Die Münchner Sicher­heits­kon­fe­renz – Eine Bühne für globale Heraus­for­de­rungen?

Datum
06. März 2025
Autor*in
Nelly Sachs
Redaktion
politikorange
Thema
#Politik
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Vizepräsident JD Vance spricht auf der Main Stage im Hotel Bayerischer Hof. Foto: Marc Conzelmann/MSC
In einer Welt voller Unsi­cher­heiten und Konflikte wird der Baye­ri­sche Hof zum Schau­platz, an dem sich Macht­eliten und Vordenker versam­meln. poli­ti­ko­range-Repor­terin Nelly war vor Ort.

In einer Welt voller Unsi­cher­heiten und Konflikte wird der Baye­ri­sche Hof zum Schau­platz, an dem sich Macht­eliten und Vordenker versam­meln. Hier wird nicht nur über Stra­te­gien verhan­delt, sondern auch über die Zukunft der globalen Zusam­men­ar­beit. poli­ti­ko­range-Repor­terin Nelly war vor Ort.

München – Vor dem eigent­li­chen Gelände der Münchner Sicher­heits­kon­fe­renz (MSC) reihen sich die Poli­zei­autos am Stra­ßen­rand meilen­weit hinter­ein­ander. Sie lassen nur dieje­nigen aufs Gelände, die einen Konfe­renz­aus­weis bei sich tragen, und müssen den neugie­rigen Umste­henden, die sich zuhauf hinter der Absper­rung tummeln, erklären, dass sie wirk­lich nicht daran vorbei­kommen. Es folgen Sicher­heits­checks. Sie inspi­zieren meine Hand­ta­sche gründ­lich und scannen mich mit einem Metall­de­tektor von oben bis unten ab.

Diese Checks wieder­holen sich jedes Mal, wenn ich den abge­sperrten Bereich um den Konfe­renzort des Hotels Baye­ri­scher Hof verlasse. Und das kommt häufig vor, da das Areal groß ist und das Pres­se­zen­trum nahe einer Einkaufs­meile liegt, die im Gegen­satz zum Baye­ri­schen Hof normal zugäng­lich ist. Um dann jedoch ins Pres­se­zen­trum hinein zu kommen, durch­laufe ich eine Sicher­heits­kon­trolle wie am Flug­hafen. Das Hand­ge­päck geht über ein Lauf­band und wird gescannt. Ich muss durch einen Metall­de­tektor laufen und werde zusätz­lich noch vom Sicher­heits­per­sonal manuell abge­tastet.

Das Pres­se­zen­trum wurde für nur drei Tage mitten in der Münchner Innen­stadt aus dem Boden gestampft für über 12.000 Medi­en­schaf­fende aus mehr als 60 Ländern. Hier werden die Podi­ums­dis­kus­sionen aus den Konfe­renz­hallen im Baye­ri­schen Hof live über­tragen. In den Baye­ri­schen Hof komme ich nicht selbst­ständig. Begleiter des Media Opera­tion Teams“ der Konfe­renz führen eine begrenzte Anzahl von Journalist*innen und Fotograf*innen zum Ort der Veran­stal­tung, bleiben die ganze Zeit bei ihnen und begleiten sie anschlie­ßend wieder aus dem Hotel. Wir können uns nicht frei bewegen, sind aber trotzdem hautnah dran.

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Ins Pressezentrum und auf das Gelände kommt man nur mit Konferenzausweis. Foto: Nelly Sachs/Jugendpresse Deutschland e.V.

