Gene­ra­tion EU?

Datum
10. Juli 2019
Autor*in
Carlos Hanke Barajas
Redaktion
politikorange
Thema
#SZWDL19
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Foto: Jugendpressedeutschland/Sascha Kemper

Ob die Fridays for Future“ Bewe­gung, das Blockieren von Kohle­kraft­werken durch Ende Gelände“ oder die Proteste zu den Upload­fil­tern aus Artikel 13“: Poli­ti­sche Bewe­gungen, die von Jugend­li­chen ausgehen, fordern die EU zur Hand­lung auf und pran­gern ein grund­le­gendes Unver­ständnis an. Gleich­zeitig waren es gerade junge Menschen, die sich bei der Euro­pa­wahl für die EU enga­gierten. Sind sie also dieje­nigen, die beson­ders euro­pä­isch empfinden und sich daher um Europas Zukunft sorgen? Und wie kann dieses Europa der Zukunft aussehen? Diesen Fragen gingen die Schü­le­rinnen und Schüler beim Schü­ler­zei­tungs­kon­gress in der Fish­bowl-Diskus­sion Wie geht’s weiter mit Europa?“ auf den Grund. Unser Redak­teur Carlos Hanke Barajas war dabei.

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Foto: Jugendpresse Deutschland/Sascha Kemper

