Der Jugend­beirat wär ein Traum, der Wahn­sinn“

Datum
02. September 2014
Autor*in
Mona Ruzicka
Redaktion
politikorange
Thema
#Jugendforum Stadtentwicklung 2014
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Die Jugendlichen wollen mit anpacken - das Jugendforum ist ihnen nicht genug, sie fordern einen Jugendbeirat.

Ein ganzes Wochen­ende lang wurden im Jugend­forum Stadt­ent­wick­lung hitzige Debatten geführt und stun­den­lang Hand­lungs­vor­schläge ausge­ar­beitet. Am Ende stand eine Präsen­ta­tion mit Empfeh­lungen für den Staats­se­kretär des Bundes­mi­nis­te­riums für Umwelt, Natur­schutz, Bau und Reak­tor­si­cher­heit (BMUB). Doch nicht nur das: Die Jugend­li­chen fordern die Grün­dung eines Jugend­bei­rates.

Das Jugend­forum kurz vor dem Aus?

Um zu verstehen, wieso die Jugend­li­chen den Jugend­beirat gerade jetzt fordern, lohnt es sich, einen Blick auf die Geschichte des Jugend­fo­rums zu werfen. Die Jugend­bot­schafter enga­gieren sich alle in Projekten, die im Rahmen des Forschungs­pro­gramms Expe­ri­men­teller Wohnungs- und Städ­tebau“ (ExWoSt) geför­dert wurden. In den Jugend­foren kamen sie seit 2011 regel­mäßig zusammen, um gemeinsam bei neuen Forschungs­pro­jekten zu beraten. Momentan plant das Minis­te­rium aller­dings keine neuen Projekt­felder, sondern legte das aktu­elle Projekt Jugend.Stadt.Labor auf insge­samt drei Jahre an. Im 6. Jugend­forum wurden deshalb allge­meine Themen und Probleme von Jugend­li­chen in der Stadt­ent­wick­lung disku­tiert. Momentan steht ein biss­chen die Frage im Raum, was das Jugend­forum eigent­lich bewirken möchte. Wir suchen keine neuen Projekte aus und haben keine Mittel, selber Projekten zu helfen“, erklärt Joschka Thamm die Situa­tion.

Die Revo­lu­tion: Ein Jugend­beirat

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Joschka Thamm, 23: " Würde der Vorschlag des Jugendbeirats abgelehnt werden, müsste ich mir überlegen, wie viel Sinn das Jugendforum noch für mich hat" Foto: Dustin Sattler

Wir müssen jetzt neue Aufga­ben­felder ausar­beiten“, fordert Adalina Agejew. Wir haben eine große Wissens­basis und müssen diese nach­haltig in die Politik auf Bundes­ebene einbringen.“ Deshalb wurde auch abseits der Themen­werk­stätten bis tief in die Nacht über eine Vernet­zung der Projekte disku­tiert. Es reicht den Jugend­li­chen nicht, sich ein bis zwei Mal im Jahr auf Einla­dung des BMUB zusam­men­zu­setzen. Joschka hat genaue Vorstel­lungen, wie man das ändern könnte: Wir müssen uns besser struk­tu­rieren und auch lang­fristig selbst­ständig orga­ni­sieren. Das ginge auch in einem Verband oder einer Lobby­gruppe, dazu fehlen uns aber die Mittel. Deshalb wollen wir die Grün­dung eines Jugend­bei­rats anstoßen“.

Neuland auf Bundes­ebene

Ein Jugend­beirat soll es also sein. Aber wie stellen sich die enga­gierten Jugend­lich das vor? Bislang gibt es Jugend­bei­räte nur auf Landes­ebene. In der Bundes­po­litik ist ein solcher Jugend­beirat noch uner­forschtes Terrain. Wären wir mit unserem Beirat am Minis­te­rium ange­sie­delt, hätten wir die Möglich­keit, die Sicht­weise der Jugend­li­chen in Ausschüssen und Arbeits­gruppen einzu­bringen. Nur so können auch jugend­ge­rechte Entschei­dungen gefällt werden“, betont Adalina, die im Jugend­beirat Baden-Würt­tem­berg aktiv ist. Ein Jugend­beirat würde sich regel­mäßig und zu aktu­ellen Anlässen zusam­men­setzen. Im Austausch gegen eine finan­zi­elle und orga­ni­sa­to­ri­sche Sicher­heit, bieten die Jugend­li­chen dem Minis­te­rium Einblick in ihr breites Wissens­spek­trum im Bereich Stadt­pla­nung.