Es herrscht geschäf­tiges Treiben auf der Konfe­renz. Es ist so voll. Jeder will irgendwo hin. Es ist schier unmög­lich, niemandem Berühmtem über den Weg zu laufen. Am Tag seiner Rede geht Wolo­dymyr Selen­skyj – Präsi­dent der Ukraine – unge­fähr einen Meter entfernt von mir, begleitet von seiner Entou­rage, zur Großen Bühne. Julija Nawal­naja – russi­sche Menschen­rechts­ak­ti­vistin und Ehefrau des verstor­benen Oppo­si­ti­ons­füh­rers Alexei Nawalny – eilt auf der Straße an mir vorbei. Am Sonntag sehe ich Außen­mi­nis­terin Anna­lena Baer­bock, gefolgt von zwei Sicher­heits­leuten am Münchner Hof vorbei joggen. Vor dem Hotel fahren die Dele­gierten vor. Die Chine­si­schen mit 15 Konvois.

Globale Sicher­heit auf der Kippe

Die Top Themen der drei Tage: Ukraine-Krieg, Krisen im Nahen Osten, Tech­no­logie und Demo­kratie. Klima kommt nur selten vor. Die Zukunft der Ukraine steht sehr im Fokus.

Ich sitze bei dem Gespräch mit Paläs­tinas Premier­mi­nister Mohammad Mous­tafa. Er blickt opti­mis­tisch in die Zukunft und spricht von Plänen, Gaza in nur 3 Jahren wieder aufzu­bauen. (Die UN peile dafür 15 Jahre an, so Mode­ra­torin Chris­tiane Aman­pour.) Es würde viel Hilfe, vor allem Zelte gebraucht, aber die Bevöl­ke­rung hätte nicht ihr Zuhause, sondern geliebte Menschen verloren. Jeder habe Angst vor Kriegen, so Mous­tafa, aber von Gaza könne man lernen. Es gäbe Möglich­keiten, das Rich­tige zu tun und den Frieden wieder­her­zu­stellen.

Metas Poli­tik­chef Joel Kaplan spricht derweil davon, dass die Regu­lie­rung von Tech­no­lo­gien zu einem großen Nach­teil für Europa geführt hätte und dass Europa seine Chance nicht nutzen würde. Er sieht die Strafen, die von der EU verhängt worden, als unfaire Handels­dis­kri­mi­nie­rung. Als Lobbyist kann er wahr­schein­lich auch nichts anderes sagen. Ob bei Social Media oder KI, die euro­päi­schen Teilnehmer*innen der Diskus­sion – Manfred Weber, Luc Frieden und Fran­ziska Brandner – sind sich einig, dass es Rege­lungen und Kontroll­me­cha­nismen brauche. Luc Frieden, Luxem­burgs Premier­mi­nister, betont, Euro­päer müssten bei den Prin­zi­pien bleiben, an die sie glauben. Europa soll aber auch wett­be­werbs­fähig bleiben. Dazu sei es wichtig, dass Euro­päer auf ihre Stärken setzen und grenz­über­grei­fend zusam­men­ar­beiten. Die Heraus­for­de­rung werde darin bestehen, so schnell zu sein wie andere Länder, die andere Struk­turen haben, wie die USA oder China“, so Frieden.

Demo­kratie in der Krise

Vier starke Frauen setzen auf dem letzten Panel der Demo­kratie ein Denkmal. Die Diskus­sion bildet gewis­ser­maßen das Gegen­stück zum Beginn der Konfe­renz, wo JD Vance, Vize­prä­si­dent der USA, mit seiner Rede rechte Posi­tionen norma­li­siert und für den Fall der Brand­mauer plädiert. Er zog Paral­lelen zwischen Greta Thun­berg und Elon Musk – habe sie Greta Thun­bergs Äuße­rungen über­lebt, würde die deut­sche Demo­kratie auch Musk über­leben. Amerika könne keinem Land helfen, das Angst vor den eigenen Wählern habe. Er spricht von schlimmen Zuständen in Europa und Zensie­rung, im Gegen­satz zur Trump-Regie­rung, wo man frei seine Meinung äußern könne.