Im Rahmen des Schü­ler­zei­tungs­kon­gresses kamen am Freitag, den 21. Juni in der Fried­rich-Ebert- Stif­tung in Berlin die besten Schü­ler­zei­tungen Deutsch­lands zusammen. Orga­ni­siert von der Jugend­presse Deutsch­land entstand so eine Möglich­keit für die Redak­teu­rinnen und Redak­teure, sich über ihre Arbeit auszu­tau­schen, in Work­shops Erfah­rungen zu sammeln und über Europas Zukunft im Rahmen einer Fish­bowl-Diskus­sion zu disku­tieren. Bei Fish­bowl“ denkt man wahr­schein­lich eher an Findet Nemo als an poli­ti­sche Meinungs­bil­dung. Dabei beschreibt der Begriff eine Art der Podi­ums­dis­kus­sion, bei der die Grenze zwischen Zuse­henden und Disku­tie­renden verschwimmt: Die Experten und Exper­tinnen sitzen dabei in der Mitte und haben einen zusätz­li­chen Stuhl in ihrem Kreis. Auf diesen setzen sich dann beson­ders enga­gierte Teil­neh­mende aus der Versamm­lung für einige Minuten dazu, um Fragen zu stellen. Bei der dies­jäh­rigen Diskus­sion um die Zukunft Europas trafen sich Albrecht Meier, Korre­spon­dent im Haupt­stadt­büro des Tages­spie­gels, die Vorsit­zende der Jusos Berlin Annika Klose und Jona­than Weide, Beisitzer im Bundes­vor­stand der Jungen Euro­päi­schen Föde­ra­listen. Albrecht Meier hält Europa in erster Linie für eine Heraus­for­de­rung. Es ist wichtig die EU zu koor­di­nieren. Ich merke das in meiner Familie: Mein Sohn will in Deutsch­land studieren, aber mit seinem fran­zö­si­schen Baccalau­réate wird er wahr­schein­lich den Bewer­bungs­termin für die Uni in Heidel­berg verpassen. Da muss die Verein­bar­keit verbes­sert werden!“ Aller­dings ist die Idee der Verei­nigten Staaten von Europa“ Meier zufolge auch proble­ma­tisch und keine Ziel­set­zung, die aktuell noch von der Kommis­sion verfolgt wird. Für Annika Klose bedeutet Europa dagegen in erster Linie Verant­wor­tung. Es gelte, sich zu fragen, wie wir es gestalten wollen. Markt­li­beral? Als nach­hal­tiges Europa? Oder als Sozi­al­union?“. Jona­than Weide verbindet Europa mit Zukunft und einem Konti­nent, auf dem er zuhause ist; die EU dagegen mit dem poli­ti­schen System, in dem er lebt. Gleich­zeitig fordert er ein stär­keres Gefühl von Zusam­men­halt ein: Zu einer euro­päi­schen Iden­tität gehört auch eine euro­päi­sche Politik. Und die Debatte dazu findet im Moment noch nicht auf euro­päi­scher Ebene statt.“ An der unpo­li­ti­schen Jugend könne es dabei nicht liegen, meint Annika Klose nach der Diskus­sion Dass die Jugend­li­chen unpo­li­tisch sind, das haben auch schon vorher die ganzen Studien wider­legt. Das stimmt einfach nicht. Die Jugend ist nicht poli­tik­ver­drossen, sie ist partei­en­ver­drossen.“, meint sie. Warum Jugend­liche dann ausge­rechnet jetzt auf die Straße gehen, liegt laut ihr daran, dass es gesell­schaft­liche Wider­sprüche gibt, wo die Posi­tion junger Menschen, wenn über­haupt, kaum reprä­sen­tiert wird. Und das stellen die jungen Leute natür­lich auch fest. Nur weil sie sich nicht in Parteien enga­gieren, heißt es ja nicht, dass sie keine Forde­rungen haben.“ Auf die Frage, wie sich junge Menschen für die EU enga­gieren können, meint Theresa Arnoldt (18) von der Schü­ler­zei­tung Moron aus Berlin, dass der erste Schritt wäre, sich gene­rell mit ihr ausein­an­der­zu­setzen. In der letzten Zeit hatte ich auch das Gefühl, dass Themen, die Europa angehen, mich und andere junge Leute in unserem Alltags­leben errei­chen.“ Dass dieses Jahr die Euro­pa­wahl sehr präsent war, meint auch Juli­ette Lentze (16) vom akomag aus Bonn. Wenn man sich so umge­sehen hat, dann ist es einem einfach viel mehr aufge­fallen als beim letzten Mal. Also ich finde, da hat sich schon unglaub­lich viel getan.“ Victor Abs (16) von derselben Schü­ler­zei­tung, sieht dabei aber auch die Medien in der Pflicht. Wir haben heute im Work­shop erfahren, dass sie über eine Euro­pa­wahl deut­lich weniger und in kürzeren Zeit­räumen berichten als über eine Bundes­tags­wahl.“ Natür­lich liege es aber auch an den Euro­pa­po­li­ti­kern, ein Programm aufzu­stellen, durch das die Menschen merken, wie wichtig die EU für sie sei. Mila Kratochwil (14), eben­falls vom Moron aus Berlin, meint, in ihrer Klasse seien alle sehr pro-euro­pä­isch. Aber ich habe auch das Gefühl, dass so eine Simu­la­tion des Euro­päi­schen Parla­ments gar nicht so schlecht wäre. Ich war auch gerade bei dem Work­shop in der Vertre­tung der Euro­päi­schen Kommis­sion und ich fand die verschie­denen Instanzen in Europa schon immer etwas schwierig. Jetzt weiß ich aber auch genauer, was sie jeweils machen.“ Für die Zukunft Europas wünscht sich Victor dass Europa sich seiner Stel­lung bewusst wird und außen­po­li­tisch auch so handelt. Dass die EU eine gewisse Stel­lung in der Welt­po­litik gewinnt und dass sie innen­po­li­tisch geschlos­sener auftreten und schneller und adäquater handeln kann.“ Theresa wünscht sich eben­falls mehr Einheit und dass wir reflek­tierter mit der Span­nung von zuneh­mendem Natio­na­lismus umgehen. Ich schätze den zuneh­menden Natio­na­lismus nicht nur als proble­ma­tisch, sondern als Gefahr ein. Aber Angst ist inso­weit auch eine Blockade. Wenn bestimmte Dinge nicht getan werden, aus Sorge davor, dass sie nicht klappen, dann beschränken wir uns selber.“ Annika Klose meint dazu, man müsse sich fragen, warum Themen, die Jugend­liche beschäf­tigen, noch nicht ausrei­chend in der Debatte der EU ange­kommen sind Und gleich­zeitig darf man sich nicht nur als Korrektiv zu begreifen, sondern als dieje­nigen, von denen Politik ganz grund­sätz­lich ausgeht.“ Daher ruft sie am Ende der Diskus­sion Schü­ler­zei­tungen dazu auf, die jungen, frisch gewählten EU-Abge­ord­neten der Grünen, Linken und SPD zu inter­viewen. Theresa, vom Moron in Berlin, macht zumin­dest etwas ähnli­ches: Letzte Woche war sie in Ungarn bei einem Vortrag der Fried­rich-Ebert-Stif­tung zur poli­ti­schen Lage im Kontext der EU und ist gerade dabei darüber einen Artikel zu schreiben. Und die Schü­ler­zei­tung ist natür­lich ein Medium, bei dem mich äußern und tiefer in ein Thema eintau­chen kann!“ Dass noch viel Hand­lungs­be­darf besteht, ist den meisten Teil­neh­menden des Schü­ler­zei­tungs­kon­gresses klar. Es scheint für sie selbst­ver­ständ­lich, dass das Projekt EU durch das Enga­ge­ment junger Menschen weiter­ge­hend gedacht werden muss als bisher. Sei es in Parteien, poli­ti­schen Bewe­gungen oder in Medien: Am Ende steht fest: Auch Schü­le­rInnen können einen Beitrag zur Meinungs­bil­dung in der EU leisten. Und wo geht das einfa­cher als in einer Schü­ler­zei­tung?

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