Hört den jungen, enga­gierten Menschen endlich zu!“

Datum
08. Dezember 2019
Autor*in
Clara Hümmer
Redaktion
politikorange
Thema
#Jugendstrategie19
Clara

Clara

Sascha Kemper

Junge Menschen wollen sich einbringen und gehört werden. Warum es also so wichtig ist, den Schwach­stellen der vorhan­denen Parti­zi­pa­ti­ons­formen zu begegnen und wohin es mit der Stimme der Jugend in der Politik gehen soll – damit hat sich Clara Hümmer beschäf­tigt.

Poli­ti­sches Enga­ge­ment ist in seinen Defi­ni­tionen und Ausprä­gungen ebenso viel­fältig wie die Menschen, die dahinter stehen. Darunter fällt die Tätig­keit in der Frei­wil­ligen Feuer­wehr genauso wie die Unter­schrift, die wir bei manch einer Peti­tionen an den Schluss setzen. Was diese Hand­lungen laut Poli­tik­wis­sen­schaftler Max Kaase jedoch verbindet, ist das Ziel, Entschei­dungen auf den verschie­denen Ebenen des poli­ti­schen Systems zu beein­flussen“.

Ergänzt und gelenkt wird sie in großem Maße von sozialer Parti­zi­pa­tion – von Akti­vi­täten also, die laut Bundesamt für poli­ti­sche Bildung auf soziale Inte­gra­tion gerichtet sind. Reden wir über poli­ti­sche Mitbe­stim­mung, müssen wir uns demnach nicht nur über poli­ti­sche Teil­ha­be­muster unter­halten, sondern auch über die des sozialen Enga­ge­ments.

Es ist schwierig wahr­ge­nommen zu werden“

Um dabei den bestehenden Struk­turen Verbes­se­rungs­po­ten­tial zu attes­tieren, muss enga­gierten Jugend­li­chen ledig­lich zuge­hört werden. Cara Speer nahm an den Jugend­Po­li­tik­Tagen 2019 im Mai teil. Für sie, die selbst in einem Jugend­par­la­ment sitzt, ist es schwierig wahr­ge­nommen zu werden, wenn man jung und weib­lich ist“. Ob und inwie­fern sie sich vertreten fühlt, sieht sie vor allem als Frage der Ebene“.

Was in kommu­nalen Dimen­sionen noch vorhanden ist, geht auf Landes- und Bundes­ebene häufig verloren. Schon im Kleinen haben Jugend­liche wie sie zu kämpfen, die Anliegen der Jugend zu vertreten – die Blase“, aus der laut Cara die poli­ti­sche Inter­ak­tion oft nicht nach Außen wahr­nehmbar tritt und die mit geringer Wahl­be­tei­li­gung einher­geht, kommt ihnen meist in die Quere.

Wert­volle Ressource: Die Perspek­tive der Jugend

Auf der anderen Seite sind da die Lauten und Gehörten, die ihre Frei­tage für die Zukunft auf den Straßen verbringen und nach und nach mehr Menschen abholen. Unter dem Titel Eine Gene­ra­tion meldet sich zu Wort“ zeichnet die 2019 veröf­fent­lichte Shell-Studie das Bild von Jugend­li­chen, die stärker eintreten möchten für die Anliegen der Zeit – und einer Politik unter Zugzwang. 71 % der Jugend­li­chen bereitet dort beispiels­weise die Umwelt­ver­schmut­zung Sorgen und 65 % der Klima­wandel Angst.

In dieser Diskre­panz zwischen Weghören und sich zu Wort melden, gerade in Bezug auf Themen, die die Lebens­rea­li­täten der jungen Gene­ra­tion nach­haltig prägen und dies weiterhin tun werden, liegt das Problem. Dabei birgt eine stär­kere jugend­liche Perspek­tive immense Chancen. Themen wie Tole­ranz und Viel­falt sind laut Shell-Studie schon als Bestand­teil jungen Lebens in Deutsch­land“ in der Menta­lität fest inte­griert.

Außerdem können Jugend­liche demo­kra­ti­sche Inter­ak­tion und Muster erlernen, wenn sie von Anfang an poli­tisch einge­bunden sind. Dazu gehören Diskus­sionen und das Ringen um Mehr­heiten und Lösungen“, wie es Bundes­mi­nis­terin Dr. Fran­ziska Giffey in einem Brief an die Teil­neh­menden der Jugend­Po­li­tik­Tage 2019 ausdrückt.

Selbst­wirk­sam­keit erzeugen

Ausschlag­ge­bend ist jedoch grund­sätz­lich das Gefühl der Selbst­wirk­sam­keit. Nur wenn wir sehen, dass wir etwas bewirken können, sind wir auch bereit, Zeit und Energie zu inves­tieren. Für Cara Speer ist es deshalb essen­ziell, dass die Jugend­li­chen erkennen, was sie mit ihren kleinen Dingen bewegen können“. Das beginnt bei der Wahl der Ernäh­rung und endet damit, auf Augen­höhe mit Poli­ti­kern zu verhan­deln.

Wenn Heran­wach­sende Vereine, Verbände, Demons­tra­ti­ons­gruppen und andere Parti­zi­pa­ti­ons­formen mitge­stalten und zu den ihren machen, dann wird oft Neues gewagt, werden nach­hal­tige Entwick­lungen ange­regt und notwen­dige Verän­de­rungen ange­stoßen“, wie es die Deut­sche Sport­ju­gend auf den Punkt bringt.

Politik gestalten – von Jugend­li­chen für Jugend­liche

An Umset­zungs­vor­schlägen, wie sie eben­falls in der Jugend­stra­tegie formu­liert sind, mangelt es dabei nicht. Es bräuchte inklu­si­veres, inter­ge­ne­ra­ti­veres Denken und inno­va­tive Ange­bote, die medi­en­wirksam verbreitet werden. Auch der Ruf nach flexi­bleren Parti­zi­pa­ti­ons­formen wird lauter, um der Proble­matik der Verein­bar­keit mit Schule und Studium zu begegnen. In schu­li­schen Pflicht­ver­an­stal­tungen ließen sich neue Ziel­gruppen erschließen und dem Anspruch der breiten Betei­li­gung nach­kommen – mit den Worten der Bertels­mann Stif­tung aus dem Wegweiser breite Bürger­be­tei­li­gung“ gesagt: Viel­falt statt Viel­zahl“. Auch Maßnahmen wie Quoten­re­geln für die Ämter­ver­gabe oder ein Über­denken des Wahl­al­ters stehen seit Jahren in der Diskus­sion.

Das zeigt, dass Jugend­liche nicht nur bei der poli­ti­schen Parti­zi­pa­tion an sich betei­ligt werden müssen. Es gilt ebenso, sie zu der Art und Weise ihrer Betei­li­gung zu Wort kommen zu lassen. Welche quali­tativ hoch­wer­tigen Struk­turen, Visionen und Zukunfts­bilder die Betrof­fenen dabei entwerfen, wird dann sichtbar, wenn wir genau das tun, was sie von uns verlangen – hinhören und einbe­ziehen.


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