schen Ländern gemein­same Projekte durch­führt. Die didak­ti­sche Kompo­nente ist mir viel wich­tiger als nur die reine Hard­ware-Frage. Ich will das sich Kulturen, aber auch unter­schied­liche Schwer­punkte treffen. Zum Beispiel im Sprach­un­ter­richt: Was ist besser als mit Schü­lern aus einem anderen Land zu spre­chen und damit eine neue Sprache zu lernen und nicht nur Lite­ratur zu lesen?

Der rich­tige Umgang mit den Medien muss erstmal gelehrt werden bevor man Medien in den Unter­richt einbinden kann. Da kommt dann aller­dings das Problem auf, dass viele ältere Lehrer selbst nicht mit den Medien umgehen können. Haben Sie einen Plan um dem Problem vorzu­beugen?

Wir werden nicht von einer Sekunde auf die nächste alle mit Inter­net­me­dien oder IT-Medien arbeiten können. Kaiser Wilhelm hat mal als das Auto erschienen ist gesagt, dass das Auto nur eine vorüber­ge­hende Erschei­nung sei, er setze auf das Pferd. Wenige Jahre später ist auch Kaiser Wilhelm mit dem Auto gefahren. Manche Lehrer werden auch weiter tradi­tio­nell lehren und das zum Teil auch sehr gut machen. Andere werden sagen ich nutze die neuen Möglich­keiten. Wir werden eine Tran­si­ti­ons­phase haben, wo sich das Wissen auch bei den Lehrern immer weiter aufbaut. Viele junge Lehrer sind heute bereits mit Compu­tern aufge­wachsen, für die ist es eine Selbst­ver­ständ­lich­keit, für andere eben nicht.

Die Spei­che­rung persön­li­cher Daten ist inzwi­schen beinahe eine Selbst­ver­ständ­lich­keit für uns geworden. Haben Sie Ideen um das Sammeln von Daten zu unter­binden oder wenigs­tens zu verrin­gern?

Es gibt sehr viele persön­liche Daten, die wir heute frei­willig bereit­stellen auf Face­book oder sons­tigen Medien. Die Sozialen Medien sind das beste Beispiel dafür, dass wir an ganz vielen Stellen persön­liche Daten preis­geben. Die eigent­liche Zukunfts­auf­gabe ist es den Umgang mit den Daten so zu gestalten, dass sie nicht miss­braucht werden. Wir haben heute nicht mehr die Möglich­keit zu sagen, wir drücken auf den Ausschalter für das Internet. Wer das glaubt, lebt 30 Jahre in der Vergan­gen­heit. Ich verstehe, dass manche Menschen sehr genau regeln wollen, was ein Unter­nehmen über sie spei­chern darf. Ich glaube aber, dass das immer weniger durch­setzbar sein wird, weil wir alle immer mehr digi­tale Anwen­dungen nutzen wollen. Digi­tale Anwen­dungen bedeuten auch auto­ma­tisch Daten.

Mein persön­li­cher Fokus liegt auf zwei Dingen: Nur das spei­chern, was zur Aufga­ben­er­fül­lung nötig ist und den Umgang mit den Daten zu sichern, damit sie nicht miss­braucht werden.

Bei dem Hacker­an­griff vor einigen Tagen ist eine beträcht­liche Menge an Daten gestohlen und veröf­fent­lich worden. Was kann man denn viel­leicht daraus lernen oder wie kann man so etwas in Zukunft verhin­dern?

Am wich­tigsten ist es, ein Bewusst­sein darüber zu erlangen was man online stellt. Ich habe fest­ge­stellt, dass sich Menschen in Chats anders verhalten als im realen Leben. Ich muss auch für mich selber prüfen, wie ich mich im Chat verhalte und was ich für Kommen­tare schreibe. Wir müssen ganz stark auf das Thema Cyber­se­cu­rity setzen. Ande­rer­seits müssen wir auch unseren Teil dazu beitragen, dass die Cyber­se­cu­rity gelebt werden kann, indem wir auf unsere Pass­wörter und auf unsere Daten aufpassen.

Ein großes Thema, das beson­ders Jugend­liche betrifft ist der geplante Artikel 13 der EU-Urhe­ber­rechts­re­form. Inter­net­por­tale müssen danach eine Art Upload­filter“ einsetzen um sicher­stellen zu können, dass durch deren Benutzer keine Urhe­ber­rechte verletzt werden. Das gesamte Internet ist deswegen in Aufruhr. Einige Beob­achter spre­chen bereits vom Ende des Inter­nets“. Unter­stützen Sie den Artikel 13 oder sind Sie dagegen?

Er ist nicht das Ende des Inter­nets, aber er ist das Ende eines großen Teils der Frei­heit im Internet. Meinungs­frei­heit heißt nicht nur etwas sagen zu können, sondern auch dafür zu sorgen, dass es auch gehört werden kann. Aus diesem Grund sind wir Freie Demo­kraten ganz strikt gegen solche Upload­filter. Denn Upload­filter führen dazu, dass private Unter­nehmen dazu gezwungen werden, Eingriffe in Grund­rechte vorzu­nehmen. Das kann nicht sein. Das darf nur der Staat aufgrund eines Gesetzes. Wir sind strikte Gegner von Upload­fil­tern.

Spre­chen wir über ein euro­päi­sches Themen: Denken Sie, die deut­sche Wirt­schaft ist auf einen harten Brexit – also einen Brexit ohne rich­tiges Austritts­ab­kommen – vorbe­reitet?

Die deut­sche Wirt­schaft ist nicht darauf vorbe­reitet, deswegen würde sie ein solcher Brexit ganz schwer treffen. Auf manche Dinge kann man sich auch gar nicht vorbe­reiten. Ich weiß heute nicht wie die Trans­port­ka­pa­zi­täten nach Groß­bri­tan­nien aussehen werden, ob die Schiffe und die LKWs nur noch im Stau am Zoll stehen, anstatt ausge­laden wieder zurück­zu­fahren. Wir sehen uns auf einen Abhang zurau­schen, von dem wir nicht wissen wie tief er ist. Sicher sagen kann man nur, dass es die deut­sche Wirt­schaft hart treffen wird. Wir haben inten­sive Verflech­tungen mit Groß­bri­tan­nien. Es wird aber vor allem die Menschen treffen: die Briten, die in Europa arbeiten und die Euro­päer, die in Groß­bri­tan­nien arbeiten.


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