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Abschlusspodium "Never Waste a Quarter-Life Crisis:New Solutions in a Polarized Century". Foto: Dominik Berchthold/MSC

Svia­tlana Tsikha­nous­kaya, Bürger­recht­lerin und Präsi­dent­schafts­kan­di­datin von Belarus; Utaara Mootu, Parla­men­ta­rierin aus Namibia; Alek­sandra Uznańska-Wiśniewska, Polni­sche Parla­men­ta­rierin und Elena Motta, Kongress­ab­ge­ord­nete aus Guate­mala spre­chen über Lösungen für die Krisen unseres pola­ri­sierten Jahr­hun­derts. Svet­lana Tichoun­ovs­kaya appel­liert an unsere Verant­wor­tung, Werte wie Mensch­lich­keit zu schützen. Menschen verblu­teten für Frei­heit“, so Tichoun­ovs­kaya. Es ginge aber nicht nur um Menschen, die gegen auto­kra­ti­sche, tota­li­täre Regime kämpfen. In allen Ländern sei die Demo­kratie bedroht. Jeder sei verant­wort­lich, dass diese demo­kra­ti­schen Werte gerettet würden. Dazu müsse man aber wissen, was Demo­kratie sei. Viele junge Menschen könnten das nicht einmal defi­nieren, da sie es jeden Tag erleben und als Selbst­ver­ständ­lich­keit ansehen würden.

Mootu treibe die Krise der Ungleich­heit um, die insbe­son­dere Menschen im Globalen Süden beträfe. Motta sieht eine Krise der Gene­ra­tionen. Man müsse aus den Fehlern des vergan­genen Jahr­hun­derts lernen, um sie nicht zu wieder­holen, sagt sie.

Uznańska-Wiśniewska spricht von der Krise der Demo­kratie mit Blick auf den um sich grei­fenden Popu­lismus. Wie man junge Menschen abholen könne, fragt jemand aus dem Publikum. Die Parla­men­ta­rierin antwortet, man müsse direkter und klarer spre­chen als Popu­listen rechter Parteien. Egal ob AfD oder Le Pen in Frank­reich, sie alle hätten das soge­nannte Demo­ra­li­sie­rungs-Narrativ“ gemeinsam, das auf einem Feind­bild (i.d.R. Migrant*innen) basiere. Es müsse gezeigt werden, wie gefähr­lich das sei, da junge Menschen sich beispiels­weise oft von Radi­kalen ange­spro­chen fühlen würden. Es bräuchte einen Narra­tiv­wechsel. Durch Zwang kriege man die Jungen nicht dazu, Wählen zu gehen. Was helfe, sei zu reden, ihnen zu sagen: Wir brau­chen euch.“ Denn die Alter­na­tive, enga­gierte man sich nicht, würde eine schlech­tere, unge­rech­tere Welt sein.

Leaders Celebrate at Munich Security Conference

Alter und neuer Konferenzleiter zum Abschluss auf der Bühne Christoph Heusgen (rechts) und Jens Stoltenberg (links). Foto: David Hecker/MSC

Zum Abschluss der Konfe­renz wird es noch einmal sehr emotional und bewe­gend. Chris­toph Heusgen spricht von der 61. Sicher­heits­kon­fe­renz als einer der bedeu­tendsten. Europe sei kein nice to have“, sondern ein must have“. Mit dem Ende der Konfe­renz legt er sein drei­jäh­riges Amt als Leiter nieder. Im Verlauf der Rede bricht er in Tränen aus. Ihm fehlen die Worte, er kann nicht zu Ende spre­chen. Neuer Leiter, Jens Stol­ten­berg, schließt: Die Konfe­renz war schon immer wichtig, aber in Zeiten des Umbruchs ist sie noch wich­tiger.“


Dieser Artikel ist im Rahmen der offenen Redak­tion entstanden. Bei Fragen, Anre­gungen, Kritik und wenn ihr selbst mitma­chen mögt, schreibt uns eine Mail an redaktion@​jugendpresse.​de 


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