Gene­ra­tion Null Commit­ment kommt – gut so!

Datum
15. September 2021
Autor*in
Christian Lütgens
Redaktion
politikorange
Themen
#BTW21 #Gen Z
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Jugendpresse Deutschland e. V./Christopher Folz

Gene­ra­tion Z kennt kaum noch Bindungen. Ob Netflix und Spotify, Amazon, Lieferando und Bumble – alles ist zu nahezu jeder­zeit von überall aus möglich. Das wirkt sich auf das Wahl­ver­halten aus. Ein Kommentar von Chris­tian Lütgens.

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Eine Wahlentscheidung erfordert Bekenntnis – zu einer Partei und ihren Inhalten. Zu viel für die heutige Generation? Foto: Jugendpresse Deutschland / Christopher Folz

Wer heute zu den Digital Natives zählt, wird umgeben von On-Demand-Services. Ob Film oder Pizza, Dating, Musik oder Klei­dung – die Digi­ta­li­sie­rung erlaubt der Mehr­heits­ge­sell­schaft Frei­heiten, die zwar zum Teil auf dem Rücken von anderen ausge­tragen werden, man denke nur mal an dieje­nigen, die die ganzen Pakete liefern, die händisch Fakes, Hate und Schlim­meres auf Social Media und Rating-Platt­formen mode­rieren“. Doch entschei­dender für die Konsu­mie­renden ist das Gefühl, alles zu jeder Zeit haben können, alles zu jeder Zeit kündigen können. Kaum noch Commit­ment“.

Wahl nach Gewohn­heit – nicht mit der Gene­ra­tion Z

Und die Politik? Die dies­jäh­rige Präsen­ta­tion der Parteien war vor allem geprägt von inhalt­lich-irrele­vanten Klei­nig­keiten. Langsam finden sich zwar erste program­ma­ti­sche Ausein­an­der­set­zungen mit gewisser Substanz, doch zur Lebens­rea­lität der Gene­ra­tion Z passen diese nicht. Da reicht schon ein Blick in die Diskus­sionen der Akteur*innen in Talk­shows, Twitter oder auch analog am Wahl­kampf­stand. Von Ideo­lo­gien und Erbschlei­cherei wird geredet, erst jüngst bei der Union.

Solche Warnungen entspringen einem Denk­muster aus dem letzten Jahr­hun­dert: Ich wähle Partei ABC, weil Das habe ich schon immer so gemacht. Und meine Eltern auch.“ Das mag wahr sein. Wohl nicht ohne Grund konnte sich die Amts­in­ha­berin 16 Jahre im Amt halten. Gut möglich aber, dass dies die letzte große Polit-Ära einer einzelnen Person war. 16 Jahre Baer­bock oder Scholz als Kanzler*in? Heute schwer vorstellbar – denn die Jungen wollen und können sich kaum noch fest­legen.

Umso mehr sind die Parteien gezwungen, über­zeu­gende Wahl­pro­gramme zu entwerfen. Heut­zu­tage wird viel mehr disku­tiert, hinter­fragt, gelacht. Das ist gut so, denn der Zeit­geist wandelt sich. Dieser frische Wind bläst die Stammwähler*innen langsam aber sicher weg und bringt zuneh­mend Wechselwähler*innen mit sich. Faktoren wie die Brief­wahl sowie eine Libe­ra­li­sie­rung in der Gesell­schaft verstärken diesen Effekt.

Haltung zeigen, Profile schärfen

Die poli­ti­sche Land­schaft muss also erstens mit der neuen Norma­lität leben, dass Stabi­lität bei künf­tigen Koali­ti­ons­bil­dungen ein Luxusgut wird. Volks­par­teien mit mehr als 20 Prozent gibt es kaum noch. Auf den Arbeiter, die Mittel­stands­fa­milie oder die Atom­kraft­geg­nerin ist kein Verlass mehr. Nie war der Ausgang einer Bundes­tags­wahl so offen wie dieses Mal, nie gab es in der Theorie mehr Farb­spiele.

Zwei­tens müssen sich die Parteien die Frage stellen, wie ihre Ziel­gruppen aussehen. Denn es werden immer mehr Menschen, die alles zu jeder Zeit kriegen können, expe­ri­men­tier­freudig wie poli­ti­siert sind und keine Kreuz­chen-Tradi­tionen mehr hegen. Die Konse­quenz darf nicht darin liegen, das eigene Wahl­pro­gramm so schwammig wie nur irgendwie möglich zu formu­lieren, um möglichst viele anzu­spre­chen. So etwas über­zeugt nicht. Viel mehr sollten über­zeu­gende Vorschläge mit erkenn­barer Haltung gemacht werden, wie das Land künftig gestaltet werden soll. Die Themen und Anliegen mögen viel­leicht dieselben bleiben, aber heute ist man aufge­klärter und offener denn je. Gene­ra­tion Null Commit­ment kommt. Die Parteien täten gut daran, in ihren Programmen über­holte Denk­muster zu über­winden und statt­dessen den Wechselwähler*Innen klare und über­zeu­gende Profile zu präsen­tieren.


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