Freie Presse im freien Fall?

Die politikorange-Redaktion zum Thema Pressefreiheit.

Die politikorange-Redaktion zum Thema Pressefreiheit.

Foto: Jugendpresse Deutschland e.V./ Ella Sophia Seeger
Deutsch­land stürzt im Ranking der Pres­se­frei­heit weiter ab. Poli­ti­ko­range hat sich in Leipzig auf die Suche nach den Gründen dafür begeben. Wie können sich Journalist*innen vor Angriffen schützen? Und wer berät in Rechts­fragen?

Deutsch­land stürzt im Ranking der Pres­se­frei­heit weiter ab. Politikorange hat sich in Leipzig auf die Suche nach den Gründen dafür begeben. Beson­ders Fragen nach Repres­sionen gegen Journalist*innen haben uns beschäf­tigt: Wie können sich Journalist*innen vor Angriffen auf Demons­tra­tionen schützen? Wer berät bei Unter­las­sungs­klagen? Und welchen Zusam­men­hang gibt es zwischen der prekären ökono­mi­schen Situa­tion von Journalist*innen und der schwin­denden Pres­se­frei­heit?

Dikta­turen, Mord­dro­hungen, Haft­strafen, Über­wa­chung – oft sind das die ersten Asso­zia­tionen, die in den Sinn kommen, wenn von einge­schränkter Pres­se­frei­heit die Rede ist. An Deutsch­land wird dagegen wohl kaum gedacht. Immerhin ist die Frei­heit der Presse hier­zu­lande ein in Artikel 5 des Grund­ge­setzes geschütztes Gut. Eine in der Demo­kratie garan­tierte Voraus­set­zung, die nötig ist, damit Bürger*innen sich frei infor­mieren und eine eigene Meinung bilden können. So weit, so gut also? Mitnichten.

Auch in Deutsch­land grenzen vor allem Hass­rede, tätliche Angriffe und Einschüch­te­rungs­klagen die freie Bericht­erstat­tung immer weiter ein. Um Licht ins Dunkel dieser besorg­nis­er­re­genden Entwick­lung zu bringen, sprach die Projekt­re­dak­tion in Leipzig mit Expert*innen aus dem Medi­en­recht und zivil­ge­sell­schaft­li­chen Orga­ni­sa­tionen, einer säch­si­schen Poli­ti­kerin sowie mit von Repres­sionen betrof­fenen Journalist*innen.

Den Anfang machte ein Besuch im Euro­päi­schen Zentrum für Presse- und Medi­en­frei­heit (ECPMF). Mit Geschäfts­führer Lutz Kinkel spra­chen wir über die Studie Feind­bild Jour­na­list“ und darüber, wie Medi­en­häuser ihre Ange­stellten vor Repres­sionen schützen können. Außerdem lernten wir die verschie­denen Hilfs­pro­gramme kennen, mit denen die Non-Profit-Orga­ni­sa­tion Journalist*innen im Exil Schutz bietet. Anja Pasquay, Pres­se­spre­cherin des Bundes­ver­bandes Digi­tal­pu­blisher und Zeitungs­ver­leger (BDZV), berich­tete dabei über das Pilot­pro­jekt von Netz­werk Recherche Helpline“, bei dem Journalist*innen sich gegen­seitig in psychi­schen Ausnah­me­si­tua­tionen unter­stützen.

Lotte Laloire von Reporter ohne Grenzen lieferte Einblicke, wie ihr jähr­li­ches Ranking entsteht und Tobias Gostomzyk, Professor für Medi­en­recht an der TU Dort­mund, gab in einem Work­shop Schritt für Schritt Anlei­tungen, was in Bedro­hungs­si­tua­tionen zu tun sei. Beide erzählten dabei von der Zunahme der soge­nannten Stra­tegic Lawsuits against Public Parti­ci­pa­tion “ kurz SLAPPs, also präven­tiven Anwalts­stra­te­gien um Bericht­erstat­tung im Keim zu ersti­cken. Dass Redak­tionen sich von Klagen wie diesen nicht einschüch­tern lassen sollten, erläu­terte Gostomzyk zusätz­lich anhand seiner Studie Wenn Sie das schreiben, verklage ich Sie!“. Tags darauf sprach unsere Redak­tion mit den Lokaljournalist*innen Kili Weber und Bastian Raabe, die von Angriffen auf ihre Bericht­erstat­tung über Rechts­extre­mismus auf Quer­denken“- und Friedens“-Demos in und um Leipzig erzählten.

Entstanden sind Inter­views, Porträts und Features – fünf Artikel, die Bedro­hungen der Pres­se­frei­heit aus verschie­denen Perspek­tiven beleuchten. Jacque­line Scholtes zieht in ihrem Feature Bilanz, wie Journalist*innen bei der Bericht­erstat­tung über Lützerath einge­schränkt wurden. Clara Baldus hat mit Claudia Maicher über ihre Arbeit als Vorsit­zende des Medi­en­aus­schusses im Säch­si­schen Landtag gespro­chen. Einen Blick über den euro­päi­schen Teller­rand wagt Rebekka Schäfer mit einem Porträt über Azad, der vor sechs Monaten Land und Familie verlassen musste, um weiter kritisch über die Regie­rung in seiner Heimat Bangla­desch berichten zu können. Hannah Sturm blickt in ihrem Inter­view mit Lotte Laloire hinter die Kulissen bei Reporter ohne Grenzen. Und wie Pres­se­ar­beit sich seit Beginn der Querdenken“-Proteste verän­dert hat, beleuchtet Lisa Schmach­ten­berger in einem Feature über Jour­na­lismus in Ostdeutsch­land.

Viel Spaß beim Lesen, einen umfas­senden Einblick in die Thematik und viele Anstöße für eine freiere Bericht­erstat­tung im nächsten Jahr wünscht die politikorange-Chef­re­dak­tion zum Tag der Pres­se­frei­heit.


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