Blick auf den Bild­schirm

Datum
22. Juni 2019
Autor*in
Theresa Müller
Redaktion
politikorange
Thema
#SZWDL19
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Jugendpresse Deutschland/Kurt Sauer

Berlin an einem heißen Juni­morgen. Auf dem Weg zur Verlei­hung des Schü­ler­zei­tungs­preises ist die Digi­ta­li­sie­rung dauer­prä­sent. Tausende Menschen drängen in die Bahn­wa­gons der BVG. Stän­diger Begleiter der pendelnden Masse: das Smart­phone. Die Finger fliegen über die Bild­schirm­ober­fläche, bei dem ein oder anderen klickt bei jedem Buch­staben der Tastenton rhyth­misch mit. Im letzten Winkel sitzt ein Mitte-50-Jähriger, eine Zeitung über beide Arme hinweg ausge­breitet. Mindes­tens zwei Sitz­plätze gehören ihm. Dabei ist er in der heutigen digi­talen Welt das Abbild einer anderen Zeit. Print ist out! Ein Plädoyer für mehr reine Online-Schü­ler­zei­tungen von Theresa Müller.

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Foto: Jugendpresse Deutschland/Kurt Sauer

Dass Print-Zeitungen der Vergan­gen­heit ange­hören, zeigt auch der dras­ti­sche Aufla­gen­schwund. Laut einer 2018 veröf­fent­lichten Studie von Statista haben sich die verkauften Auflagen in den letzten 18 Jahren so gut wie halbiert. Die Online-Ange­bote der großen Verlags­häuser sind längt in Form von Apps und Podcasts auf den Mini­com­pu­tern instal­liert. Es gilt der Leit­spruch: Das Internet ist schneller als die Druck­ma­schine. Dieser Trend ist selbst­ver­ständ­lich auch bei Schü­ler­zei­tungen ange­kommen. Immer mehr Schulen bieten eine Onlin­ever­sion Ihrer Schü­ler­zei­tung an, bespielen eigene Insta­gram­ka­näle oder haben sich ganz vom Print­pro­dukt verab­schiedet.
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Foto: Jugendpresse Deutschland/Kurt Sauer

Ist Print vom Aussterben bedroht? Stirbt Print aus? Wahr­schein­lich nicht völlig, wird jedoch immer exklu­siver. Print ist nicht mehr zeit­gemäß und könnte genau wie die Schall­platte irgend­wann nur noch in Anti­qua­riaten auffindbar sein. Große Tages­zei­tungen, wie die taz denken über ein Ende ihrer Print­pro­dukte nach. Das Zeit­alter der gedruckten Zeitung ist zu Ende“, schrieb der ehema­lige Geschäfts­führer Karl-Heinz Ruch 2018 in einem Brief an die Redak­tion. Der Jour­na­lismus lebt im Netz weiter.“ Es ist also gar nicht so abwegig, dass das gedruckte Magazin bald zum Samm­ler­stück wird. Die Gene­ra­tion Y ist dabei längst auf das Smart­phone als Infor­ma­ti­ons­quelle umge­stiegen. Die kleiner werdende Print-Fange­meinde wird sich stets mit schwit­zigen Fingern am Print­pro­dukt fest­klam­mern, weil sie die Haptik des Papiers spüren möchte. Drucken nicht gestattet. Ange­sichts der protes­tie­renden Schü­le­rinnen und Schüler der Fridays for Future Bewe­gung, die für eine bessere Umwelt­po­litik frei­tags die Schule schwänzen und demons­trieren, muss die Lösung sein: weg vom Print, hin zu digital. Jede umwelt­be­wusste Person fragt in der eigene Signatur: Müssen Sie diese E‑Mail wirk­lich drucken?“. Nein, müssen wir nicht. Ebenso keine Zeitungen. Wir können unsere Nach­richten auch zeit­ak­tuell online abrufen, ohne auf die Zeitung vom nächsten Tag warten zu müssen. Nicht umsonst haben auch Schü­ler­zei­tungen den Weg in die digi­tale Welt gefunden und wachsen dort stetig. Quali­täts­ver­lust ist keine Option: Wir brau­chen mehr Medi­en­kom­pe­tenz in Schulen Lange Zeit galten Online-Jour­na­listen als Hoodie-tragende, Mate-trin­kende Sonder­linge, die in die klas­si­schen Print­re­dak­tionen Einzug gehalten haben. Dieses Bild ist über­holt. Der Online-Jour­na­list ist genauso Jour­na­list, wie der, der eine vier­sei­tige Print­re­por­tage schreibt. Das begreifen nun auch Schü­ler­zei­tungs­re­dak­tionen nutzen diese Erkenntnis für sich. Der Onliner braucht multi­me­diale Kompe­tenzen: Insta­gram, Mobile Reporting, Tweets und Blogs dürfen keine Fremd­wörter sein, auch nicht für Lehr­kräfte. Hier haben die Digital Natives einen klaren Vorteil: Sie wächst von klein an mit den Mini­com­pu­tern auf. Das Smart­phone ist Hand­werks­zeug und Dauer­be­gleiter, egal ob Inter­views aufzeichnet oder erste Moment­auf­nahmen von dem Schul­fest geteilt werden. Wenn Schulen diesen Trend und seine Möglich­keiten erkennen und Fach­kräfte in Medi­en­kom­pen­tenz weiter­bilden, können Schü­le­rinnen und Schüler nur profi­tieren.
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Foto: Jugendpresse Deutschland/Annkathrin Weis

Redak­tionen als wich­tige Media­toren im Netz Wir alle leben in einer Zeit, die von einem dauer­haften Infor­ma­ti­ons­über­fluss in Atem gehalten wird. Trotzdem wünscht sich das Publikum fundierte und vor allem quel­len­ge­prüfte Inhalte. Keine Fake News oder Bots, die popu­lis­ti­sche Inhalte stärken. Dafür braucht es im Online­jour­na­lismus auch Regeln. Commu­nity-Manager erhalten dabei die Rolle des notwen­digen Media­tors und die des stillen Beob­ach­tenden, der in brenz­ligen Situa­tionen einschreitet. Genau diese Media­ti­ons­funk­tion braucht auch eine Online-Schü­ler­zei­tung, um gezielt gegen mögli­chen Hate-Speech in den Kommen­taren vorzu­gehen. Online­me­dien sind die Chance, Jour­na­lismus wieder attraktiv zu machen Wer jetzt glaubt, durch das Wegfallen einer Print­aus­gabe würde den Schü­le­rinnen und Schü­lern etwas fehlen, denkt nicht digital, sondern hält sich an der Vergan­gen­heit fest. Sie haben noch immer etwas in der Hand, nur ist es nicht aus Papier sondern aus Leicht­me­tall. Es ist die Aufgabe der Medi­en­ma­chenden, mit der Digi­ta­li­sie­rung Hand in Hand zu gehen und ihr nicht spöt­tisch hinterher zu blicken, wenn sie vor ihnen davon­läuft. Offen­heit anstelle von Stur­sinn ist gefragt.

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