Was Klima­schutz mit einer Student*innen-WG zu tun hat

Datum
29. Mai 2024
Autor*in
Jona Neubig
Redaktion
politikorange
Thema
#Klima
dreckiges Geschirr

dreckiges Geschirr

Foto: Unsplash/ Izz R
Eine typi­sche Student*innen-WG offen­bart, warum es so schwer ist, nach­haltig zu leben. Was muss jetzt also unter­nommen werden, um den Klima­wandel doch noch abzu­wenden?

Über­quel­lende Müll­eimer, schmie­rige Herd­platten und eine Toilette, deren beste Tage auch schon vorüber sind – kurz eine Student*innen-WG. Gut, viel­leicht über­treibe ich ein biss­chen, aber ein gewisser Reini­gungs­be­darf ist wohl in den meisten Fällen nicht zu leugnen. Und das, obwohl jeder und jede vermut­lich die besten Vorsätze hatte. Wie konnte es nur so weit kommen?

Es handelt sich hier um ein soziales Dilemma – der oder die Einzelne hat andere Anreize als die Gruppe. In der konkreten Situa­tion ist das Putzen des Fußbo­dens mit Anstren­gungen verbunden. Warum sollte ich jetzt putzen, wenn es an der Gesamt­si­tua­tion erst einmal nichts ändert? Oder anders gesagt, warum sollte ich mich als Einzelner enga­gieren, wenn alle davon profi­tieren?

Diese nur allzu nach­voll­zieh­bare egois­ti­sche Hand­lung markiert den Anfang der schmut­zigen Student*innen-WG. Wenn nun andere fest­stellen, dass einer oder eine nichts mehr zum Gemeingut beiträgt, werden sie die Wohnung auch nicht mehr sauber halten wollen. Obgleich Sauber­keit wohl auch für Student*innen hohe Prio­rität hat– das Putzen der Wohnung ist von Anfang an zum Schei­tern verur­teilt. Wir sind in diesem sozialen Dilemma gefangen.

Was hat das jetzt mit Klima­schutz zu tun?

Diese Tragö­dien des Gemein­guts begegnen einem im Leben überall: seien es öffent­liche Toiletten, Grup­pen­ar­beiten oder eben auch der Klima­schutz. Wir alle wollen auch noch in Zukunft auf einer gut bewohn­baren Erde leben, müssen dafür aber heute schon Anstren­gungen auf uns nehmen. Wie in der Student*innen-WG profi­tiert hier jede*r Einzelne nur vom Gesamt­ergebnis, wobei es quasi keinen Unter­schied macht, ob die Person dazu beiträgt oder nicht.

Egal wie nach­haltig du lebst, es wird immer eine*n SUV-Fahrer*in geben, der deine Einspa­rung wieder kompen­siert. Die sinkende Bereit­schaft im Ange­sicht solcher Trittbrettfahrer*innen wird in der Wissen­schaft auch als Gimpel-Effekt bezeichnet. Erschwe­rend kommt hinzu, dass nicht nur jeder Mensch, sondern auch die Staaten unter­ein­ander in diesem sozialen Dilemma gefangen sind. So ist der CO2-Ausstoß Deutsch­lands im Vergleich nicht erheb­lich, jedoch würde sich, wenn alle so denken würden, nichts verän­dern. Zudem werden die Auswir­kungen des Klima­wan­dels erst in einigen Jahren bis Jahr­zehnten spürbar. Somit sinkt die Bereit­schaft von uns allen, heute nach­hal­tiger zu leben, was hier mehr als eine schmut­zige Wohnung zur Folge hat.

Wie gehen wir mit diesen Erkennt­nissen um?

Auch wenn es sich bis jetzt für manche anders ange­hört hat, sollte man den frei­wil­ligen Beitrag zum Klima nicht unter­schätzen. Ganz ohne Anreiz ziehen schließ­lich zahl­reiche Menschen die Bahn dem Flug­zeug vor oder werden Teil von NGOs, die sich für Nach­hal­tig­keit einsetzen. Trotzdem reicht dieser Beitrag nach einer Studie des IFO-Insti­tuts nicht aus, um das Zwei- oder gar Drei-Grad-Ziel zu errei­chen.

Genau wie ein Putz­plan das Schlimmste in einer Student*innen-WG noch verhin­dern kann, müssen jetzt gesell­schaft­liche Rahmen­be­din­gungen geschaffen werden, um aus dem sozialen Dilemma auszu­bre­chen. Konkrete Beispiele hierfür sind Verträge wie das Pariser Klima­ab­kommen, Regu­lie­rungen oder eine effek­tive CO2-Beprei­sung durch zum Beispiel den CO2-Zerti­fi­kate Handel. Bei Letz­terem werden die Kosten umwelt­schäd­li­chen Verhal­tens dem Verur­sa­cher zuge­rechnet, sodass ein konkreter Anreiz entsteht, Treib­haus­gase zu vermeiden. Bei all diesen Maßnahmen müssen neben der ökolo­gi­schen aber auch immer die ökono­mi­sche sowie die soziale Seite der Nach­hal­tig­keit mitge­dacht werden.

Welches Instru­ment zum Klima­schutz daher am sinn­vollsten ist, kann und möchte ich nicht beur­teilen – dass aufgrund des sozialen Dilemmas poli­ti­sches Handeln aus jetziger Sicht notwendig erscheint, steht wohl außer Frage. Wir sollten schon jetzt etwas unter­nehmen, damit unsere Gesell­schaft nicht erst am Schei­tern lernt.


Dieser Artikel ist im Rahmen der offenen Redak­tion entstanden. Bei Fragen, Anre­gungen, Kritik und wenn ihr selbst mitma­chen mögt, schreibt uns eine Mail an redaktion@​jugendpresse.​de 


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