Exper­ten­wissen weiter­geben

Zusammen sind wir wirk­lich ein Exper­ten­kreis, der sein Wissen weiter­geben möchte“, beschreibt Jeremy Boy das Poten­zial der jungen Akti­visten. Sie möchten ihr Wissen gesam­melt für Hilfe suchende Projekte zur Verfü­gung stellen und eine bera­tende Funk­tion einnehmen. Wir wissen, wie man Geneh­mi­gungen bekommt und mit Ämtern umgeht. Das Minis­te­rium dagegen hat oft keine Vorstel­lung, was Jugend­liche wirk­lich brau­chen“, fügt Jeremy hinzu, der sich seit langem für den Mellow­park in Berlin enga­giert.

Die Sterne stehen gut für einen Jugend­beirat

Die Zeit für den Jugend­beirat scheint reif zu sein. Das Minis­te­rium wurde nach der Bundes­tags­wahl umstruk­tu­riert: Mit der neuen Legis­la­tur­pe­riode ist das Ressort Stadt­ent­wick­lung zum Umwelt­mi­nis­te­rium gezogen. Zum Termin mit dem neuem Staats­se­kretär, Gunther Adler, wurden nicht nur die Hand­lungs­emp­feh­lungen, sondern auch die Idee des Jugend­bei­rates vorge­stellt. Seit Jahren erhalten wir sehr viel Geld und werden immer wieder zur Diskus­sion einge­laden. Das Minis­te­rium schenit echt inter­es­siert an unserer Meinung. Wir fühlen uns ernst genommen. Jetzt, zu Beginn der Legis­la­tur­pe­riode, haben wir die Chance, auch unsere Aufgaben neu zu defi­nieren“, erläu­tert Adalina nach­drück­lich. Dennoch wollen die Jugend­bot­schafter nicht über­mütig werden. Wenn man zehn Prozent mehr Lohn fordert, geht man ja auch davon aus, fünf zu bekommen“, wirft Joschka ein: “ Wir haben bereits jetzt viele Mittel und sind sehr froh, dass wir diese Möglich­keiten vom Minis­te­rium bekommen. Aber ein Jugend­beirat wäre echt ein Traum, das wäre der Wahn­sinn“.

Der Höhe­punkt: Das Gespräch mit Gunther Adler

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Adalina Agejew im Gespräch mit Gunther Adler. Mit seiner Hilfe könnte der Traum des Jugendbeirats wahr werden.

In das Gespräch am Montag­morgen wurden viele Hoff­nungen gesetzt. Es ist alles abhängig davon, wie der Staats­se­kretär unseren Vorschlag findet. Aber wenn man die letzten Jahre anguckt- warum sollte er nein sagen?“, über­legt sich Joschka und schwankt mit den anderen zwischen idea­lis­ti­scher Hoff­nung und realis­ti­schen Bedenken. Nachdem zehn Uhr die Hand­lungs­emp­feh­lungen präsen­tiert wurden, ist es soweit, Adalina und Joschka über­nehmen das Wort. Wir haben uns auch Gedanken gemacht, wie es mit dem Jugend­forum weiter­gehen soll“, beginnt Adalina mit fester Stimme. Sie und Joschka stellten das Konzept des Jugend­bei­rates vor, bis tief in die Nacht hatten sie an den letzten Details gefeilt. Die Teil­nehmer suchten in der Miene von Gunther Adler nach Zeichen der Bestä­ti­gung, doch der ließ sich nichts anmerken.

2015 soll es zwei Jugend­foren geben. Und nicht nur das!

Nach der Vorstel­lung des Konzepts herrschte kurz ange­spannte Stille, darauf folgten die erlö­senden Worte. Der Staats­se­kretär war beein­druckt und sehr angetan von den vorge­stellten Ideen. Er sicherte den Jugend­bot­schaf­tern sogar zu, dass im nächsten Jahr zwei Jugend­foren statt finden können, in denen die inhalt­liche und struk­tu­relle Umset­zung des Jugend­bei­rates bespro­chen werden soll. Er witzelt selbst wenn ich es aus eigener Tasche bezahlen muss“ und sagte, er könne auch selbst zu einem Jugend­forum anzu­reisen. Das war mehr als die Teil­nehmer sich zu träumen gewagt hätten, einige schauten noch etwas ungläubig. Es scheint, als hätten die Teil­nehmer zehn Prozent gefor­dert und auf Anhieb zwanzig bekommen.

Die Inter­views führten Mona Ruzicka und Dustin Sattler.


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