Volker Beck – Vermittler zwischen Deutsch­land und Israel

Datum
14. September 2016
Autor*in
Aras-Nathan Keul
Redaktion
politikorange
Thema
#Israel im Fokus 2016
volkerbeck

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Volker Beck, MdB

Der Bundestagsabgeordnete Volker Beck stellt sich dem Gespräch mit den Journalisten der Jugendpresse.

Volker Beck (55) ist Abge­ord­neter der Grünen im Bundestag. In seiner Funk­tion als Vorsit­zender der Deutsch-Israe­li­schen Parla­men­ta­ri­er­gruppe macht er sich für ein gegen­sei­tiges Verständnis beider Länder stark. Ein Portrait von Aras-Nathan Keul

Im Bundestag wartet bereits ein elegant geklei­deter Volker Beck mit aufmerk­samem Blick. An das Revers seines Jacketts hat er ein Anste­cker mit deut­scher und israe­li­scher Flagge ange­heftet. Beck hat ein Anliegen. Seit 2013 ist er Vorsit­zender der Deutsch-Israe­li­schen Parla­men­ta­ri­er­gruppe und seitdem uner­müd­lich unter­wegs, um sich für ein diffe­ren­zier­teres Israel­bild in Deutsch­land einzu­setzen. Nicht nur im Bundestag, sondern auch in Talk­shows, Beiträgen in Zeitungen und über Face­book und Twitter hat er es sich zur Aufgabe gemacht, jüdi­sches Leben in Deutsch­land und Nahost zu schützen und zu unter­stützen. Der aus der Frie­dens­be­we­gung stam­mende Grüne ist lang­jäh­riger Bundes­tags­ab­ge­ord­neter und setzt sich vor allem für Menschen­rechte ein: sei es im Kampf für die Gleich­stel­lung Homo­se­xu­eller, den Schutz reli­giöser Minder­heiten oder im Enga­ge­ment für die Entschä­di­gungs­zah­lungen an Jüdi­sche Zwangs­ar­bei­te­rinnen und Zwangs­ar­beiter zu Zeiten des Natio­nal­so­zia­lismus.

Proble­ma­ti­sches Israel­bild in Deutsch­land

Spricht der Wahl­kölner über die mit Israel verbun­denen Probleme, so spürt man seine Leiden­schaft für das Land. Egal ob im Netz oder am Redner­pult, immer wieder weist er einsei­tige Kritik gegen Israel zurück und plädiert für mehr Verständnis für die dortige Situa­tion. Wolle man ein Miss­ver­stehen verhin­dern, dürfe die in Deutsch­land übliche Tren­nung von rechts“ und links“ nicht auf Israel über­tragen werden. Die rechten Parteien in Israel stünden für eine entschlos­se­nere Haltung in puncto Sicher­heits­fragen und Kompro­miss­be­reit­schaft mit den Paläs­ti­nen­sern. Israel wisse, dass vor allem diese Sicher­heits­fragen maßgeb­li­chen Einfluss auf die Exis­tenz des Landes haben. Solange die Sicher­heits­frage nicht beant­wortet ist, wird sich an der israe­li­schen Politik nichts verän­dern“, da ist sich Beck sicher.

Für ihn liegt die Heraus­for­de­rung darin, den Umgang der Deut­schen mit Israel zu verän­dern. Am deut­lichsten werden die Probleme wenn es um das Israel­bild der Deut­schen geht. Bei der Betrach­tung der Vorgänge vor Ort würden doppelte Stan­dards an Israel ange­legt – anders als bei anderen Staaten. Mit Hinweis auf vermeint­liche oder tatsäch­liche Probleme in Israel wünschten viele Kriti­ke­rinnen und Kritiker, sich ihrer histo­ri­schen Verant­wor­tung entle­digen zu können. Dahinter steht für Beck eine falsch verstan­dene Schuld, die an der tatsäch­li­chen Verant­wor­tung vorbei führt: Schuld hat die junge Gene­ra­tion nicht, die Leute verwech­seln Schuld mit Verant­wor­tung“. Daher plädiert Beck für eine stär­kere deut­sche Zivil­ge­sell­schaft, die einsei­tige Bericht­erstat­tung über Israel hinter­fragen müsse und Anti­se­mi­tismus nicht unwi­der­spro­chen stehen lassen dürfe. Für diese klaren Posi­tionen sowie sein lang­jäh­riges Enga­ge­ment wurde Beck im vergan­genen Jahr vom Zentralrat der Juden mit dem Leo-Baeck-Preis ausge­zeichnet.

Auffor­de­rung an die Zivil­ge­sell­schaft

Spricht Beck über den Schutz jüdi­schen Lebens in Deutsch­land, nimmt er die Befürch­tungen deut­scher Jüdinnen und Juden sehr ernst – vor allem in Bezug auf einen durch Geflüch­tete mögli­cher­weise anstei­genden Anti­se­mi­tismus in Deutsch­land. Gleich­zeitig plädiert der migra­ti­ons­po­li­ti­sche Spre­cher seiner Partei dafür, diesen Menschen eine Chance zu geben. Viele seien zwar mit einer Ableh­nung auf Israel groß geworden, doch oft sind sie genau vor diesen Hass predi­genden Herr­schern nach Deutsch­land geflohen: Wir sollten über Haltung argu­men­tieren, nicht über Herkunft.“ Dafür darf Becks Meinung nach jedoch das Problem des Anti­se­mi­tismus nicht geleugnet, sondern muss offensiv ange­gangen werden. Inte­gra­ti­ons­kurse können dabei nur ein Start­paket sein, für einen weiteren Schritt benö­tige es eine gesamt­ge­sell­schaft­liche Ausein­an­der­set­zung.

Beck geht es nicht darum, der israe­li­schen Demo­kratie etwas vorzu­schreiben oder eingreifen zu wollen. Es geht ihm um die Wahr­neh­mung Israels in Deutsch­land. Für Beck bedeutet der jüdi­sche Staat viel mehr als der Nahost­kon­flikt. Es sei ein Land, von dem Deutsch­land lernen könne – ange­fangen beim freien WLAN in der Knesset, das im deut­schen Bundestag bis heute fehlt, bis hin zu den zahl­rei­chen Start-Ups in Tel-Aviv. Bei dieser Vermitt­lung zählt für ihn vor allem der Jugend­aus­tausch. Mehr junge Leute müssten selbst ein mal nach Israel reisen, um die Menschen und das Land vor Ort kennen zu lernen. Was Beck sich für die Zukunft der Deutsch-Israe­li­schen Freund­schaft wünscht? Mehr Frieden, mehr freund­schaft­li­ches Verständnis für die andere Seite, oder wie Beck es augen­zwin­kernd ausdrückt: mehr Lange­weile“.


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